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Autoindustrie: Ausfahrt aus der Krise?

2. Juli 2020

Bei den deutschen Autobauern wächst die Hoffnung, ein Ende der Corona-Krise sei in Sicht. Darauf könnten die Zahlen eines Wirtschaftsforschungsinstitutes hindeuten. Aber: Der Weg zu alter Stärke ist noch sehr lang.

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Gebirgsstraße auf Mallorca
Bild: picture-alliance/prisma

Das Münchener Ifo-Institut hat in einer Konjunkturumfrage die Erwartungen der deutschen Automobilbranche untersucht und Anzeichen wirtschaftlicher Erholung entdeckt. Wie das Institut am Donnerstag mitteilte, seien die Geschäftserwartungen "erstmals nach sieben Monaten deutlich ins Positive gedreht. Der Erwartungsindikator stieg im Juni auf plus 27,7 Punkte nach minus 11,9 im Mai."

Allerdings werde die aktuelle Geschäftslage innerhalb der Branche immer noch sehr pessimistisch betrachtet. Der Geschäftsklimaindex für die Autobranche sei im Juni "nur leicht auf minus 81,8 Punkte" gestiegen. Im Vormonat hat er noch bei minus 85,6 gelegen.

Etwas Licht bei der Beschäftigung

Inzwischen hat der Wolfsburger Autobauer Volkswagen nach rund drei Monaten die pandemiebedingte Kurzarbeit wieder aufgehoben. Mitte März hatte der Konzern die Produktion gestoppt und für rund 80.000 Beschäftigte Kurzarbeit beantragt,

Die Zahlen des Ifo-Institutes weisen bei der Beschäftigungslage dagegen keine Anzeichen für Erholung auf. Die Lage habe sich sogar noch verschlechtert, weil der Personalplanungsindikator im Juni gefallen sei: von minus 50,5 im Mai auf aktuell minus 54,4 Punkte. Im Zuge der Finanzkrise hatte er im April 2009 bei minus 50 Punkte gelegen.

Da aber der Auftragsbestand erstmals seit mehr als einem Jahr wieder "positiv beurteilt" werde, könnte sich das mittelfristig positiv auswirken: "Mehr Unternehmen wollen ihre derzeit geringe Produktion wieder ausbauen."

Viel Schatten bei der Ausbildung

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat ebenfalls am Donnerstag die Ergebnisse einer Umfrage unter 15.000 Betrieben veröffentlicht. Demnach ist die Viruspandemie zwar der entscheidende, aber nicht der einzige Grund für den Rückgang beim Lehrstellenangebot.

In Teilen der Auto- und Zulieferbranche habe sich die wirtschaftliche Situation schon im vorigen Herbst verschlechtert. Zudem habe das Ausbildungsangebot 2019 ein Rekordniveau erreicht, während gleichzeitig etwa 60.000 gemeldete Lehrstellen unbesetzt geblieben seien.

Hoffnungsschimmer aus Fernost

Die Wirtschaftsforscher aus München sind beim Blick auf die Exporte gedämpft zuversichtlich. Das Auslandsgeschäft scheine sich vorsichtig zu erholen. Der Indikator der Exporterwartungen sei aktuell wieder im Plus, zum ersten Mal seit rund eineinhalb Jahren. Im Juni habe der gemessene Wert mit 16,8 Punkten im Plus gelegen, im Vormonat habe er noch im negativen Bereich notiert, bei - 8,7 Punkten.

Gegenwärtig setzt der chinesische Automarkt seine Erholung vom Corona-Einbruch fort. Der Absatz sei im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat auf Basis vorläufiger Daten um rund elf Prozent auf 2,28 Millionen Fahrzeuge gestiegen, teilte der chinesische Autobauerverband CAAM mit. Nach dem Einbruch der Verkaufszahlen Anfang des Jahres, als der Corona-Shutdown die chinesische Wirtschaft lahm gelegt hatte, steht für die Monate Januar bis Juni insgesamt allerdings ein Absatzminus von 17 Prozent zu Buche.

Der gerade für die deutschen Hersteller so wichtige chinesische Automarkt schwächelt schon länger. 2019 war er das zweite Jahr in Folge geschrumpft. Dabei hatten der Zollstreit zwischen den USA und China sowie das schwächere Wirtschaftswachstum in der Volksrepublik Spuren hinterlassen.

Produktion mit Mundschutz bei der Porsche AG in Stuttgart
Produktion mit Mundschutz bei der Porsche AG in StuttgartBild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Gewaltige Einbrüche im US-Geschäft

Die Wirtschaftsforscher aus München sind beim Blick auf die Exporte gedämpft zuversichtlich. Das Auslandsgeschäft scheine sich vorsichtig zu erholen. Der Indikator der Exporterwartungen sei aktuell - und damit zum ersten Mal seit rund eineinhalb Jahren - wieder im Plus. Im Juni sei der gemessene Wert auf 16,8 Punkten im Plus gewachsen, im Vormonat habe er noch im negativen Bereich gelegen, bei -8,7 Punkten.

Die Verkaufszahlen der Autobauer in Nordamerika sprechen gegenwärtig aber noch eine ganz andere Sprache: Die Corona-Pandemie hat den US-Automarkt im zweiten Quartal kräftig ausgebremst. So habe Volkswagen in den drei Monaten bis Ende Juni nur 69 933 Neuwagen verkauft, wie das Unternehmen am Mittwoch am US-Hauptsitz in Herndon, Virginia, mitteilte. Das entspricht einem Absatzminus von 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im ersten Halbjahr 2020 verzeichnete VW einen Verkaufsrückgang um 22 Prozent.

Minus auch bei den Töchtern - und bei BMW

Auch die Konzerntochter Audi erlitt einen herben Dämpfer - hier sackte der Quartalsabsatz im Jahresvergleich um 35 Prozent auf 34.843 Autos ab. Im bisherigen Jahresverlauf sanken die Verkäufe um ein Viertel. Der ebenfalls zum VW-Konzern gehörende Sportwagenbauer Porsche wurde im zweiten Quartal knapp 20 Prozent weniger Autos los.

Besonders stark unter der Corona-Krise litt der deutsche Premiumanbieter BMW. Nur 50 957 Neuwagen der Stammmarke konnten von Anfang April bis Ende Juni an die US-Kundschaft gebracht werden, ein Rückgang um gut 39 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Seit Jahresbeginn sanken die Verkäufe um rund 28 Prozent. Bei der Tochter Mini sah es noch schlechter aus, hier gab es im Quartal einen Rückgang um 42 Prozent und im bisherigen Jahresverlauf um 39 Prozent.

dk/hb (afd, rtr, dpa, Ifo-Institut)