Bauhaus global: Erfolg über Grenzen hinweg
Anfang des 20. Jahrhundert veränderte sich die Architektur: einfacher, funktionaler und schnörkelloser sollten die Bauten sein. Gebäude in der ganzen Welt wurden durch die Ideen des Bauhauses geprägt.
Von Dessau in die Welt
Licht, Luft und Leichtigkeit: diese Idee steckte hinter dem Bauhausgebäude in Dessau mit seiner Glasfassade. Walter Gropius entwarf das Gebäude der Kunst-, Design-, und Architekturschule 1925. Unter den Nationalsozialisten mussten viele Künstler des Bauhaus emigrieren und trugen ihre Ideen erfolgreich in die Welt hinaus. An vielen Orten gab es bereits ähnliche Konzepte moderner Architektur.
Niederlande
In Rotterdam eröffnete 1923 die Kaffee- und Tabakfabrik Van Nelle. Leendert van der Vlugt lieferte mit dem Bau ein Meisterwerk des Neuen Bauens in Holland. Stahlbeton, Glas und Chrom sind die Materialien, die zum Einsatz kommen und die dafür sorgen, dass das Gebäude lichtdurchflutet ist. Schon Ende der 1910er Jahre setzte in Holland mit der "De Stijl-Bewegung" die Idee einer neuen Gestaltung ein.
Tschechische Republik
Die Villa Tugendhat in Brünn ist ein stummer Zeitzeuge der Geschichte und ein Symbol des modernen Wohnens. Das Gesamtkunstwerk, das 1930 erbaut wurde, stammt von dem deutschen Architekten Ludwig Mies van der Rohe. Die reiche jüdische Familie Tugendhat bewohnte sie nur acht Jahre, bis sie 1938 flüchtete. Bodentiefe Fenster, fließende Raumübergänge machen aus der Villa ein Meisterwerk der Moderne.
Frankreich
In Frankreich sorgte Le Corbusier für den Einfluss der funktionalen Bauweise. Er schuf Wohnhochhäuser und auch Villen wie 1929 die Villa Savoye in der Nähe von Paris. Das Gebäude steht auf sogenannten Pilotis, Stützen, die der Architektur etwas Leichtes verleihen. Typisch sind die Fensterbänder und das schneckenförmige Treppenhaus sowie das Flachdach, in dem sich eine Terrasse befindet.
Polen
In nur drei Monaten Bauzeit entstanden 37 Wohngebäude in Breslau: freistehende Einfamilien-, Reihen- sowie Mehrfamilienhäuser. Einer der elf Architekten war Theo Effenberger, hier mit kubischen Wohnhäusern in schlichtem Grobputz. Unter den Nazis erhielt Effenberger Berufsverbot. 1950 wurde er zum Professor für Architektur an die Hochschule für bildende Künste in Berlin berufen.
Chile
Das Bauhaus hat auch eine lange Tradition in Chile. Schon in den 20er Jahren erreichten die ersten Informationen über das Neue Bauen das südamerikanische Land. Die reduzierten Bauten kamen gut an in Chile, das noch vom Kolonialstil dominiert war. Bald gingen die ersten chilenischen Architekten nach Weimar, um dort zu studieren. Und umgekehrt reisten Bauhaus-Lehrer nach Chile, um dort zu arbeiten.
Israel
Die größte Ansammlung von Bauhaus-Gebäuden befindet sich in Tel Aviv. Die "Weiße Stadt" wurde von jungen europäischen Bauhaus-Schülern entworfen, die vor den Nazis aus Deutschland geflohen waren. Ihre Lehrer hießen Walter Gropius oder Erich Mendelsohn. Die Architektur traf den Nerv der Zeit, denn die Exilanten wollten in Israel eine neue und egalitäre Gesellschaft gründen.
Deutschland
Das Fagus-Werk hat keine weiße Fassade. Die Fabrik, die Walter Gropius 1911 in Aalfeld baute, gilt als Meilenstein seiner Architektur. Die Fabrik entstand noch vor der Gründung des Bauhaus in Weimar und wirkt wie ein Manifest des Neuen Bauens: Horizontale Fensterflächen, klare Linien, puristische Bauweise. Gropius wollte durch mehr Licht und Luft die Arbeitsbedingungen der Arbeiter verbessern.
Ungarn
Mit 25 Studenten stellten die Ungarn, unter ihnen viele Juden, die drittstärkste Nationalitätengruppe am Bauhaus in Weimar. Architekten der modernen Avantgarde fingen an Siedlungen zu bauen. Die Wiege des ungarischen Bauhauses steht in Pécs, wo zahlreiche für das Bauhaus prägende Künstler wie Marcel Breuer oder Farkas Molnár (im Bild der Entwurf "Roter Würfel") ihr Lebenswerk schufen.
Marokko
Casablanca gilt als Stadt der weißen Häuser. Als die marokkanische Metropole Anfang des 20. Jahrhunderts rapide zu wachsen anfängt, entstehen auch zahlreiche Neubauten im Bauhaus-Stil. Manche von ihnen stehen heute leer, wie dieses Gebäude. In den 1960er-Jahren griff die Casablanca School die Synthese der Künste und das Werkstattprinzip des Bauhauses auf.
Spanien
Mies van der Rohe brachte das Bauhaus nach Spanien. Die Weltausstellung 1929 in Barcelona fand schon unter einer Militärdiktatur statt. Obwohl der Nationalsozialismus in Deutschland an Einfluss gewann, schenkte van der Rohe den Spaniern eine Ikone des demokratischen Bauens. Selbst das kleinste Details in diesem eleganten Pavillon ist durchdacht: von der Türklinke bis hin zum Marmorboden.