Exil in Belarus
21. April 2010Der gestürzte kirgisische Präsident Kurmanbek Bakijew hat am Mittwoch (21.04.2010) in seinem belarussischen Exil erklärt, er betrachte sich weiterhin als ein von der internationalen Gemeinschaft anerkanntes Staatsoberhaupt. Bakijew rief auf einer Pressekonferenz dazu auf, die neue Regierung in Bischkek nicht anzuerkennen. Er war am Dienstag von Kasachstan aus, wo er zwischenzeitlich Zuflucht fand, in Minsk eingetroffen, nachdem der belarussische Präsident Aleksander Lukaschenko ihm Schutz zugesichert hatte.
Lukaschenkos Entscheidung, Bakijew Asyl zu gewähren, werde auch vom Stabschef der kirgisischen Übergangsregierung, Edil Baisalow, respektiert. Es sei das souveräne Recht der Republik Belarus, sagte Baisalow im Gespräch mit der Deutschen Welle. Er hoffe aber zugleich, dass Minsk seinen internationalen Verpflichtungen nachkomme. "Belarus ist Mitglied der GUS und OSZE, und ist Unterzeichner des Minsker Übereinkommens über die gegenseitige Auslieferung von Straftätern", betonte Baisalow.
Bischkek verlange eine Auslieferung Bakijews. Die Menschen in Kirgisistan würden sich so lange nicht beruhigen, bis der ehemalige Staatschef "für seine zahlreichen Verbrechen, darunter die Erschießung von Zivilisten auf dem zentralen Platz von Bischkek, bestraft wird", so Baisalow.
"Lukaschenko sieht sich bedroht"
Selbst für Experten ist noch unklar aus welchen Gründen Lukaschenko Bakijew Asyl gewährt, und ob sich dies auf die Beziehungen des Landes zu Russland und den Mitgliedsländern der "Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit" (OVKS) auswirken könnte. Dem Verteidigungsbündnis gehören Armenien, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadschikistan und Belarus an.
Der Redakteur der russischen Zeitschrift "Russia in Global Affairs", Fjodor Lukjanow, sagte der Deutschen Welle, Lukaschenkos Vorgehen könnte eine Provokation für Moskau sein. "Ich denke, der belarussische Präsident hat Russlands Haltung zu Kirgisistan als eine Art Bedrohung aufgefasst", meint Lukjanow. Russland habe gezeigt, dass es auch zur Zusammenarbeit mit der Opposition bereit sei, wenn Moskau ein Staatschef nicht mehr passe, und dies sei ein unangenehmes Signal an alle autoritären Staatschefs auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, insbesondere für Lukaschenko, so Lukjanow.
Differenzen mit Russland?
"Die Entscheidung des belarussischen Staatschefs ist symbolisch", meint der deutsche Belarus-Experte Martin Schön. "Nach dem Motto: Ich unterstütze eine solche Form der Änderung einer Staatsordnung nicht, und ich werde sogar gegenüber den engsten Verbündeten deutlich machen, dass ich damit nicht einverstanden bin." Das sei wohl Lukaschenkos stärkstes Anliegen gewesen.
Schön schließt aber nicht aus, dass Lukaschenko sein Vorgehen zuvor mit den OVKS-Mitgliedsländern abgesprochen haben könnte. Aber auch wenn dies nicht zutreffe, seien ernsthafte politische Differenzen zwischen Belarus und Russland sowie den anderen OVKS-Staaten nicht zu erwarten, meint Schön, denn es sei unwahrscheinlich, dass sich Lukaschenko dafür einsetzen werde, Bakijew wieder an die Macht zu bringen.
Lukjanow erinnerte daran, dass Lukaschenko sowohl Russland als auch die USA dafür kritisiert hatte, Bakijew keine Hilfe gewährt zu haben. Allerdings werde "die weitere Entwicklung der ohnehin schon schwierigen belarussisch-russischen Beziehungen nicht wesentlich davon abhängen, wo sich der ehemalige kirgisische Präsident aufhält", so der Experte.
Autoren: Alexander Tokmakow/ Galina Petrowskaja / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Nicole Scherschun