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Aus Hungerkrisen lernen

Sabine Ripperger26. Juni 2012

Die Welthungerhilfe leistet Nothilfe in vielen Gegenden der Welt. Das meiste Geld fließt nach Afrika. Doch auch in Nordkorea gibt es mehrere Projekte - ein schwieriger Spagat in einem autoritären Land.

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Dürregebiet an der Grenze zu Kenia (Foto: picture alliance)
Bild: picture alliance / Kai-Uwe Wärner

Noch immer hungern weltweit 925 Millionen Menschen. Deshalb gehört die Hungerbekämpfung zu den größten Aufgaben für die Zukunft. Dieser Herausforderung stellt sich auch die Welthungerhilfe, eine der größten privaten Hilfsorganisationen in Deutschland, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum begeht.

Von der Hungerkrise am Horn von Afrika waren 2011 mehr als zehn Millionen Menschen in Kenia, Äthiopien und Somalia betroffen. Diese Krise hatte in Deutschland im letzten Jahr zu einer enormen Spendenbereitschaft geführt. "Allein für Ostafrika wurden uns 17 Millionen Euro anvertraut, um neben der akuten Überlebenshilfe auch wichtige Grundlagen für eine langfristige Verbesserung der Ernährung zu legen", sagte Wolfgang Jamann, Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe bei der Vorstellung des Jahresberichts.

Frühzeitig Maßnahmen ergreifen

Aus der Hungerkrise in Ostafrika habe man gelernt, sagte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann. Die Frühwarnsysteme im Sahel hätten anders als 2011 in Ostafrika erfolgreich gegriffen. Die betroffenen Länder, die Hilfsorganisationen und die internationalen Geber hätten frühzeitig auf die Not reagiert und damit die Lehren aus Ostafrika gezogen.

Bärbel Dieckmann (r.) und Wolfgang Jamann (Foto: dpa)
Präsidentin Bärbel Dieckmann mit Vorstandschef Wolfgang JamannBild: picture-alliance/dpa

Allerdings gebe es keinen Grund zur Entwarnung, so Dieckmann, denn rund acht Millionen Menschen seien aufgrund von Trockenheit, Ernteausfällen, hohen Nahrungsmittelpreisen und der angespannten Sicherheitslage weiterhin auf Nothilfe angewiesen. Die kommenden Monate bis zur Ernte seien entscheidend, mahnte Dieckmann: "Am Horn von Afrika hatte es sehr viele Dörfer gegeben, wo kein Stück Vieh überlebt hat, weil kein Wasser mehr da war. In der Sahelzone haben wir Menschen angeregt, systematisch ihre Herden selbst zu verkleinern, das heißt Vieh frühzeitig zu schlachten, Trockenfleisch daraus herzustellen und gleichzeitig zu ermöglichen, dass wenigstens ein Teil der Herden überlebt." Außerdem müsse frühzeitig Saatgut verteilt werden, damit, wenn der erste Regen kommt, auch wieder angepflanzt werden könne.

In Nordkorea seit 15 Jahren aktiv

Nicht nur in Afrika, sondern auch in Asien, vor allem in Indien, Birma und Nordkorea ist die Welthungerhilfe aktiv. Wolfgang Jamann ist erst vor wenigen Tagen von einer einwöchigen Reise nach Nordkorea zurückgekehrt. Er erinnerte daran, dass die Welthungerhilfe in diesem Land bereits seit 1997 tätig ist. Damals ging es nach einer Flutkatastrophe und einer darauffolgenden Hungersnot ausschließlich um Nothilfe. Durch die systematische Vernachlässigung des ländlichen Raums und strukturelle Defizite braucht das Land nach Ansicht Jamanns jedes Jahr eine halbe Million Tonnen Nahrungsmittel von außen, um die 23 Millionen Einwohner Nordkoreas ausreichend zu ernähren.

Nordkoreanische Kinder (Foto: dpa)
Werden nicht immer satt: Kinder im abgeschotteten NordkoreaBild: picture-alliance/dpa

Nach der anfänglichen Nothilfe vor nunmehr 15 Jahren wurde der Welthungerhilfe in Nordkorea schliesslich die Weiterarbeit in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums ermöglicht.

Vor Ort unter Aufsicht zusammenarbeiten

Jamann, der schon öfters in Nordkorea war, sagte nach der Rückkehr von seiner jüngsten Reise dorthin: "Ich war ausgesprochen positiv überrascht bei meinem Besuch, über unsere Fähigkeit sozusagen, in die Projektregionen hinein zu wirken, mit den Menschen vor Ort direkt zu arbeiten, mit den Menschen direkt zu kommunizieren - natürlich immer unter der Aufsicht der Behörden." Die Welthungerhilfe genießt nach Ansicht Jamanns durch ihre langjährige Präsenz und durch Mitarbeiter, die auch eine lange Erfahrung in diesen Ländern haben, die zum Teil die Sprache sprechen - mittlerweile ein sehr hohes Ansehen.

Wolfgang Jamann (Foto: Welthungerhilfe)
Jamann: "positiv überrascht"Bild: Welthungerhilfe

Inzwischen wisse man in Nordkorea, so Jamann, was seine Organisation für die Verbesserung der Lebensbedingungen vieler Menschen dort mache. "Damals waren es 90.000 Tonnen Nahrungsmittel, die wir reingebracht haben. Heute bauen wir Gewächshäuser, heute bringen wir Saatkartoffeln in das Land. Heute pflanzen wir Obstbäume - im letzten Jahr 100.000 Obstbäume, die zur Verbesserung der Ernährungssituation der Menschen beitragen." Man sei sich sehr bewusst über die Ambivalenz der Arbeit vor Ort, betonte Jamann.

Jamann zeigte sich sehr froh darüber, dass die Welthungerhilfe trotz massiver Einschränkungen in Nordkorea tätig sein kann. Er hält diese Arbeit auch deshalb für so wichtig, "weil wir ein Fenster sind nach draußen, weil die Menschen mit uns reden können, weil sie eine andere Art des Denkens lernen, weil wir übrigens auch Nordkoreaner nach Deutschland bringen zur Weiterbildung, zur Ausbildung".