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PolitikEuropa

Baerbock sagt dem Baltikum Beistand zu

20. April 2022

Auf der ersten Reisestation im Baltikum hat Außenministerin Annalena Baerbock den baltischen Republiken deutsche Unterstützung zugesichert: "Die baltischen Staaten können sich zu 100 Prozent auf Deutschland verlassen."

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Außenministerin Baerbock im Baltikum | Lettland Außenminister Rinkevics
Reger Gedankenaustausch: Außenministerin Annalena Baerbock und ihr lettischer Kollege Edgars Rinkevics. Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Die NATO werde ihr Bündnisgebiet verteidigen und "jeden Winkel gemeinsam schützen", sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit ihrem lettischen Amtskollegen Edgars Rinkevics in der Hauptstadt Riga. Die Beistandsverpflichtung der Militärallianz für Lettland, Estland und Litauen gelte ohne Wenn und Aber, ebenso die europäische Beistandsklausel, betonte Annalena Baerbock vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine.

"Europas Sicherheit, unser aller Sicherheit ist untrennbar verbunden mit der Sicherheit des Baltikums", erklärte die deutsche Außenministerin zum Auftakt ihres dreitägigen Besuches in den drei Baltenrepubliken. Gemeinsam sende man eine klare Botschaft an Moskau: "Wir werden Frieden, Souveränität und Freiheit verteidigen."

Lettischer Außenminister: Vertrauen auf Deutschland

Rinkevics betonte angesichts früherer Kritik aus der lettischen Regierung an einer zu zögerlichen Haltung Deutschlands bei Waffenlieferungen an die Ukraine: "Deutschland ist ein vertrauensvoller Partner. Wir vertrauen auf Deutschland." Er verwies auf die Führungsrolle der Bundeswehr beim Nato-Gefechtsverband in Litauen. Sollten sich Finnland und Schweden für einen NATO-Beitritt entscheiden, "sind wir die ersten, die das begrüßen werden". Drittländer hätten dabei kein Veto-Recht. Russland hatte Finnland und Schweden, die enge Partner des Bündnisses sind, mehrmals vor einem solchen Schritt gewarnt.

Baerbock kritisierte russische Desinformation und Cyberattacken. Neben Leid und Tod in der Ukraine führe "Russlands nationalistischer Wahn" zu Spannungen in der Gesellschaft in Lettland wie in Deutschland. "Wir werden unsere Gesellschaften nicht spalten lassen", betonte sie. Wladimir Putins Hass und Propaganda setze man Wahrheit und Transparenz entgegen. Um russischer Propaganda den Boden zu entziehen, "braucht es keine Gegenpropaganda, sondern starke, unabhängige Medien und ein kritisches Publikum". So würden offene Gesellschaften gegen "Putins Informationskrieg" bestehen.

Deutschland will der Ukraine langfristig helfen

Baerbock sicherte zu, Deutschland werde der Ukraine auch mittel- und langfristig militärisch helfen. Es gehe nicht nur um den akuten Bedarf. "Es geht auch um die nächsten drei Monate und auch um die nächsten drei Jahre. Und hier wird Deutschland mehr beitragen können." Deshalb habe die Bundesregierung eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt, damit die Ukraine auch komplexere Waffensysteme beschaffen könne. Deutschland könne auch Ausbildung bereitstellen.

Karte Baltikum DE
Die baltischen Staaten

Für Deutschland sei auch die Lieferung gepanzerter Fahrzeuge "kein Tabu, auch wenn es in der deutschen Debatte manchmal so klingt", sagte Baerbock. Solchen Lieferungen habe die Bundesregierung bereits zugestimmt. "Aber kurzfristig ist bei uns nichts vorhanden, was wir jetzt wirklich schnell und unverzüglich liefern können." Daher sei mit den Nato- und G7-Partnern ein "Ringtausch" vereinbart worden. Partner, die schnell Waffen sowjetischer Bauart liefern könnten, erhielten von Deutschland dafür Ersatz. Die beiden Punkte seien bereits beim NATO-Außenministertreffen in Brüssel vor zwei Wochen abgestimmt worden, sagte die Ministerin.

Baltikum sorgt sich seit Jahren

Über Wehrhaftigkeit könne Deutschland von Lettland, Estland und Litauen viel lernen, erklärte die Ministerin weiter. Seit Jahren investierten die baltischen Staaten in die Sicherheit der Energieversorgung, der IT-Infrastruktur, in die Widerstandsfähigkeit der Medienlandschaft und in die Fähigkeiten der Verteidigung. Im Baltikum blickten die Menschen seit Jahren intensiv und mit Sorge in Richtung Russland. "Ihren Erfahrungen und Einblicken möchte ich genau zuhören", betonte sie.

Baerbock warf zugleich Putin vor, er nehme weder auf Menschenleben oder das Völkerrecht Rücksicht noch auf das Leben und die Entwicklungschancen seiner eigenen Bevölkerung. "Damit hat er auch große Teile der europäischen Sicherheitsarchitektur in Trümmer gelegt, auf die wir in den letzten Jahrzehnten gebaut haben, und die gerade für unsere osteuropäischen Freunde auch eine Sicherheitsgarantie war."

Ungewöhnlich scharfe Kritik übte Baerbock an der Energiepolitik der vorherigen Bundesregierung unter Angela Merkel: Das Festhalten an der von Mittel- und Osteuropäern lange kritisierten deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 sei fatal gewesen. "Statt Nord Stream hätte es einen Baltic Stream auf Grundlage von sauberer Energie geben können und eigentlich geben müssen", sagte Baerbock. "Das waren klar und deutlich Fehler", die die neue Bundesregierung korrigiert habe.

Im Lauf des Tages will Baerbock an einem Treffen der Außenminister Rinkevics, Eva-Maria Liimets (Estland) und Gabrielius Landsbergis (Litauen) teilnehmen. Vorgesehen ist in Riga auch ein Besuch des NATO-Exzellenzzentrums für Strategische Kommunikation. Für Donnerstag ist die Weiterreise nach Estland geplant, am Freitag will die Ministerin Litauen besuchen.

kle/ehl/nob/se (dpa, afp, rtr)