Bauhaus - Synthese von Kunst und Handwerk
90 Jahre Bauhaus
Das Bauhaus
Die berühmteste moderne Schule für Kunst-Design und Architektur in Deutschland wurde am 21. März 1919 in Weimar vom Architekten Walter Gropius gegründet. Er verfolgte damit seinen Traum, eine neue "Baukunst" zu erschaffen: Kunst und Handwerk sollten vereint werden. Von Anfang an waren die revolutionären Ideen des Bauhauses jedoch umstritten, es gab viele Menschen, für die die neue Hochschule zu freizügig und zu modern erschien. Streitschriften aus der deutschnationalen Ecke kritisierten besonders die Lehrer und Schüler als "links" und "internationalistisch". Frauen, die kurze Haare und lange Hosen trugen, waren nicht nur den Rechten ein Gräuel. Politisch und auch finanziell unter Druck gesetzt, siedelte das Bauhaus 1925 von Weimar nach Dessau um.
Walter Gropius
Als Paradebeispiel für die Architektur im Bauhausstil gilt das 1926 eröffnete und von Walter Gropius entworfene Hochschulgebäude in Dessau. Durch klare, schlichte Formen und mit einer nüchtern und kühl wirkenden Fassade aus Stahl und Glas passt es auch heute noch in die Zeit. Walter Gropius (1883-1969) verbreitete die Idee der Zusammenfassung der bildenden Künste unter Vorherrschaft der Architektur sowie "den neuen Bau der Zukunft" und die Einheit von ästhetisch ansprechender Form und Funktion: "Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau! ... Architekten, Bildhauer, Maler, wir alle müssen zum Handwerk zurück! ... Der Künstler ist eine Steigerung des Handwerkes." (Zitate aus Bauhaus-Manifest)
Bauhaus - Meister
Am Bauhaus war der Professor nicht mehr Professor, er war Meister und Leiter einer Werkstatt. Studenten waren keine Studenten mehr, sondern nannten sich – wie im Handwerk – Lehrling oder Geselle. Gropius gelang es, bereits bekannte Künstler, vor allem Maler und Bildhauer, für seine Idee zu begeistern und als Dozenten für das Bauhaus zu gewinnen. Viele der Lehrer, die Gropius nach Weimar und Dessau holte, gehören heute zu den berühmtesten Künstlern der Moderne: von links: Josef Albers, Hinnerk Scheper, Georg Muche, László Moholy-Nagy, Herbert Bayer, Joost Schmidt, Walter Gropius, Marcel Breuer, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Lyonel Feininger, Gunta Stölzl und Oskar Schlemmer.
Meisterhäuser
Beeindruckend sind die Häuser in der Dessauer Ebertallee. Die Wohnhäuser für die Dozenten, 1925/1926 nach den Entwürfen von Walter Gropius erbaut, vereinten wie das Bauhausgebäude konsequent und mustergültig die entwickelten Vorstellungen von Wohnen und Arbeiten. Die Meisterhäuser gelten mit ihren klaren Formen und ihrer ökonomischen Raumaufteilung nach wie vor als vorbildliches Beispiel der Bauhaus-Moderne. Grund genug für die UNESCO, die Meisterhäuser gemeinsam mit dem Bauhaus-Gebäude Ende 1996 in die Liste des Weltkulturerbes aufzunehmen.
Fagus-Werk
Als der Firmengründer der Fagus-Werke, Carl Benscheidt, 1911 dem jungen Walter Gropius den Auftrag gab, seine neue Schuhleistenfabrik zu gestalten, sprach das von ungeheurem Mut des Bauherrn und von revolutionierender Innovation der Architektur. Das von Walter Gropius und Adolf Meyer ab 1911 errichtete Werk in Alfeld an der Leine gilt als Schlüsselbau der Moderne. Den Architekten gelang es, einem mittelständischen Betrieb ein völlig ungewohntes, vom Traditionellen abweichendes Erscheinungsbild zu geben. Das Fabrikgebäude ist mit seiner repräsentativen Sachlichkeit und dem großflächigen Gebrauch von Glas auch Ausdruck eines neuen unternehmerischen Selbstbewusstseins.
