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Bahnprojekt Stuttgart 21 wird noch teurer

26. Januar 2018

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn hat die korrigierte Kalkulation des Vorstands für den Bahnhofsbau Stuttgart 21 gebilligt. Die Kosten steigen kräftig, die Fertigstellung verzögert sich. Und die Kritik wächst weiter.

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Baustelle Bahnprojekt Stuttgart 21
Unter der Erde kommt das Bauprojekt in Stuttgart voran (Archivbild 2017)Bild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 wird noch später fertig als zuletzt geplant und zudem deutlich teurer. Mittlerweile werde von einer Inbetriebnahme 2025 ausgegangen, teilte die Deutsche Bahn nach einer Aufsichtsratssitzung in Berlin mit. Die Kosten sollen nun etwa 7,7 Milliarden Euro betragen, wobei die Planer für "unvorhergesehene Ereignisse" noch einen Puffer von einer halben Milliarde Euro vorgesehen haben. So ergibt sich ein Finanzierungsrahmen von insgesamt 8,2 Milliarden Euro. Vor fünf Jahren hatte das bundeseigene Unternehmen die Kosten noch mit 6,5 Milliarden Euro beziffert. Außerdem wurde der Zeitplan nochmals korrigiert: Der neue unterirdische Durchgangsbahnhof soll nun bis zum Jahr 2025 betriebsbereit sein. Bislang lag der offiziell genannte Eröffnungstermin bei Ende 2021.

Rund um das Vorhaben tauchten zudem weitere Probleme und Kosten auf: So wird die Hochgeschwindigkeitstrasse Wendlingen-Ulm zur Anbindung von Stuttgart um 500 Millionen Euro teurer und soll nun insgesamt 3,7 Milliarden Euro kosten statt bisher 3,26 Milliarden Euro. Die Fertigstellung verschiebt sich um ein Jahr auf 2022.

Wirtschaftlicher als Abbruch

Grundlage des Aufsichtsratsbeschlusses sei ein Gutachten der Unternehmen PwC und Emch+Berger gewesen, ließ der Aufsichtsrat nach einer Sondersitzung wissen. Der Bahn-Vorstand habe "glaubhaft dargelegt, dass die Fortführung des Projekts Stuttgart 21 wirtschaftlicher ist als ein Abbruch". Hintergrund der Neukalkulation sind unter anderem gestiegene Baupreise sowie Probleme mit dem Baugrund und der Wunsch des Vorstands, Finanzpuffer für mögliche weitere Risiken vorzuhalten.

Bei dem Projekt soll aus dem Stuttgarter Kopfbahnhof ein Durchgangsbahnhof mit Bahnsteigen unter der Erdoberfläche werden. An dem Bahnhof wird seit Februar 2010 gebaut. Gegen Stuttgart 21 hatte es in der baden-württembergischen Landeshauptstadt massive Proteste gegeben. Ruhiger wurde es erst, als in einer Volksabstimmung eine Mehrheit für das Vorhaben votierte. 

Ursprünglich sollten der neue Stuttgarter Hauptbahnhof und die Zufahrtstrassen 4,5 Milliarden Euro kosten. Schon 2013 erweiterte die Bahn den Finanzrahmen aber auf rund 6,5 Milliarden Euro. Im November 2017 wurde inoffiziell bekannt, dass die Kosten noch einmal auf 7,6 Milliarden Euro steigen. Schon damals war die Rede davon, die Eröffnung zu verschieben - zunächst auf 2024.

Deutschland Stuttgart 21 Grundsteinlegung Proteste
Eine Projektgegnerin protestiert anlässlich der Grundsteinlegung im Jahr 2016 vor dem Stuttgarter HauptbahnhofBild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Streit um Mehrkosten

Wer für die Mehrausgaben aufkommt, ist nicht geklärt. Die Bahn, der Bund, die EU, das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart und der örtliche Flughafen hatten 2009 vereinbart, die Kosten aufzuteilen. Damals gingen sie von 4,5 Milliarden Euro aus. Die Bauherrin Deutsche Bahn wurde mit 1,7 Milliarden Euro der größte Finanzier. Für den 2013 festgelegten Aufschlag um zwei Milliarden Euro wollte die Bahn die übrigen Projektbeteiligten in die Pflicht nehmen. Doch die lehnen das ab. 

Die jüngste Hiobsbotschaft stieß bei Umweltschützern und der Opposition auf heftige Kritik. Der Grünen-Verkehrspolitiker Matthias Gastel verlangte abermals ein strenges Kostenmanagement. "Die Finanzierung durch den Bund darf kein Tabu mehr sein", betonte er. Die Bundesregierung müsse ihre Rolle als Bahn-Eigentümerin "endlich ernst nehmen und Lösungsvorschläge für die aus dem Ruder laufenden Kosten auf den Tisch legen".

Die Bahnexpertin der Linken-Fraktion im Bundestag, Sabine Leidig, nannte Stuttgart 21 "gänzlich unwirtschaftlich". Aufsichtsräte, die auf dieser Basis das Projekt einfach fortführten, stünden "mit einem Bein im Gefängnis, weil sie verpflichtet sind, wirtschaftlichen Schaden vom Unternehmen abzuwenden". Der Eigentümer Bund müsse "die Notbremse ziehen".

Talk: Immer Ärger mit den Großprojekten?

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) forderte einen Krisenstab mit den Projektträgern sowie der Landes- und Bundesregierung. Die Gruppe müsse das Projekt in Teilen abspecken, sagte BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender in Stuttgart. Vor allem der extrem aufwendige unterirdische Flughafen-Bahnhof müsse hinterfragt werden. "Ein oberirdischer Haltepunkt an der Neubaustrecke genügt, um den Flughafen angemessen an den Bahnverkehr anzubinden", so Dahlbender.

kle/uh (dpa, rtr, afp)