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Automesse Shanghai: der E-Auto-Nabel der Welt

Insa Wrede mit Agenturen
19. April 2021

Wenn es um Autos geht, schaut die Welt nach China. Besonders zu Zeiten der Messe "Auto China" in Shanghai. Dieses Jahr zeigen sich hier deutsche Hersteller auch mit E-Autos angriffslustig.

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China Automesse Auto Shanghai
VW-Stand auf der Automesse in ShanghaiBild: Aly Song/REUTERS

Es bleibt dabei: Alles hängt an China. Schon jetzt wird hier jedes dritte Auto der Welt verkauft. Trotz Pandemie wächst die chinesische Wirtschaft wieder rasant und mit ihr der Autoabsatz. So werden für den weltgrößten Automarkt in diesem Jahr mindestens sechs Prozent Wachstum erwartet, im Bereich Elektroautos sogar 70 Prozent.

Dazu tragen auch die chinesischen Großstädte bei. Aus Angst vor Luftverschmutzung und verstopften Straßen bremsen viele Metropolen inzwischen Autos mit herkömmlichen Antrieben aus, so der Direktor der Vereinigung der chinesischen Autohändler, Jia Xinguang. Das Resultat: Alternative Antriebe haben heute schon einen Marktanteil von mehr als fünf Prozent, reine Batterieautos rund vier Prozent.

Wenn neue Nummernschilder bevorzugt an reine E-Autos vergeben werden, wiege das schwerer als Umweltbewusstsein oder Subventionen, so Jia Xinguang. Bei der Vergabe von Nummernschildern wollen verschiedene Städte bereits 2023 nicht mal mehr Hybrid-Modelle bevorzugen. Darunter die Wirtschaftsmetropole Shanghai, in der zurzeit die größte Automesse der Welt stattfindet.

Wie schlagen sich die Deutschen auf dem E-Auto Markt?

Während sich die Deutschen lange an Diesel und Benziner-Fahrzeuge geklammert haben, sind der US-Hersteller Tesla und chinesische Automarken auf dem Elektromarkt vorgeprescht. Neben chinesischen Startups wie Nio, Xpeng oder Lynk&Co, drängen zudem auch Technologie-Riesen wie Huawei oder Xiaomi in den Markt. Sie sehen ihre Chance darin, dass es bei der Mobilität zunehmend um Software und Konnektivität geht.    

China Automesse Auto Shanghai
2020 wurden knapp 500.000 E-Autos von Tesla neu zugelassen. Volkswagen konnte 421.600 E-Modelle verkaufen und der chinesische Autobauer SAIC 254.300 Elektroautos. Hier eines, das mit Huawei-Technologie ausgestattet ist.Bild: Aly Song/REUTERS

Bei den E-Autos verkleinert sich inzwischen der Vorsprung zu den Deutschen. "Der Wandel der deutschen Autohersteller verlief ziemlich schnell", meint Jia Xinguang. "Vor fünf Jahren hat Europa noch gedacht, dass die Entwicklung von Elektrofahrzeugen nicht realistisch ist", so der Experte. "Aber jetzt war die Wende bei den Unternehmen aus Deutschland schneller als bei jenen aus den USA oder selbst Japan und Südkorea." Das sehe man vor allem beim Volkswagen-Konzern, der mit seinen Plattformen die Massenproduktion standardisiert habe.

Auch der Generalsekretär der Personenwagenvereinigung, Cui Dongshu, sieht die deutschen Autobauer im Kommen. Gegenüber japanischen, südkoreanischen und amerikanischen Joint Ventures oder internationalen Autobauern seien sie "angriffslustiger". Die deutschen Autohersteller könnten sich dem Trend besser anpassen, meint er.

Volkswagen holt auf

"Der Volkswagen-Konzern hat einen sehr guten Job bei den Elektroautos gemacht", urteilt der Direktor des Centers for Automotive Research, Ferdinand Dudenhöffer, in Duisburg. Die China-Strategie bei VW-Audi-Porsche-Skoda stimme.

Mit Milliardeninvestitionen und neuen Modellen will Volkswagen in China weiter wachsen. Derzeit hat VW bei Elektroautos nur einen Marktanteil von drei bis vier Prozent. In diesem Jahr will Europas größter Autobauer mehr als 100.000 E-Autos in China verkaufen.

"Volkswagen hat die gute Tradition, teilweise etwas später, aber umso heftiger zu kommen", sagt VW Mananger Wöllenstein. Geplant ist in den nächsten vier Jahren allein 15 Milliarden Euro in E-Mobilität in China zu investieren. "Wir werden zwei bis drei Jahre brauchen, um Tesla zu überholen", hofft Wöllenstein. Volkswagen setzt dabei vor allem auf Stadtgeländewagen (SUV), die in China einen hohen Marktanteil von 47 Prozent haben. Am Sonntag wurde schon einmal das Flaggschiff, das die Wende bringen soll, in Shanghai vorgestellt: der ID.6.