Ehemaliges Arbeitsamt Dessau
Im Rahmen eines beschränkten Architekten-Wettbewerbs entwarf Gropius im Frühjahr 1928 einen halbkreisförmigen Flachbau mit entsprechender Aufteilung für einen kreuzungsfreien Publikumsverkehr. Daran schloss sich ein zweigeschossiges Verwaltungsgebäude mit einem ausgebauten Souterrain an. Das Gebäude wurde als Stahlskelettbau ausgeführt. Die Innenwände bestehen im oberen Teil aus Glas, so dass das Licht quer durch das Gebäude fluten kann. Der Innenausbau wurde zu einem großen Teil durch die Bauhauswerkstätten ausgeführt.
Henry van de Velde
Der Belgier Henry van de Velde (1863 -1957) war ein ausgesprochen vielseitig talentierter Künstler. Er prägte als Maler, Designer, Kunsttheoretiker und Reformer maßgeblich den Jugendstil in Deutschland. Sein Ziel war es, einen neuen Lebensstil zu erschaffen und bei seinen "Entwürfen für das Leben" ging er von der Idee eines Gesamtkunstwerkes aus. Eine Vision, die beste Voraussetzungen für die Gründung und Entfaltung des Bauhauses in Weimar schuf. Der Jugendstilbau van de Veldes besticht durch große Atelierfenster und eine markant geschwungene Treppe.
Neue Formensprache
In die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO ist auch die 1911 errichtete Gründungsstätte des Bauhauses, das heutige Hauptgebäude der Bauhaus-Universität Weimar, aufgenommen worden. Maßgebend für das Bauhaus-Design ist die Effizienz und Nützlichkeit eines Produktes. Ästhetik und künstlerischer Ausdruck sollen ausschließlich von der Funktion des Produktes geprägt sein.
Lyonel Feininger
1919 berief Gropius als ersten Bauhaus-Meister den Maler und Karikaturisten Lyonel Feininger (1871-1956) nach Weimar. Eine Mappe mit Linolschnitten von Feininger wurde als erste Bauhaus-Veröffentlichung herausgegeben. Feininger folgte dem umgesiedelten Bauhaus von Weimar nach Dessau und lebte seit 1926 mit seiner Familie in einem der "Meisterhäuser". In Dessau gab Feininger auf eigenen Wunsch alle Lehrverpflichtungen am Bauhaus auf, blieb aber bis 1932 auf Drängen Walter Gropius' weiterhin "Meister". Von den Nationalsozialisten wurden Feiningers Werke zur "Entarteten Kunst" erklärt. Im Sommer 1937 emigrierte Feininger in die USA, wo er als freier Maler arbeitete.
Paul Klee
Paul Klee (1879-1940) wirkte seit 1921 als Meister am Bauhaus in Weimar und Dessau, verlies das Bauhaus aber 1930. Im Jahr 1924 gründete Klee – im Andenken an den "Blauen Reiter" – in Weimar zusammen mit Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky und Alexej von Jawlensky die Künstlergruppe "Die Blaue Vier". Klee nahm über seinen Gestaltungsunterricht direkten Einfluss vor allem auf das Formenvokabular der Weberei. 1937 wurden in Deutschland 102 seiner Werke als "entartet" beschlagnahmt.
Steckpüppchen
Nach ihrer Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Erfurt von 1921 bis 1925 nahm Margaretha Reichardt 1926 ein Studium am Bauhaus Dessau (Hochschule für Gestaltung) auf. Aus dieser Zeit sind von der Künstlerin Steckpüppchen und figürliche Elemente aus Holz erhalten geblieben. Seit 1933 betrieb Margaretha Reichardt (1907-1984) in Erfurt eine Handweberei-Werkstatt, bildete über 50 Weber aus und vermittelte eine geistig-kulturelle Bildung im Sinne des Bauhauses.
Triadisches Ballett
Das "Triadische Ballett" ist ein experimentelles Ballett von Oskar Schlemmer, einem deutschen Maler, Bildhauer und Bühnenbildner. Es entstand Anfang der 1920er-Jahre am Bauhaus in Weimar und wurde am 30. September 1922 in Stuttgart erstmalig aufgeführt. Schlemmer (1888-1943) thematisierte in seinen Werken in erster Linie die Stellung der menschlichen Figur im Raum.
