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Hermitage-Museum in Amsterdam heißt jetzt "H'ART Museum"

1. September 2023

Das Hermitage war eine Filiale der Sankt Petersburger Eremitage in Amsterdam. Wegen des russischen Krieg gegen die Ukraine wird die Zusammenarbeit nun gekappt. Das Museum heißt jetzt: H'ART Museum.

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Amsterdamer Hermitage-Museum in der Dunkelheit am Flussufer, die Lichter spiegeln sich im Wasser.
Aus der "Hermitage" wird nun das "H'ART"Bild: Richard Wareham/imago images

Alle Amsterdam-Besucher und-Besucherinnen, die eine Kanalfahrt unternehmen, kennen es: das schöne Palais direkt an der Amstel, ein Backsteingebäude mit einem auffälligen weißen Portal. Im 17. Jahrhundert wurde es als Diaconie Oude Vrouwen Huys - "Pflegeheim für alte Frauen" - gebaut.

Anfang der 2000er-Jahre wurde das Gebäude zum Ort der Künste umgewidmet: mit wohlwollender Unterstützung der Niederländer entstand hier eine Filiale der Sankt Petersburger Eremitage, genannt "Hermitage Amsterdam".

Die aufwendige Sanierung, die über 40 Millionen Euro gekostet haben soll, wurde von Russland aus finanziert, offiziell stand hinter dem Projekt eine damals in Großbritannien registrierte, private Stiftung. Das war im Übrigen nicht der erste Versuch des berühmten Sankt Petersburger Museums, eine Art ständige Vertretung im Westen zu etablieren: 2000 bis 2007 gab es bereits eine Dependance in London, 2001 bis 2008 in Las Vegas.

Dmitri Medwedew und Königin Beatrix tragen sich bei der Hermitage-Eröffnung in Amsterdam ins Gästebuch ein.
Ladys first: Königin Beatrix trägt sich als erste Besucherin ins Gästebuch der Hermitage ein. Dmitri Medwedew (rechts) wartet höflich.Bild: Marcel Antonisse/dpa/picture alliance

2009 wurde das "Hermitage Amsterdam" von der niederländischen Königin Beatrix und dem damaligen russischen Interimspräsidenten Dmitri Medwedew feierlich eröffnet. In den folgenden Jahren liefen hier über ein Dutzend aufwendig inszenierter Ausstellungen, bestückt mit Exponaten aus den unermesslichen Depots der Eremitage, die mit über drei Millionen Objekten zu den größten und reichsten Museen der Welt gehört. An der Amstel wurden private Schätze der russischen Zaren, antikes Gold, persische Miniaturen sowie Meisterwerke von Caspar David Friedrich aus den russischen Sammlungen präsentiert - um nur einige hochkarätige Projekte zu nennen.

Blick in die Ausstellung mit Bildern, Vitrinen, Kostümen, Möbeln.
Die Ausstellung "Katharina die Große" in Amsterdam war 2016 ein PublikumsmagnetBild: Remko de Waal/AFP/Getty Images

Über 700.000 Besucher sahen die Eröffnungsschau, dann pendelte sich die Zahl auf rund 450.000 Besucher pro Jahr ein. Damit belegte das Haus sicher den fünften Platz im Ranking der Kunstmuseen im Touristen-Mekka Amsterdam, überholt nur von dem Rijksmuseum sowie dem Van Gogh-, Stedelijk- und Amsterdam-Museum. Zehn Euro kostete im Schnitt der Eintritt, so dass die Investitionen sich auch nach Abzug aller Nebenkosten sicherlich rentiert haben.

Freilich ist das Geschäftsmodell eines Museumsimperiums mit Ausstellungen, die von einer Filiale zur anderen wandern, nicht neu: Der Pariser Louvre betreibt etwa eine erfolgreiche Dependance in Abu Dhabi, auch die Guggenheim-Museen sind ein weltweit operierendes Konsortium.

Kunst im Krieg

Am 24. Februar 2022 - dem Tag des Kriegsausbruchs in der Ukraine - zeigte die Hermitage gerade eine Ausstellung der russischen Avantgarde, die kurz zuvor eröffnet worden war. Am 3. März wurde dann Ausstellung samt Museum geschlossen.