China Auto Show Shanghai 2021 | Volkswagen ID 6
VW zeigt in Shnaghai den ID. 6 als Weltpremiere. Der Wagen wird in Deutschland nicht zu haben sein. Bild: Ng Han Guan/AP/dpa/picture alliance

Für Umweltschützer erinnert das an ein "umweltschädliches Gestern in einem grünen Mäntelchen". Auch mit Elektromotor passe ein fast fünf Meter langes "SUV-Monster" nicht in eine umweltschonende Mobilität, sagte Greenpeace-Verkehrsexpertin Marion Tiemann.

BMW mit großen E-Auto-Plänen

Auch Mercedes sei in Shanghai "schwungvoll" mit neuen Modellen gestartet, meint Dudenhöffer. Mercedes präsentierte in Shanghai mehrere neue E-Modelle - allen voran die elektrische S-Klasse-Limousine EQS.

China Automesse Auto Shanghai
Mercedes-Benz stellt Visionen auf der Automesse in Shanghai vorBild: Aly Song/REUTERS

"Einzig BMW war in der Vergangenheit sehr zögerlich", so Dudenhöffer. Die Münchner seien aus seiner Sicht noch zu stark bei den Plug-In-Hybriden mit Benzin- und Elektromotor engagiert, die am Markt eine kurze Lebensdauer hätten.

In Zukunft soll das anders werden. Bis 2025 will BMW ein Viertel des Umsatzes in China mit E-Autos erzielt werden, wie BMW-China-Chef Jochen Goller in Shanghai ankündigte. Im vergangenen Jahr lag der Anteil bei rund vier Prozent. Bis 2023 sollen nun zwölf verschiedene Elektroauto-Modelle auf den Markt kommen. Weltweit wollen die Münchner bis 2030 die Hälfte ihres Umsatzes mit vollelektrischen Wagen erzielen.

Dank guter Geschäfte in China sind deutsche Autobauer im vergangenen Jahr besser durch die Krise gekommen als Hersteller anderer Länder. Das ergab eine Studie des Beratungsunternehmens EY. Daimler, Volkswagen und BMW hatten zwar einen Umsatzrückgang von zehn Prozent, damit sind sie aber im Durchschnitt deutlich besser gefahren als große Hersteller anderer Nationen, hieß es in der Analyse.

Engpass Microchips

Problematisch - das ist nicht neu - ist die Produktion vonBatterien für E-Autos. Daher wird auch in Deutschland an einer eigenen Batterieproduktion gearbeitet. Zusätzlich droht ein Mangel an Mikrochips. "Wenn du schon Pech hast, kommt noch Unglück dazu", ist eine Redensart, die Wöllenstein zu diesem Thema einfällt. Er rechnet auch im zweiten Quartal mit "beträchtlichen Auswirkungen". Das Problem werde bis 2022 bestehen, glaubt er.

Deutschland Volkswagen - Produktion von Batteriezellen für Elektroautos
Volkswagen produziert Batteriezellen für Elektroautos in SalzgitterBild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Dass die Halbleiter-Produktion nicht in den Händen der Autoindustrie liege, "ist ein fatales Problem, das nicht so leicht gelöst werden kann", sagt der Direktor von Chinas Vereinigung der Autohändler, Jia Xinguang. Dabei hätten Autos immer komplexere Probleme wie autonomes Fahren und Energieverwaltung zu lösen - gerade Elektro-Autos.

Das Problem mit den Mikrochips sei "noch lange nicht" gelöst, sagt Dudenhöffer. Bis neue Fabriken aufgebaut seien, werde es noch zwei oder drei Jahre dauern. Er rechne damit, dass China auch hier "zur Lokomotive" werde. Das Land plane eine "Chip-Allianz". Heute sei bei Lithium-Ionen-Batterien schon zu sehen, dass die Chinesen mehr und mehr die Führung übernähmen, so Dudenhöffer. Ähnliches werde in fünf Jahren bei den Halbleitern zu beobachten sein.

Automesse in Corona-Zeiten

Auf der "Auto China" erwarten rund 1000 Aussteller bis zum 28. April Hunderttausende Besucher. Da China das Coronavirus seit dem vergangenen Sommer weitgehend im Griff hat, ist es nach dem Branchentreffen in Peking im September schon die zweite große Automesse im Land binnen nur sieben Monaten. Allerdings müssen Besucher negative Coronatests vorweisen, ihre Körpertemperatur messen lassen und mit einer Handy-App nachweisen, dass sie nicht in Risikogebieten waren und ihre Teilnahme unbedenklich ist. E-Mobilität und Konnektivität sind die großen Themen der Messe, die sich über zwölf Hallen erstreckt.

Insa Wrede, DW-Mitarbeiterin
Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion