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VDA: Weg aus der Krise "lang und steinig"

3. Juli 2020

Der Automarkt in Deutschland kommt nur in ganz kleinen Schritten aus der Krise. Nach einem Einbruch im Mai um fast die Hälfte schrumpften die Pkw-Neuzulassungen im Juni um ein Drittel, so der Automobilverband VDA.

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Ein Mitarbeiter der Autobahnmeisterei stellt an der Autobahn A5 bei Heidelberg ein Schild Tempolimit 80 Stundenkilometer auf
Bild: picture-alliance/dpa/R. Priebe

"Der Einbruch der Märkte ist seinem Ausmaß und in seinem globalen Umfang beispiellos." Mit diesen Worten beschrieb Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), bei der Halbjahrespressekonferenz des Verbandes die allgemeine wirtschaftliche Lage und die ihrer Branche im Besonderen in der Corona-Krise.

Während einige Beobachter und Wirtschaftsforscher bereits das Licht am Ende des Konjunktur-Tunnels zu erblicken glauben, beschränkte sich die Verbandspräsidentin auf die Beschreibung der derzeit desolaten Marktumfeldes.

Für das zweite Halbjahr deute sich zwar eine leichte Erholung an, so Müller. Dafür spräche der Auftragseingang bei deutschen Herstellern. Hier sei das Minus gegenüber dem Vergleichsmonat aus dem Vorjahr im Juni deutlich geringer war als noch im Mai. Doch auch ein fortgesetzter Aufwärtstrend könne den Einbruch aus der ersten Jahreshälfte nicht annähernd ausgleichen.

Prognosen unter Seuchen-Vorbehalt

VDA-Präsidentin Müller betonte, dass allen Erwartungen ihres Verbandes die Annahme zugrunde liegt, dass es gelingt, die Corona-Pandemie in Europa, aber auch in anderen Teilen der Welt weiter einzudämmen. "Oberste Priorität muss in der aktuellen Lage weiterhin sein, die Gesundheit der Menschen bestmöglich zu schützen", sagte sie dazu. In Deutschland sei es bisher sehr gut gelungen, die Pandemie einzudämmen. "Wir alle sind gut beraten, nicht leichtsinnig zu werden, denn das Virus ist weiter da."

Ganz dunkle Zahlen

Laut VDA seien in den ersten sechs Monaten dieses Jahres die Pkw-Neuzulassungen in Deutschland um knapp 35 Prozent auf 1,21 Mio. Pkw zurückgegangen. Das sei der niedrigste Wert für ein erstes Halbjahr seit der Wiedervereinigung vor 30 Jahren. Auch auf den internationalen Märkten liefe es nicht besser. Der europäische Pkw-Markt sei bis Mai um 43 Prozent zurückgegangen, während der US-Markt um 23 und der Markt in China um 27 Prozent geschrumpft seien.

"Der Einbruch der Märkte ist beispiellos." Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA)
"Der Einbruch der Märkte ist beispiellos." Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA)Bild: picture-alliance/Sven Simon

Der Verband sagt für das gesamte Jahr 2020 einen Rückgang des Weltmarkts um 17 Prozent auf 65,9 Millionen Einheiten voraus, im vergangenen Jahr waren es noch 79,5 Millionen gewesen. Der europäische Markt werde besonders stark schrumpfen - um voraussichtlich 24 Prozent. Für den deutschen Markt wird ein fast so großer Einbruch erwartet: Vermutete 2,8 Millionen Pkw-Neuzulassungen im Gesamtjahr würden einem Rückgang von 23 Prozent entsprechen.

Arbeitsplätze werden verloren gehen

Sind die Zahlen für den Absatz bereits besorgniserregend, werden sie von den Prognosen für Produktion und Beschäftigung noch übertroffen. Im ersten Halbjahr sei, so der Verband, die Pkw-Produktion auf das niedrigste Niveau seit 45 Jahren gesunken. Von Januar bis Juni wurden in Deutschland knapp 1,5 Millionen Fahrzeuge hergestellt - 40 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Im ganzen Jahr würden wohl etwa 3,5 Millionen Einheiten fertiggestellt, das entspräche einem Rückgang um ein Viertel.

Auf die Beschäftigung hat sich dieser Rückgang bisher noch nicht so stark ausgewirkt. Die Zahl der Beschäftigten in der deutschen Automobilindustrie lag Ende April mit 814.000 Mitarbeitern etwa drei Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Doch Hildegard Müller warnte ausdrücklich: "Wir müssen davon ausgehen, dass die Beschäftigtenzahl bis zum Jahresende 2020 weiter zurückgeht." Der Weg aus der Krise werde "lang und steinig".

Ein Bild aus besseren Tagen: Autos der Marken Audi und BMW vor ihrer Verschiffung nach Übersee
Ein Bild aus besseren Tagen: Autos der Marken Audi und BMW vor ihrer Verschiffung nach ÜberseeBild: picture-alliance/dpa

E-Mobilität und Digitalisierung

Zu den Anforderungen der Krisenbewältigung komme, so Müller, "hinzu, dass die Industrie ihre Transformation für neue Antriebe und die Digitalisierung weiter vorantreibt. Das sind enorme Herausforderungen." Die VDA-Mitgliedsunternehmen hätten mit 50 Milliarden Euro bei neuen Antriebe und 25 Milliarden Euro bei der Digitalisierung bereits "erheblich in die Transformation" investiert. Die E-Modellpalette deutscher Marken werde von aktuell 70 auf mehr als 150 Modelle bis Ende 2023 mehr als verdoppelt.

Das Auto soll auch in Zukunft elementarer Bestandteil einer klimaschonenden Mobilität sein. "Die Anforderungen an die Verkehrsmittel unterscheiden sich, etwa zwischen Stadt und Land. Deshalb kommt es darauf an, die jeweils beste Lösung einzusetzen und beim Weg in die Mobilität der Zukunft technologieoffen vorzugehen."

Pakete für Klima und Industrie

Kernaufgabe müsse nun sein, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie einzudämmen. "Wie entwickelt sich die Konjunktur? Wie wirken die Impulse? Welche weiteren Schritte kann die Politik einleiten - wird man sich etwa auf einen EU-Recovery-Plan einigen können, der das Klima schützt, aber auch industriepolitisch wirkt?", so die VDA-Präsidentin.

Der Schwerpunkt müsse auf Wachstum und Investitionen gelegt werden. Dazu zählt Müller den Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität und Wasserstoff sowie Investitionen in die Digitalisierung. Müller: "Jetzt kommt es darauf an, dass in Brüssel dazu rasch Entscheidungen getroffen werden und die Umsetzung zeitnah startet. Wir müssen heute den Grundstein für künftiges Wachstum legen."

dk/hb (rtr, dpa, VDA)