Bald ein Denkmal für die Roma und Sinti in Wien?
9. April 2022Derzeit gibt es in Österreich keinen zentralen Gedenkort für die im Nationalsozialismus ermordeten Roma und Sinti. Dies könnte sich demnächst ändern. Grund dafür ist ein Positionspapier, in dem alle Roma-Organisationen und Aktivist*innen Österreichs ihre Forderung für eine Umsetzung formulieren: Es soll an einem zentralen Standort in der Bundeshauptstadt Wien stehen, es soll eine permanente Form haben und es soll zeitnah umgesetzt werden.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nahm in seiner Rede im Wiener Parlament anlässlich des Internationalen Roma-Tags am 8. April 2022 Stellung dazu: "Das Positionspapier ist sehr weitreichend und macht uns klar, dass die Roma und Sinti einen lebendigen Ort des Gedenkens möchten, an den auch ein Dokumentationszentrum anschließt."
Das Denkmal zu errichten sei das eine, so Sobotka weiter, "und dafür werden wir das Geld sicher auftreiben". Die größere Herausforderung sei aber die nachhaltige Verwaltung, um den Betrieb sicherzustellen. "Da haben Sie in mir sicher einen Unterstützer, der sich auch einbringen möchte", versprach der österreichische Nationalratspräsident.
Wegweisende Kooperation der Roma-Communities
Einen Tag zuvor hatten die Roma und Sinti ihr Positionspapier bereits im Rahmen eines feierlichen Akts zum Austausch mit der Politik in der Wiener Hofburg vor Vertreter*innen der Grünen Partei und der ÖVP präsentiert. Die Nationalratsabgeordnete Eva Blimlinger von den Grünen hatte dort ihre Unterstützung signalisiert: "Mein Herzenswunsch wäre es, wenn wir am nächsten Internationalen Roma-Tag, am 8. April 2023, eine wunderschöne Gedenkstätte hätten."
Was jetzt nur noch nach einer politischen Formalität aussieht, ist der Erfolg einer wegweisenden Kooperation der Roma-Communities in Österreich. Sowohl migrantische als auch autochthone Organisationen und Aktivist*innen erarbeiteten vereint das Positionspapier, das den jahrelangen politischen Stillstand zu diesem Thema beendete.
Ausgangspunkt für diese Zusammenarbeit war eine Arbeitsgruppe des von der EU geförderten Interreg-Projekts "Dream Road", das von Vertreter*innen der Roma Community organisiert und durchgeführt wird. Die Arbeitsgruppe wurde im Laufe des Prozesses erweitert, um die Partizipation aller zivilgesellschaftlich engagierten Akteur*innen zu ermöglichen. Die Gruppe wendete sich auch an den Vorsitzende des Volksgruppenbeirats der Roma in Österreich, Emmerich Gärtner Horvath, um das Anliegen auch auf politischer Ebene sichtbar zu machen. Er war es letztlich, der das Positionspapier am 8. April 2022 an die Politik übergab.
Ein wichtiger Teil des Papiers sind die zahlreichen Unterstützungserklärungen aus der Gesellschaft. Katharina Janoska, Autorin und Journalistin aus der Community, beschreibt den Grund, warum es ein Denkmal in Wien braucht: "Unsere Heimat schuldet es uns, dass wir unserer Ahnen an einem zentralen Ort gedenken können, dass sie jenen, die nicht mehr für sich selbst sprechen können, eine Stimme verleiht. Damit man jenen, die lange Zeit nicht gesehen wurden, Gerechtigkeit zuteilwerden lässt. Das Mahnmal soll uns das Versprechen geben, dass so etwas nie wieder geschehen kann."