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Bayern ruft nach "Law and Order"

Fabian van der Mark, Berlin27. Juli 2016

Nach den Gewalttaten von Würzburg, München und Ansbach will die bayerische Landesregierung mehr in die öffentliche Sicherheit investieren. Doch die Ankündigungen von Ministerpräsident Hort Seehofer sind umstritten.

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Angela Merkel und Horst Seehofer (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa/R. Hirschberger

Die Klausurtagung am schönen Tegernsee war lange geplant. Die Tagesordnung wurde aber von den Ereignissen eingeholt. Ein Axtangriff, ein Selbstmordanschlag und ein Amoklauf innerhalb einer Woche bringen den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) zu der Aussage, dass die Sicherheitslage in seinem Bundesland "ernst und bedrohlich" sei. Gleichzeitig kündigt er an, Bayern werde "alles Erdenkliche tun", um seine Bürger zu beschützen.

Seehofer sieht jetzt die Zeit für "Law and Order" - also für Recht und Ordnung - und verbindet seine Forderungen Mal mit deutlichen, Mal mit versteckten Vorwürfen in Richtung Bundeskanzlerin. Eigentlich hatten Seehofer und Merkel gerade das Kriegsbeil begraben. Der Streit um eine Obergrenze bei den Flüchtlingszahlen hatte sich nach dem Abkommen mit der Türkei erübrigt.

Die Verbrechen der letzten Tage aber haben die alte Wunde wieder aufgerissen. Der Ministerpräsident sieht sich im Nachhinein bestätigt, was die Sicherheitsrisiken der bisherigen Flüchtlingspolitik betrifft. Und während Berlin zur Besonnenheit rät, will der Bayer handeln.

Mehr Polizei, Soldaten und Spezialkräfte

Die Liste des Erdenklichen ist entsprechend lang. Die Bayerische Staaatsregierungwill mehr Polizisten einstellen und besser ausstatten - so ist von Titan-Helmen, die Kalaschnikow-Beschuss stand halten, die Rede. Genauere Angaben, wie viele Beamte eingestellt werden sollen, machte Seehofer nicht.

Auch vom Bund und den anderen Ländern erwartet Bayern, dass mehr Polizisten eingestellt werden. Im Kampf gegen Extremisten und Terroristen will Bayern den Verfassungsschutz stärken und die elektronische Fußfessel für sogenannte Gefährder einführen.

Die Bundeswehr soll auch im Inland eingesetzt werden, und zwar nicht nur wie bislang geregelt im Katastrophenfall, sondern auch zur Grenzsicherung. "Es darf sich nicht noch einmal wiederholen, dass viele tausend Flüchtlinge über Monate unkontrolliert und unregistriert nach Deutschland einreisen können“, heißt es in einem Strategiepapier.

Abschiebungen in Kriegsgebiete?

Die Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik ist dabei unschwer erkennbar. Statt "Willkommenskultur" fordert die bayerische Landesregierung jetzt eine härtere Gangart gegenüber Flüchtlingen.

Die gerade wieder eingeübte Zurückhaltung gegenüber der Kanzlerin legt der bayerische Ministerpräsident ab: "Ich bin da jetzt nicht mehr bereit, nur um des Friedens willen einfach die Dinge nicht so zu behandeln, wie sie behandelt werden müssen in einem Rechtsstaat“, so Seehofer.

Bundeswehr-Soldat registriert Flüchtlinge in Erding, Bayern (Foto: picture-alliance/dpa/A.Weigel)
Nach dem Willen von Seehofer sollen Bundeswehr-Soldaten künftig nicht nur bei der Registrierung von Flüchtlingen mithelfenBild: picture-alliance/dpa/A.Weigel

Deshalb will Bayern Flüchtlinge ohne Ausweis an der Grenze aufhalten und Asylbewerber, die bereits im Land sind, genauer überprüfen. Auch die Unterkünfte von Flüchtlingen will die Landesregierung schärfer kontrollieren.

Bayerns Innenminister Herrmann fordert zudem konsequentere Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern: "Auch die Abschiebung in Krisengebiete darf kein Tabu sein."

München drängt, Berlin wartet ab

Die Bundesregierung wollte sich am Tag nach den Äußerungen Seehofers nicht direkt zu den Vorhaben aus Bayern äußern. Man warte jetzt erst einmal ab, was sich die Bayerische Staatsregierung genau vorstelle, hieß es in Berlin.

Dann zählt ein Sprecher des Bundesinnenninisters all das auf, was Deutschland bereits tut, um im Kampf gegen den internationalen Terrorismus für Sicherheit zu sorgen und bemerkt trocken: "Es ist ja nicht so, als hätten wir bisher nichts getan."

Kritik an den bayerischen Plänen kommt bereits von Amnesty International: "Kein Mensch darf in ein Land abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit gefährdet sind," sagt eine Sprecherin.

Von übereilten Antworten auf die aktuellen Sicherheitsfragen rät auch der Generalbundesanwalt ab. Auch der Innenminister von Niedersachsen, Boris Pistorius (SPD), empfiehlt eine besonnene Reaktion: "Alles andere ist Aktionismus und hilft im Zweifelsfall den Tätern, weil wir den Eindruck erwecken, wir hätten die Lage nicht im Griff."

Was die Bundeskanzlerin zu den Vorschlägen Seehofers und der wieder aufflammenden Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik sagt? Am Donnerstag um 13 Uhr wird Angela Merkel sich auch dazu äußern - in einer spontan einberufenen Presse-Konferenz in Berlin.