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Autoren-Appell gegen Internetüberwachung

Heiner Kiesel10. Dezember 2013

Juli Zeh und Ilja Trojanow sehen die Demokratie in Gefahr. Die Autoren wollten darüber mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sprechen. Die reagierte nicht. Jetzt bauen sie mit einer internationalen Aktion Druck auf.

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Symbolbild NSA Überwachung (Foto: imago)
Bild: imago/avanti

Es ist eine beeindruckende Liste und sie wird stündlich länger. Rund 600 Autoren aus aller Welt haben ihren Namen unter einen Aufruf gegen Massenüberwachung durch Geheimdienste und das Datensammeln der Kommunikationsfirmen gestartet. Darunter sind zahlreiche Literatur-Nobelpreisträger wie Günther Grass, Jonathan Maxwell Coetzee und Orhan Pamuk.

Initiiert wurde die Aktion von den deutschen Autoren Juli Zeh und Ilja Trojanow, die die Unterschriften zusammen mit vier weiteren Kollegen gesammelt haben. "Wir haben vor sechs Wochen versucht, von der Bundeskanzlerin eine Reaktion zu den Abhörskandalen zu erhalten und nichts ist passiert", sagte Juli Zeh bei der Vorstellung des Projekts in Berlin. Durch den internationalen Protest solle nun Druck aufgebaut werden. "Wir wissen, dass Angela Merkel auf die öffentliche Meinung reagiert." Bei einem "digitalen Fukushima" werde Merkel zur ersten Datenschützerin, sagte Zeh. Ihr Kollege Trojanow forderte einen Diskurswechsel: "Das ist eine Epochenwende und keine Feinjustierung des Verhältnisses von Freiheit und Sicherheit."

Existenzielles Grundrecht

Der Aufruf sei zeitgleich in 30 Zeitungen in aller Welt veröffentlicht worden, hieß es. Die Autoren sehen das existenzielle Grundrecht unbeobachtet zu sein, eklatant verletzt. "Wenn wir nicht dafür kämpfen, ist es aus mit der Demokratie", warnte die dänische Autorin Janne Teller, Mitorganisatorin des Aufrufs.

Ilja Trojanow und Juli Zeh (Foto: DW)
Ilja Trojanow und Juli Zeh warten auf eine Reaktion aus dem KanzleramtBild: DW/Heiner Kiesel

Mit dem Protest sind eine Reihe von konkreten Forderungen an Konzerne, nationale Regierungen und die internationale Gemeinschaft verknüpft. Jeder Bürger solle das Recht haben, darüber zu entscheiden, was mit seinen persönlichen Daten geschieht, wer sie sammelt und warum. Die Vereinten Nationen sollen die zentrale Bedeutung der Bürgerrechte im digitalen Zeitalter anerkennen "und eine verbindliche Internationale Konvention der digitalen Rechte zu verabschieden". Die Autoren wollen die Unterschriftenliste nun für alle Bürger öffnen, damit die Angelegenheit schließlich bei der UNO auf die Tagesordnung komme.

Deutschlands Führung vermisst

Die Macher der Unterschriftenaktion zeigten sich tief enttäuscht über die bisherigen offiziellen Reaktionen auf die Enthüllungen zu den Schnüffelaktivitäten der Geheimdienste. "Ich hätte mir vor allem in Deutschland eine stärkere Reaktion erwartet", sagte die britische Autorin Pryia Basil. Deutschland sei so eifrig dabei gewesen, in der Wirtschaftskrise die Führungsrolle zu übernehmen und jetzt habe Basil erwartet, dass auch von dort ein moralischer Schub kommen würde. "Das hat mich wirklich enttäuscht." Für ihre dänische Kollegin Teller ist das relative Stillhalten der Regierungen weltweit wenig verwunderlich: "Die stecken alle bis über den Scheitel mit drin."

Die Inititatoren machten deutlich, dass die bisherige Handhabung der Privatssphäre ein Problem für jeden Einzelnen darstelle. "Die Menschen müssen ein Gefühl für das Unrecht bekommen, das ihnen widerfährt", forderte die Österreicherin Eva Menasse. "Es kann ja nicht sein, dass wir nicht wollen, dass unser Nachbar oder Ehemann unsere Briefe nicht öffnet, aber der Geheimdienst tut es." Eine rundum überwachte Gesellschaft könne keine demokratische und freie Gesellschaft sein, fügte Menasse hinzu. Die Bevölkerung meine, man sei angesichts der Übermacht der Überwachungsapparate ohnehin hilflos, kritisiert die Autorin, doch: "Wir können etwas tun, es kann reguliert werden."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: DW)
Hat nach Ansicht der Autoren schwach reagiert auf die NSA-Abhöraktion: Bundeskanzlerin Angela MerkelBild: picture-alliance/dpa