Autobauer: Wer den größten Reibach macht
17. August 2016Nach der Theorie ist es einfach: Die Größten müssten auch die Profitabelsten sein, denn je größer, umso besser können die Größenvorteile - Economies of Scales - "eingefahren" werden. Etwa dadurch, dass die Kosten für jedes produzierte Teil sinken, je mehr Einheiten produziert werden. Doch in der Praxis sticht dieser Trumpf alleine nicht. Das zeigt der Vergleich der Gewinne pro Fahrzeug, die bei den Autobauern im ersten Halbjahr 2016 angefallen sind.
Danach liegt mit der Ford Motor Company ausgerechnet ein US-Konzern in Führung, der in der Vergangenheit nicht gerade mit traumhaften Ergebnissen aufwarten konnte. Auch Experten hatten die Amerikaner nicht wirklich auf der Rechnung. "Es war eine große Überraschung für uns", sagt Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des CAR-Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen im Gespräch mit der DW. Von ihm stammt die aktuelle Studie zu Gewinnen der Autobauer.
"Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass die Schwachen - oder die angeblich Schwachen - die Größeren durchaus ausstechen können mit höherer Profitabilität und damit Zukunftsfähigkeit. Einfach deshalb, weil in der Autoindustrie noch andere Gesetze gelten als nur dieser Drang zur Größe", so Dudenhöffer.
"Flexibilität" ist das Zauberwort
Gemessen am absoluten Gewinn pro Fahrzeug und an der Gewinn-Marge ist die Ford Motor Company der erfolgreichste Autokonzern im ersten Halbjahr 2016. Pro verkauftem Neuwagen hat Ford 1.652 Euro Gewinn erzielt. Die Gewinn-Marge, gemessen am EBIT (also vor Zinsen und Steuern), betrug 8,7 Prozent. Gleich hinter Ford belegt General Motors mit einer Marge von 8,6 Prozent den zweiten Platz - auch eine Überraschung, zumal der US-Konzern im Jahre 2009 sogar Insolvenz beantragen musste.
Für den Experten verbirgt sich hinter diesen Erfolgen ein wichtiges Zauberwort - und das lautet: "Flexibilität". "Die Flexibilität der Autobauer ist sehr wichtig", so Dudenhöffer, "sie führt dazu, dass Kapazitäten, die ja hochautomatisiert sind und deshalb hohe Kapitalkosten verursachen, ausgelastet werden".
VW leidet an seinen Strukturen
Förmlich erstarrt in festgefahrenen Bahnen bewegt sich Europas größter Autobauer, der VW-Konzern. Die Wolfsburger haben mit allen ihren Marken weltweit zwar die meisten Autos verkauft, verbuchen aber mit lediglich 4,5 Prozent die schlechteste Marge der Volumen-Hersteller.
"Bei VW hat man schon seit Jahren ein strukturelles Problem", sagt Dudenhöffer. Auf der einen Seite sei das Land Niedersachsen mit 20 Prozent der Aktien am Konzern beteiligt. Andererseits spiele bei VW die deutsche Mitbestimmung eine wichtige Rolle. Die Sicherheit der Arbeitsplätze sei praktisch ein unumstößliches Dogma und bestimme wesentliche Abläufe. "Heute baut VW eigenständig noch Sitze, eigenständig noch Achsen, eigenständig noch andere Komponenten zu hohen Tariflöhnen in Deutschland. Diese Jobs sind geschützt, das ist kurzfristig gut, aber es schädigt VW in seiner Profitabilität", kritisiert Dudenhöffer.
Stern der Japaner und Südkoreaner sinkt
Auch die südkoreanischen Überflieger Hyundai-Kia und der frühere heimliche Profitstar Toyota aus Japan kriegen ihr Fett weg. Hyundai liegt beim absoluten Gewinn pro Fahrzeug mit 755 Euro sogar noch hinter dem VW-Konzern, der 801 Euro erzielte. Zum Vergleich. Ford erlöste mit 1652 Euro mehr als doppelt so viel Gewinn pro Fahrzeug.
Toyota steht mir einer Marge von immer noch acht Prozent und einem Gewinn von 1602 Euro pro Fahrzeug gar nicht mal so schlecht dar - doch der einst alles überstrahlende Stern der Japaner sinkt. "Es sieht so aus , als wäre die Stärke der Japaner - nicht nur Toyotas, sonder auch der Hondas, Mitsubishis, der Suzukis und wie sie alle heißen - heute nicht mehr so stark ausgeprägt, wie in der Vergangenheit", sagt Dudenhöffer. Der Glanz der ehemaligen Stars verblasse, andere scheinen das Steuer zu übernehmen.
Premiumhersteller spielen in einer anderen Liga
Im Vergleich mit den Volumenherstellern bewegen sich die Premiummarken der Autoindustrie immer noch in einer anderen Welt. BMW (9,5 Prozent Ebit-Marge) und Mercedes (7,9 Prozent) verdienten im ersten Halbjahr 2016 ordentliches Geld.
Nimmt man den absoluten Gewinn pro Fahrzeug als Maßstab, bewegen sich die Hersteller von Luxusfahrzeugen natürlich in einer anderen Welt, denn ihre Autos kosten erheblich mehr als die der Massenhersteller. Beste Beispiele sind Marken wie Ferrari und Porsche. Im ersten Halbjahr 2016 verkaufte Ferrari seine Sportwagen im Durchschnitt für 310.250 Euro pro Fahrzeug, bei Porsche waren es 93.410 Euro.
Ferrari hat mit 18 Prozent die weitaus beste Gewinn-Marge im Premiummarkt. Damit stellt sich ein Gewinn pro Fahrzeug von 56.000 Euro bei den Italienern ein.Deutlich geringer ist der Porsche-Gewinn pro Fahrzeug mit 15.641 Euro. Bei Porsche sind die Fahrzeuge gegenüber Ferrari richtige "Schnäppchen", denn der Durchschnittspreis eines Ferraris ist mehr als dreimal so hoch wie bei einem Porsche. Bei Porsche ist aber auch die Gewinn-Marge mit 16,7 Prozent leicht geringer als bei Ferrari. Im Vergleich etwa zur Porsche-Mutter VW schwebt Porsche wirklich in einer anderen Gewinnwelt. Um den gleichen Gewinn wie bei einem Porsche zu erzielen müsste VW-Pkw 40 Neuwagen verkaufen.