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Bauern melden "Land unter"

André Moeller16. August 2002

Das Wetter spielt verrückt: Rekordregen, Hagel, viele Gewitter und wenig Sonne. Klimaexperten deuten immer neue Katastrophen als Folge der globalen Erwärmung. Nun befürchten die Landwirte riesige Gewinneinbußen.

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Schwer mitgenommen: Trauben und Rebstöcke in italienischen WeinregionenBild: AP

Was für ein Sommer: Die Temperaturen liegen zwischen 1,5 und 2,3 Grad über Normal", erläutert Meteorologin Dorothea Petzold. Doch die Sonne lässt sich nicht blicken. Im Gegenteil: Die andauernde Wärme verursacht ständig neue Gewitter. Nicht nur riesige Wassermengen, sondern auch pfirsichgroße Hagelkörner prasseln nieder. In einigen Gebieten fällt an einem Tag so viel Regen wie sonst im ganzen Monat nicht. Ein Negativrekord nach dem anderen schreibt Wettergeschichte. Die Folge: Weite Landstriche in Deutschland und Europa stehen bis zum Hals unter Wasser.

Höhe der Schäden steht noch nicht fest

Besonders hart könnte es die Bauern treffen. Weite Teile der Ernte drohen in den Wassermassen zu versinken. Vor allem bei der Getreide- und Kartoffelernte drohen den deutschen Landwirten in allen Teilen der Republik beträchtliche Ertragseinbußen.

Das bestätigte ein Sprecher des deutschen Bauernverbands auf Nachfrage von DW WORLD. Die genaue Höhe der Schäden könne aber noch nicht abschließend beurteilt werden. Aus Sicht des Bauernverbands stellen die Ernteschäden nur in Einzelfällen eine Existenzbedrohung für die Landwirte dar.

Bauern in Sorge

Trotzdem bangen die Bauern um ihre Ernte und erwarten Verluste von rund dreißig Prozent. So lange auf den Feldern "Land unter" ist, können sie nicht ernten. Außerdem befürchten sie fallende Preise durch die geringere Qualität der Ernte. Kartoffeln verfaulen während sie überschwemmt werden oder können – falls sie doch noch geerntet werden – wegen der Feuchtigkeit nicht gelagert werden. Der Sprecher des Landesbauernverbands Niedersachsen, Wolfgang Arens, sieht allein auf die Getreidebauern in Niedersachsen mehr als 100 Millionen Euro Verlust zukommen.

Während die erwarteten Ausfälle bei der Getreideernte eine starke Belastung für die Landwirte sind, werden die Geldbeutel der Verbraucher ungeschoren davon kommen. Das meint zumindest Detlef Römer von der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) in Bonn. "Selbst wenn sich die Weizenpreise auf Erzeugerebene verdoppeln würden, dürften die Brötchen kaum teurer werden", erläutert der Preisexperte. Außerdem könne die Rekord-Weizenernte in Frankreich mögliche Engpässe auf dem deutschen Markt ausgleichen.

Verhagelte Weinernte

Den Obstbauern geht es nicht besser: Kirschen, Zwetschgen und Johannisbeeren nähmen so viel Wasser auf, dass sie drohten, zu zerplatzen. In manchen Regionen seien die Ernten komplett vernichtet worden. So hat zum Beispiel Brandenburg die schlechteste Obsternte seit zehn Jahren gemeldet. Am Bodensee wurde bereits im Juni durch schwere Hagelfälle ein Teil der Obsternte vernichtet; den Weinbauern in Süddeutschland zerschlug der Hagel die Reben.

Auch die Liebhaber italienischer Weine müssen sich schon einmal auf höhere Preise für verschiedene Edeltropfen einstellen. Betroffen sind die Weinregionen in Friaul, Venetien und um den Gardasee. Vor allem die Bardolino- und Valpolicella-Lagen sowie Prosecco-Trauben sind schwer mitgenommen.

Kein gutes Jahr für Italiens Winzer

Dort ist nicht nur ein Drittel der Weinernte hinüber. Weinexperte Daniele Cernilli erläutert: "Die riesigen Hagelkörner haben nicht nur die Trauben vermatscht, sondern auch ganze Rebstöcke zerstört und aus dem Boden gerissen." Damit seien auch die nächsten Jahrgänge in Gefahr.

Damit nicht genug: Von einigen Olivenplantagen haben Regen, Sturm und Hagel nur noch Fetzen übrig gelassen. Die Schätzungen der Schäden für die italienischen Bauern reichen von rund 400 Millionen Euro bis hin zu "Milliardenschäden", wie der italienische Landwirtschaftsverband meinte. Durch Ausrufung des Notstandes will der italienische Landwirtschaftsminister Giovanni Alemanno schnelle finanzielle Hilfe für seine Bauern auf den Weg bringen.

EU soll helfen

Die deutschen Bauern fürchten unterdessen, auf hohen Einkommenseinbußen sitzen zu bleiben. Landwirtschaftsvertreter fordern angesichts der verheerenden Schäden die Politik: Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast müsse nun in Brüssel auf Hilfen für die Bauern drängen. Im Landwirtschaftsministerium wird mitgeteilt, es gebe noch keinen Überblick über das gesamte Ausmaß der Wetter-Schäden.

Der niedersächsische Bauernverband fordert Steuerstundungen für die Landwirte. So sollen die Landwirte Liquiditätsengpässe überbrücken können. Auch werde bereits mit der Europäischen Union (EU) darüber verhandelt, ohnehin bevorstehende EU-Zahlungen an die Bauern vorzuziehen.