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FIBA lässt Missbrauchsopfer in Mali im Stich

Kalika Mehta
27. Januar 2023

Eine junge Whistleblowerin aus Mali verklagt den Basketball-Weltverband FIBA. Weil sie ihren Trainer wegen sexualisierter Gewalt anzeigte, flog sie 2021 aus dem Nationalteam. Vom Weltverband kam bis heute keine Hilfe.

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Spielerinnen aus Malis Frauen-Basketball-Nationalteam stehen untergehakt nebeneinander
Im malischen Basketball gibt es zahlreiche Vorwürfe von sexualisierter Gewalt gegen Sportlerinnen Bild: Brendon Thorne/AFP/Getty Images

Bitte beachten Sie: Die Namen und einige persönliche Angaben der Interviewpartner wurden geändert, um ihre Identität zu schützen.

"Auf der einen Seite bin ich stolz auf mich, auf der anderen Seite bereue ich es", sagt Siaka Fofana der DW. "Denn es hat mich meiner Chancen beraubt. Es hat meinen Traum zerstört, im Ausland zu spielen und mein Studium fortzusetzen." Die talentierte Basketballspielerin aus Mali musste erleben, wie die Hoffnungen ihrer Kindheit zunichte gemacht wurden, weil sie den Mut hatte, die sexuellen Annäherungsversuche eines ehemaligen Trainers zurückzuweisen und sie dem malischen Basketballverband (FMBB) zu melden.

Zwar wurde der Coach im Juli 2021 verhaftet und wegen Pädophilie, versuchter Vergewaltigung und Belästigung anderer Opfer angeklagt, doch auch für Fofana selbst hatte der Fall negative Folgen: Sie verlor ihren Platz in der malischen Nationalmannschaft - offiziell wegen einer Knieverletzung, wie der Verband behauptete, Fofana bestreitet dies jedoch. Außerdem wurde sie nach der Festnahme des Trainers in Mali auf offener Straße von Unbekannten angegriffen und bedroht.

Wegen der Ausbootung aus dem Nationalteam reichte Fofana im August 2021, wenige Tage nach der Verhaftung des ehemaligen Trainers, einen Eilantrag beim Basketball-Weltverband FIBA gegen den Verlust ihres Kaderplatzes ein. Weil der Verband anschließend über ein Jahr lang nichts tat, um ihr zu helfen, leitete sie ihre Beschwerde schließlich an das FIBA Safeguarding Council weiter. Der Weltverband hatte das Gremium im April 2022 neu gegründet, um gefährdete Personen im Basketball zu schützen. Fofanas Vorwurf: Die FIBA habe ihre "interne Vorschrift 98" nicht umgesetzt, die von den Verbänden verlangt, "keine Vergeltungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Meldungen in gutem Glauben zu ergreifen".

Scham und Angst vor Vergeltung

Zudem lieferte sie Beweise für die parallel laufenden Ermittlungen wegen des Missbrauchs-Vorwurfs gegen den Trainer - sowohl für die malische Polizei als auch für einen unabhängigen Bericht, den die FIBA bei der Anwaltskanzlei von Richard McLaren in Auftrag gab, nachdem sich die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in den Fall eingeschaltet hatte. Der Kanadier McLaren hatte 2016 mit seinem Report zum Staatsdoping in Russland nach den Olympischen Winterspielen in Sotschi international für Schlagzeilen gesorgt. 

Symbolbild Frau hält sich einen Basketball vor ihr Gesicht
Neben Siaka Fofana meldeten viele andere Spielerinnen Missbrauchsfälle beim malischen VerbandBild: Elina Manninen/PantherMedia/IMAGO

Im Rahmen der unabhängigen Untersuchung McLarens machten 31 Zeugen "direkte und bestätigte Aussagen über Missbrauch durch den Trainer", wie es im Abschlussbericht hieß. Jedoch hätten auch viele mutmaßliche Opfer und Zeugen eine Aussage verweigert, da sie "Vergeltungsmaßnahmen oder Scham über die Veröffentlichung von Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs fürchteten".

Eine andere ehemalige Nationalspielerin, die jetzt in Frankreich lebt und dort Basketball spielt, behauptet gegenüber der DW, dass sie bereits mehr als zehn Jahre vor Fofanas Vorwürfen von einem Trainer missbraucht wurde. Auch damals habe die FMBB den Fall vertuschen wollen. 

Neuer Basketballchef mit zweifelhaftem Leumund

Für Kopfschütteln sorgte bei vielen Beobachtern der Umstand, dass der malische Funktionär Jean-Claude Sidibé am 8. Januar zum neuen Präsidenten des nationalen Basketballverbands ernannt wurde. Im McLaren-Bericht waren auch Vorwürfe gegen Sidibé im Zusammenhang mit Zeugeneinschüchterung und sexuellem Missbrauch erwähnt worden. 

