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Politik

Baerbock scheut keine Kritik gegenüber der Türkei

29. Juli 2022

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat im Ägäis-Streit zwischen Athen und Ankara klar Position bezogen. Und im Fall des inhaftierten Kulturmäzens Kavala stellt sie Forderungen.

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Annalena Baerbock und Mevlut Cavusoglu bei Handschlag für die Kameras
Erst ein Lächeln für die Kameras, dann offene Worte - Außenministerin Baerbock und ihr türkischer Amtskollege CavusogluBild: Umit Bektas/REUTERS

Noch in Griechenland, wo Außenministerin Annalena Baerbock vor ihrem Türkei-Besuch weilte, bekräftigte sie die Souveränität Griechenlands im Ägäis-Streit und wies die Territorialansprüche der Türkei zurück. Lesbos, Kos, Rhodos und viele andere Inseln gehörten zu Griechenland, so Baerbock. "Niemand hat das Recht, dies in Frage zu stellen."

Die Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei haben sich wieder massiv verschlechtert. Ankara hatte zuletzt den Abzug des griechischen Militärs von den Inseln gefordert. Diesen Forderungen verleiht die Türkei mit Überflügen türkischer Kampfjets über bewohnte griechische Inseln Nachdruck. Griechenland rechtfertigt die Truppenstationierung mit der Präsenz zahlreicher Landungsboote an der türkischen Westküste.

Bereits im Sommer 2020 war es zwischen beiden Staaten zu starken Spannungen gekommen, nachdem die Türkei von Kriegsschiffen begleitete Erkundungs-Schiffe ins östlichen Mittelmeer geschickt hatte, um in dem potenziell erdgasreichen Gebiet nach Gasvorkommen zu suchen. 

Türkei wirft Deutschland Parteilichkeit vor

Baerbock rief die beiden NATO-Mitglieder erneut zum Dialog auf und zum jeweiligen Respekt der Souveränität. Damit verärgerte sie ihren türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu. Dieser erklärte bei der gemeinsamen Pressekonferenz, dass Deutschland in seiner Rolle als Vermittler die Unparteilichkeit verloren habe. Berlin solle ohne Vorurteile beiden Seiten zuhören.

"Themen, bei denen beide zucken"

Bereits vor dem Treffen in Istanbul hatte Baerbock erklärt, sie wolle auch jene Themen ansprechen, "bei denen wir teils fundamentale Differenzen haben". Dazu gehört auch der Fall Osman Kavala. Sie forderte die Freilassung des Kulturförderers.

Osman Kavala
Osamn Kavala sitzt seit 2017 mit nur kurzer Unterbrechung in HaftBild: Kerem Uzel/dpa/picture alliance

Sie sehe es als ihre Pflicht an, die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte "zu achten und zu verteidigen, und zwar ausnahmslos und zu jeder Zeit", sagte Baerbock bei der Pressekonferenz mit Cavusoglu.

Es sei ihr bewusst, "dass es in diesen Zeiten schwierig ist, über Themen zu reden, wo wir auf einer Pressekonferenz beide vielleicht zucken". Aber es seien jetzt genau die Zeiten, in denen doch die Bereitschaft bestehe, "sich gegenseitig zuzuhören, auch wenn dann vielleicht die Ohren schmerzen".

Kavalas lange Geschichte mit der türkischen Justiz

Kavala war im April wegen des Vorwurfs des versuchten Umsturzes der türkischen Regierung von einem Gericht in Istanbul zu lebenslanger Haft verurteilt worden. International wurde das Urteil scharf kritisiert, die türkische Regierung hatte die Kritik als Einmischung in die inneren Angelegenheit der Türkei zurückgewiesen.

Kavala ist seit mehr als vier Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Silivri nahe Istanbul inhaftiert. Der Geschäftsmann war 2017 ursprünglich wegen des Vorwurfs festgenommen worden, die gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan gerichteten Gezi-Proteste in Istanbul im Jahr 2013 finanziert und organisiert zu haben. Im Februar 2020 sprach ein Gericht ihn von diesem Vorwurf frei. Kavala wurde damals aus der Haft entlassen, jedoch wenige Stunden später erneut festgenommen - dann im Zusammenhang mit dem Putschversuch gegen Erdogan im Jahr 2016 und wegen Spionagevorwürfen. Kavala weist alle Anschuldigungen zurück.

fab/hf (dpa, afp, rtre)