Falls die Hinweise aus Sankt Petersburg stimmen, muss sich der Eremitage-Direktor Michail Piotrowski in einer schnell einberufenen Krisensitzung Ende Februar im engen Mitarbeiterkreis darüber beschwert haben, dass ihm - als "Museumsfürsten Russlands" - die Pläne des Überfalls auf die Ukraine nicht rechtzeitig kommuniziert worden waren.

Michail Piotrowski, Direktor der St. Petersburger Eremitage, in einem der Säle seines Museums.
Eremitage-Direktor Michail Piotrowski setzte auf enge Kontakte mit EuropaBild: Belinsky Yuri/TASS/dpa/picture-alliance

Das hätte dem Haus einiges erspart, denn aufgrund dieser Unkenntnis musste die Eremitage Hunderte von Exponaten im Turbotempo und inmitten der Kriegswirren zurückholen. Dazu gehören zum Beispiel zwei Tizian-Meisterwerke, die für eine Ausstellung im Mailänder Palazzo Reale ausgeliehen worden waren, oder 23 Objekte der Wanderausstellung "Grand Tour. Italien-Traum von Venedig bis Pompeji". Als großes logistisches und diplomatisches Problem stellte sich auch der Rücktransport der berühmten "Sammlung Mozorov" aus einer Pariser Ausstellung in verschiedene russische Museen zu heraus, zumal einige der Werke auch aus ukrainischen Beständen stammten.

Bild "Junge Frau mit Federhut" von Tizian, Besucher macht ein Handy-Bild
Auch Tizians "Junge Frau mit Federhut" war in Westeuropa unterwegs, als die Ukraine überfallen wurdeBild: Luca Bruno/AP/dpa/picture alliance

Während das russische Haupthaus also mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hatte, verwaiste die Amsterdamer Filiale. Das war kein Zustand für die über 12.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche mitten in der niederländischen Touristenmetropole. In einem Kraftakt der kreativen Solidarität griffen die anderen Amsterdamer Kunsthäuser dem Kriegsopfer unter die Arme und entwickelten gemeinsam als Übergangsmodell die Idee von einem Museum für "Dutch Heritage" - für niederländisches Kulturerbe.

Als erstes stellte das benachbarte Rijksmuseum eine seiner ikonischen Werke, nämlich Vermeers "Milchmädchen", als Leihgabe zur Verfügung. Um das Meisterwerk wurde eine Ausstellung zur Geschichte des Bildes und dem Handwerk des Delfter Malers arrangiert; das Ganze diente auch als erfolgreiches Intro zur Vermeer Mega-Schau im Jahre 2023.

Hermitage und H'ART Museum: Eine saubere Trennung?

Nun sind Hermitage und H'ART Museum offiziell getrenntlebende Partner. Trotz der Umstände gibt es keinen Rosenkrieg, es sieht nach einem sauberen Schnitt aus, wenn nicht sogar nach einer Trennung auf Zeit. Fest steht der neue Name, den das Amsterdamer Museum ab dem 1. September 2023 tragen wird. Er lautet: "H'ART Museum".

Beide Seiten betreiben einen Austausch von Höflichkeiten: Die Petersburger Eremitage veröffentlichte auf ihrer Homepage eine offizielle Erklärung, in der über 15 Jahre gemeinsame Erfolgsgeschichte gepriesen werden. Eremitage-Direktor Piotrowski bedauert die von der Politik aufgezwungene Trennung und wünscht dem neuen Projekt alles Gute "bei der Pflege des nationalen Kulturerbes".

Eremitage in Sankt Petersburg, Außenansicht.
Mutterhaus an der Neva: Die Eremitage in Sankt PetersburgBild: GES-Sportfoto/picture alliance

Auch die langjährige Direktorin der Hermitage Amsterdam Annabelle Birnie wird mit den Worten zitiert, man habe in den anderthalb Jahrzehnten "ein brillantes Museum kreiert", das Millionen von Menschen begeistert habe. In einer Stellungnahme in der russischen Presse äußert sie auch die Hoffnung, die schlimmen Zeiten mögen bald vorbei sein, so dass man die Kooperation mit der St. Petersburger Eremitage wieder aufnehmen könne. Bis dahin würde ihr Haus "Kunst aus der ganzen Welt nach Amsterdam bringen und auf eine neue und unerwartete Weise präsentieren". Als neue Partner wurden drei internationalen Player der ersten Garde ausgemacht: das British Museum in London, das Centre Pompidou in Paris und das Smithsonian American Art Museum in Washington.