Ex-SS-Mann Gröning muss ins Gefängnis
29. Dezember 2017Weder das hohe Alter des wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen verurteilten Oskar Grönings noch sein Gesundheitszustand reichten aus, um vom Strafvollzug abzusehen. Eine Ladung zum Haftantritt werde zeitnah erfolgen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover, Kathrin Söfker. Es sei ein Gefängnis in Niedersachsen gefunden worden, in dem auch ältere, gebrechliche Gefangene gepflegt werden können.
Grönings Anwalt Hans Holtermann hatte Mitte Dezember Verfassungsbeschwerde eingereicht, weil das Landgericht Lüneburg und das Oberlandesgericht Celle einen Antrag auf Haftaufschub abgelehnt hatten. Der als "Buchhalter von Auschwitz" bekannte 96-Jährige wurde im Juli 2015 vom Landgericht Lüneburg wegen Beihilfe zum Mord in dem Vernichtungslager zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Das Urteil ist seit September 2016 rechtskräftig.
Holtermann hatte in seiner Beschwerde auf die vom Grundgesetz garantierte Verhältnismäßigkeit gepocht. Demnach muss auch ein wegen schwerer Schuld Verurteilter eine realistische Chance haben, die Freiheit wiederzuerlangen. Außerdem drohe Gröning aufgrund seines Gesundheitszustandes Lebensgefahr. Werde er aus seinem sozialen Netz "herausgerissen" und "durch die Inhaftierung die bislang erfahrene Wertschätzung" verlieren, drohten Depressionen und eine Verschlechterung seines körperlichen und geistigen Zustandes.
Hohes Alter reicht als Argument nicht aus
Doch das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe lehnte die Verfassungsbeschwerde als "unbegründet" ab, Gröning werde nicht in seinen Grundrechten verletzt. Schwere Gesundheitsgefahren seien nicht erkennbar und Beeinträchtigungen könne durch medizinische Vorkehrungen im Gefängnis Rechnung getragen werden, führte das Gericht aus. Sollte sich der Gesundheitszustand in der Haft verschlechtern, sei es zudem möglich, den Strafvollzug zu unterbrechen. Wegen der Schwere von Grönings Taten habe die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs ein besonderes Gewicht.
Gröning wurde verurteilt, ohne dass ihm eine konkrete Tötung nachgewiesen wurde. Nach Auffassung der Gerichte leistete er allein durch seine Tätigkeit im Vernichtungslager Auschwitz einen Tatbeitrag zum hunderttausendfachen Mord. Er habe durch das Bewachen von Gepäck und das Verwalten der Gelder der Gefangenen als Mitarbeiter der Devisenabteilung im Lager die grausamen und heimtückischen Morde gefördert, heißt es in dem Urteil. Von den rund 425.000 ungarischen Juden, die zwischen dem 16. Mai und dem 11. Juli 1944 nach Auschwitz verschleppt wurden, wurden mindestens 300.000 in den Gaskammern getötet.
ie/jj (epd, dpa, afp)