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Bangui sucht einen neuen Präsidenten

Philipp Sandner19. Januar 2014

Die Vereinten Nationen warnen vor einem Völkermord in der Zentralafrikanischen Republik. Ein neuer Übergangspräsident soll die Lage bis zu den nächsten regulären Wahlen beruhigen. Der Übergangsrat soll ihn bestimmen.

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Soldaten in Bangui (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: MIGUEL MEDINA/AFP/Getty Images

Die Stimmung ist angespannt in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik. Internationale Truppen patrouillieren in den Straßen, um neue Gewaltausbrüche zu verhindern. Zwei Lager stehen sich dort gegenüber: Auf der einen Seite die muslimisch dominierte Seleka-Allianz, die im März 2013 gegen Präsident Francois Bozizé putschte und seitdem Teile der Bevölkerung terrorisiert. Auf der anderen Seite die christliche Bürgermiliz "Anti-Balaka" - was soviel heißt wie "gegen die Macheten". Sie gründete sich in Reaktion auf die Seleka und attackiert nun mit ebenso gewaltsamen Methoden die muslimische Minderheit im Land.

Während die internationale Präsenz in Bangui das Schlimmste verhindere, sei die Situation außerhalb der Hauptstadt völlig außer Kontrolle, sagt Thierry Vircoulon von der Denkfabrik International Crisis Group, die weltweit für die Beendigung gewaltsamer Konflikte eintritt. "Immer wieder gibt es neue Angriffe in allen Teilen des Landes, sowohl von Seiten der Seleka als auch der Anti-Balaka." Die Vereinten Nationen warnen vor einem Völkermord in der Zentralafrikanischen Republik. Es gebe bei der Verfolgung der Muslime alle Elemente, die man schon in Ruanda und Bosnien festgestellt habe, sagte John Ging vom Büro der Vereinten Nationen für Humanitäre Angelegenheiten OCHA nach einem Vor-Ort-Besuch.

Wer kann das Land einen?

Christlicher Bewohner Banguis (Foto: AP)cca Blackwell, File
Mit Macheten gegen Macheten: christlicher Bewohner der HauptstadtBild: picture-alliance/AP

Ein knappes Jahr lang stand ein Muslim, Michel Djotodia, an der Spitze der Übergangsregierung. Der war vor einer Woche auf internationalen Druck hin zurückgetreten. Nun muss ein Nachfolger gefunden werden. Am Montag (20.1.2013) will der nationale Übergangsrat eine Entscheidung treffen. Er legte nun eine Liste strenger Kriterien vor, die die Kandidaten für das Präsidentenamt erfüllen müssen. Demnach sind all jene von der Kandidatur ausgeschlossen, die unter dem bisherigen Übergangspräsidenten Djotodia ein politisches Amt ausgeübt haben, aber auch alle Parteichefs und aktiven Militärs. Auch wer in den letzten Jahren einer Miliz angehörte, darf nicht kandidieren.

Damit ist die Messlatte für den neuen Übergangspräsidenten sehr hoch gesetzt. Gerade die kleine Minderheit der Muslime ist in Sorge, ob der zukünftige Führer auch ihre Interessen im Blick hat. Die Angst vor neuen Repressionen ist groß. "Diese Krise sollte uns alle dazu anhalten, unsere Nation von Grund auf neu aufzubauen", sagte der Imam Omar Kobine Layama. Seit Langem bemüht er sich um eine Verständigung zwischen den Religionen in seiner zentralafrikanischen Heimat. Diesen Anspruch hat er auch an den Übergangsrat: "Unsere Volksvertreter sollten sich bei dieser Abstimmung nicht von Leidenschaft, sondern von Brüderlichkeit und nationaler Gemeinschaft leiten lassen."

Gemeinsam für Frieden

Während die politischen Akteure über eine neue Führung diskutieren, tummeln sich bereits Soldaten aus neun Ländern im Land. Seit Dezember sind rund 1.600 französische Soldaten im Einsatz. An ihrer Seite kämpft eine Friedensmission der Afrikanischen Union. Knapp drei Viertel der versprochenen 6.000 afrikanischen Soldaten sind schon im Land.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) prüft ein mililtärisches Engagement in der Zentralafrikanischen Republik. Europa könne Frankreich bei seinen Bemühungen um Frieden nicht alleine lassen, sagte Steinmeier der "Frankfurter Allgmeinen Sonntagszeitung". Er kündigte an, auf dem Treffen der Außenminister der Europäischen Union am Montag (20.01.2014) sorgfältig die Möglichkeiten und Risiken einer europäischen Mission zu prüfen.

Am Donnerstag (16.01.2014) entsandte auch Ruanda ein Kontingent von 850 Soldaten - ein Land, das vor zwei Jahrzehnten selbst Schauplatz eines Völkermordes wurde. Die Beziehungen zwischen Frankreich und Ruanda sind extrem belastet, weil Ruandas Regierung Paris vorwirft, beim Genozid im Jahr 1994 zu Gunsten der Völkermörder interveniert zu haben. Ruandas Armeesprecher Joseph Nzabamwita sieht jedoch keinen Hinderungsgrund für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. "Wir haben ein Mandat, das uns vereint", erklärt er im DW-Interview. "Die Franzosen und wir Ruander werden in der Zentralafrikanischen Republik an einem Strang ziehen, um dem Land Frieden zu bringen."

Internationale Truppen in Bangui (Foto: Reuters)
Zeigen Präsenz: Internationale Truppen in BanguiBild: Reuters

Ob das gelingen kann, liegt aber auch daran, wie sich die Übergangsregierung unter neuer Führung verhalten wird. Für Thierry Vircoulon von der International Crisis Group ist klar: "Die Prioritäten von 2013 gelten auch für 2014." Demnach müsse sich der Übergangsrat auch in Zukunft an die Vorgaben halten, auf die sich die Putschisten nach dem Sturz Bozizés geeinigt hatten, die sie jedoch nie erfüllen konnten: Sicherheit zu garantieren, den Menschen zu helfen, die unter den Kämpfen gelitten haben, und schließlich: die Verwaltung wieder aufzubauen und die Wahlen vorzubereiten. Spätestens 2015 sollen in der Zentralafrikanischen Republik freie Wahlen stattfinden.