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Pass weg, Problem gelöst?

Carla Bleiker18. September 2014

Wie soll Deutschland gegen Islamisten aus dem eigenen Land vorgehen, die in den Dschihad ziehen? Gerade bei deutschen Staatsbürgern sind der Politik die Hände gebunden. Es gilt: lieber früher als später reagieren.

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Salafisten vor dem Brandenburger Tor. (Foto: Stringer dpa)
Salafisten demonstrieren vor dem Brandenburger Tor in BerlinBild: picture-alliance/dpa/ W.Steinberg

Kreshnik B. ist der erste in Deutschland angeklagte Islamist, der für den "Islamischen Staat" in Syrien gekämpft haben soll. Der 20-jährige Deutsche mit kosovarischen Wurzeln steht derzeit in Frankfurt vor Gericht. Wenn er mit den Behörden kooperiert und Reue zeigt, kann er mit einer milden Jugendstrafe von vier Jahren und drei Monaten rechnen.

Bei deutschen Islamisten, die in den Dschihad nach Syrien oder in den Irak ziehen, wollen Politiker und Sicherheitsbehörden jetzt aber schon eingreifen, bevor es zu einem Gerichtsprozess kommen muss. In Berlin werden Maßnahmen diskutiert, um deutsche Islamisten an der Ausreise in den Nahen Osten zu hindern, oder die Wiedereinreise der Kämpfer zu stoppen. Bei rund 400 Islamisten, die seit 2012 aus Deutschland nach Syrien gereist sind, stellt sich schließlich dringend die Frage, wie Deutschland mit solchen Extremisten umgehen soll. Doch nicht alles, was zurzeit gefordert wird, ist rechtlich möglich.

Reisepass-Entzug als Präventivmaßnahme

CDU-Politiker wie Günter Krings, Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, verlangten beispielsweise, man solle die Islamisten, nachdem sie in Syrien gekämpft haben, nicht mehr nach Deutschland hinein lassen. Ohne eine tiefgreifende Gesetzesänderung wäre das aber zumindest für deutsche Staatsbürger gar nicht möglich. Im Passgesetz heißt es: "Die Einreise in den Geltungsbereich dieses Gesetzes darf einem Deutschen nicht versagt werden."

Und laut einer Studie des Verfassungsschutzes, für die die Lebensläufe der rund 400 Islamisten untersucht wurden, die aus Deutschland nach Syrien in den Dschihad gezogen sind, haben mehr als die Hälfte der Extremisten einen deutschen Pass. Erst aktiv zu werden, wenn die Kämpfer in die Bundesrepublik zurückkehren wollen, ist also der falsche Weg.

Islamischer Staat Propaganda. (Foto: ABACAPRESS.COM)
Hunderte Deutsche sind schon in den Nahen Osten gereist, um die Terrormiliz "Islamischer Staat" zu unterstützenBild: picture alliance/abaca

Eine mögliche Präventivmaßnahme ist der Einzug des Reisepasses. "Wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht, dann ist es zulässig den Pass zu entziehen", sagt der Frankfurter Rechtsanwalt Reinhard Marx im DW-Interview. Das könne auch zum sofortigen Vollzug ausgesetzt werden, wenn Gefahr droht, erklärt der Fachmann für Aufenthaltsrecht. Ohne Pass kann der mutmaßliche extremistische Krieger dann nicht mehr ins außer-Europäische Ausland reisen.

Markierung als Alternative zum Einzug

Damit ist das Problem jedoch nicht gelöst. Schließlich dürfen Deutsche in EU-Mitgliedsstaaten und in einige andere Länder auch mit ihrem Personalausweis einreisen. Das schließt beispielsweise die Türkei und Ägypten mit ein, von wo aus es für islamistische Kämpfer nicht allzu schwierig ist, nach Syrien oder in den Irak zu reisen.

Hier ist Kooperation gefragt: "Wir brauchen dazu vor allem auch internationale Zusammenarbeit - in bestimmten Staaten wie der Türkei, aber auch innerhalb der Europäischen Union", sagt Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

Weil der Personalausweis nicht eingezogen werden darf, denken Politiker jetzt nach Informationen der deutschen Tageszeitung "Die Welt" über eine Markierung des Personalausweises nach. Durch eine Markierung könnte ein Ausreiseverbot auf dem "Perso" festgeschrieben werden.

"Wenn wir Hinweise darauf haben, dass ein deutscher Islamist in den Dschihad ziehen will, um das Töten zu lernen, müssen wir ihm den Pass entziehen und den Personalausweis entsprechend markieren", sagte CDU-Vizevorsitzender Thomas Strobl der "Welt". Dann erkenne "jeder Grenzbeamte, dass der Betreffende nicht ausreisen darf".

Thomas Strobl. (Foto: Oliver Lang/dapd)
Strobl: gegen deutsche Islamisten muss strenger vorgegangen werdenBild: Oliver Lang/dapd

Von der doppelten zur einfachen Staatsbürgerschaft?

Nach der Studie des Verfassungsschutzes haben 92 der etwa 400 deutschen Extremisten, die nach Syrien reisten, neben der deutschen Staatsbürgerschaft noch mindestens eine andere. Ist es einfacher, diese Menschen an der Wiedereinreise nach Deutschland zu hindern, indem man ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft aberkennt?

"Die deutsche Staatsangehörigkeit, die neben einer anderen besteht, ist deshalb nicht eine Staatsangehörigkeit minderer Qualität", betont Rechts-Experte Marx. "Sie unterliegt denselben Regeln und Schutzwirkungen."

So einfach geht es also nicht. Nur, wenn ein Mensch mit zwei Pässen in die Streitkräfte eines anderen Landes eintritt, kann ihm bisher die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden.

Auch das wollen Politiker mit Blick auf die Terrororganisation "Islamischer Staat" ("IS") jetzt ändern. Strobl verlangt, dass das Gesetz auf ausländische Bürgerkriegsparteien wie eben "IS" ausgedehnt wird. Damit hätte Deutschland zumindest gegen einen Teil seiner zurückkehrenden Islamisten etwas in der Hand.