Sidibés Aufstieg an die Spitze der FMBB ist umso überraschender, als er außerdem der Hauptanwalt des angeklagten Trainers ist, dessen Prozess in Mali wegen Pädophilie, versuchter Vergewaltigung und Belästigung immer noch anhängig ist. 

Die Empfehlung des McLaren-Berichts, die FIBA-Disziplinarkommission solle die gegen Sidibé erhobenen Vorwürfe überprüfen und seine Eignung als Kandidat für die Besetzung offizieller Ämter in der FMBB bewerten, wurde anscheinend ignoriert - und das, obwohl die FIBA den Bericht, der seit September 2021 vorliegt, selbst in Auftrag gegeben hatte. Die Wahl Sidibés wurde jedenfalls nicht verhindert.

Schweigen der FIBA

Die DW hat die FIBA um eine Stellungnahme zu mehreren Fragen gebeten, unter anderem, warum der Weltverband keine angemessene Lösung für die Whistleblowerin gefunden hat. Antworten darauf blieb die FIBA aber schuldig. Allerdings stellte das Kommunikationsbüro des Verbands einige nicht belegbare Behauptungen auf: unter anderem, dass die FIBA im Rahmen einer Initiative mit der Nichtregierungsorganisation Terre des Hommes (TdH) in Lausanne zusammenarbeite, um Probleme im Zusammenhang mit dem Schutz gefährdeter Personen im malischen Basketball anzugehen.

Eine Anfrage der DW bei TdH diesbezüglich blieb unbeantwortet. Allerdings gibt es mehrere Quellen, die besagen, dass TdH laut eigener Aussage weder rechtliche noch sicherheitstechnische Unterstützung für jugendliche Informanten und Missbrauchsopfer anbiete.

"Sie wäre gestorben"

Die Folgen für Fofana, die den Mut hatte, ihre Klage aufrechtzuerhalten, waren nicht nur wegen ihrer Verbannung aus dem Nationalteam weitreichend. Ihr Vater berichtet von Vorfällen im vergangenen Jahr, die ihn nach eigenen Worten sogar um das Leben seiner Tochter fürchten ließen. "Ein Mann begann, sie auf der Straße zu beleidigen", berichtet er. "Sie war in diesem Moment allein und wollte nicht antworten, weil es ein Mann war. Er sagte ihr, wenn der Trainer bestraft würde, dann würden sie 'die dafür verantwortliche Person' töten."

Basketball liegt auf Hallenboden
Der Basketball-Weltverband ließ die Whistleblowerin aus Mali alleineBild: Fabrizio Carabelli/LiveMedia/DPPI/picture alliance

"Kürzlich war sie mit ihrer Freundin auf einem Motorrad auf dem Weg zum Psychologen", erinnert sich ihr Vater an einen weiteren Zwischenfall. "Irgendwann kamen zwei Typen, ebenfalls auf einem Motorrad, und begannen, sie einzuschüchtern, indem sie den Motor aufheulen ließen. Einer versuchte, sie von hinten zu packen, Siaka und ihre Freundin stürzten. Das geschah auf einer Schnellstraße. Wenn ein Fahrzeug direkt hinter ihr gewesen wäre, wäre es vorbei gewesen. Sie wäre gestorben." Der Vater sorgt sich um die Sicherheit seiner Tochter, schließlich könne er nicht die ganze Zeit bei ihr sein. "Sie ist nicht sicher - auch nicht, wenn sie zum Training geht. Das ist ein großes Problem."

"Glaube immer noch an mein Talent"

Nachdem sie ihren Platz im Nationalteam verloren hatte und deshalb im August 2021 auch nicht bei der U19-Weltmeisterschaft in Ungarn antreten konnte, fiel Fofana in ein psychisches Loch. "Ich fühlte mich schlecht", erinnert sich die Basketballerin. "Ich konnte nicht mehr so leben, wie ich es früher getan hatte. Ich war ganz allein, jeden Tag. Manchmal habe ich mich geschämt, das Haus zu verlassen, weil alle gegen mich waren."

"Ich hatte das Gefühl, dass sie völlig antriebslos war", fügt ihr Vater hinzu. "Sie blieb im Wohnzimmer sitzen und tat nichts, sie ging auch nicht aus. Ich habe versucht, sie zu motivieren. Zur gleichen Zeit bereitete sie sich auf ihr Abitur vor, aber sie hat es dann nicht bestanden. Sie war frustriert. Ihre Freunde verspotteten sie wegen des Vorfalls."

Trotz allem, was sie durchgemacht hat, ist Siaka Fofanas Liebe zum Basketball ungebrochen - und sie hofft immer noch, dass ihre Träume in Erfüllung gehen. "Ich möchte in die USA gehen, um mein Studium fortzusetzen", sagt sie der DW. "Ich habe nicht das Gefühl, dass ich hier [in Mali] sicher genug bin. Ich möchte in den USA spielen - und ich glaube immer noch an mein Talent."

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.