Kinderwiege
Peter Keler (1898-1982) war deutscher Grafiker, Möbelgestalter und Architekt am Bauhaus. Von Keler entworfene Möbel werden noch heute hergestellt: z.B. der Sessel "D 1/3" und die "Wiege nach Wassily Kandinsky", die zu einer der Ikonen des Bauhauses wurde.
Stahlrohrmöbel
Marcel Lajos Breuer (1902-1981) wurde 1925 zum Jungmeister und Leiter der Möbelwerkstatt am Bauhaus Dessau ernannt. Im selben Jahr entwarf er den ersten Stahlrohrstuhl B5 und einen Stahlrohrhocker. Da die Rechte an seinen im Bauhaus entstandenen Möbeln umstritten waren, kam es zur "Breuerkrise", die aber 1927 von Gropius beigelegt wurde. Mit den von ihm entwickelten Stahlrohrmöbeln und Einrichtungen trug Breuer zu einer neuen, modernen Vorstellung des Wohnens bei. Er wurde damit zu einem der bedeutenden Möbelgestalter und Innenarchitekten des 20. Jahrhunderts.
Wasserkessel
Wilhelm Wagenfeld (1900-1990), der Gestalter des Wasserkessels, wurde 1929 Leiter der Metallwerkstatt des Bauhauses. Wagenfeld trat für eine kompromisslose Durchsetzung des Qualitätsgedankens bei Industrieerzeugnissen ein. Er schuf vorbildliche Entwürfe für Glas, Metall und Porzellan.
Leuchten und Lampen
Von Wilhelm Wagenfeld entstand 1924 in den Bauhaus-Werkstätten der Entwurf für die Lampe WG24. Die zeitlose Tischleuchte mit der halbkugelförmigen Glasglocke ist als "Wagenfeld- oder Bauhaus-Leuchte" bekannt geworden. Sie ist bis heute einer der bekanntesten Wagenfeld-Entwürfe.
Bauhausteppich
Gunta Stölz (1897-1983), deutsche Weberin und Textildesignerin, gilt als bedeutende Vertreterin der Bauhaus-Kunst. Die Künstlerin verband in Entwurf und Lehre modernes Design mit solidem Handwerk, wie es die Programmatik des Bauhauses in seiner Anfangszeit forderte. In der technisch-konstruktiven Phase des Bauhauses gelangte Stölzl zu der von Gropius geforderten Einheit von Zweck und Ästhetik, die die Textilwerkstatt zu einem florierenden Produktivbetrieb machten.
Metallisches Fest
Nachgebildete Installation einer Dekoration zum "Metallischem Fest" von 1929. Mit verspiegelten Glaskugeln waren 1929 das Foyer und andere Räume des Bauhauses während des traditionellen Bauhausfestes geschmückt.
Max Bill
Max Bill (1908-1994) war ein Schweizer Architekt, Künstler und Designer. In den Jahren 1927 und 1928 studierte er am Bauhaus in Dessau Architektur. Max Bill widmete sich auch der plastischen Kunst, in der er ausgewählte Grundthemen immer wieder in neuen Variationen schuf. Dabei achtete er auf den objektiven Charakter der dreidimensionalen Werke und vermied die individuelle Note. Die verchromte Messingplastik trägt den Namen "kern aus doppelungen".
Bauhaus Archiv Museum für Gestaltung
Das Museumsgebäude in Berlin, gebaut in den Jahren 1976 bis 1979, ist ein Spätwerk von Walter Gropius. Die markante Silhouette des Museums ist heute eines der Wahrzeichen der Stadt. Jedem Interessierten steht die weltweit umfangreichste Sammlung zur Geschichte der Bauhaus-Schule und zu allen Aspekten ihrer Arbeit offen. Kaum einem fällt in Deutschland heutzutage noch auf, wie nachhaltig die Ideen der Bauhaus-Meister die Dinge unseres Alltags prägen: Glasfassaden, klassische Lampen in der Kneipe oder Freischwinger im Wartezimmer des Arztes sind längst zur Normalität geworden. (Christel Becker-Rau / Anne Clauberg)