Bayern und Barça im Viertelfinale
16. März 2016"Italienische Mannschaften verlieren nie den Kopf", hatte Bayerns Torjäger Robert Lewandowski bei der Pressekonferenz vor dem Achtelfinal-Rückspiel gegen Juventus Turin felsenfest behauptet. Doch er sollte sich irren: Trotz einer 2:0-Führung, bester Möglichkeiten und noch dazu einer zum Teil besorgniserregend schwachen Leistung seines FC Bayern München ließ sich Juventus Turin verunsichern und gab das Spiel noch aus der Hand. Am Ende hieß es 4:2 (2:2, 0:2) nach Verlängerung für die Bayern, die damit den Einzug in das Viertelfinale schafften. "Wir haben uns in der Halbzeit gesagt, dass wir noch 45 Minuten Zeit haben und dass wir kein drittes Tor mehr kassieren dürfen", verriet FCB-Kapitän Philipp Lahm später im Interview mit dem Fernsehsender ZDF. "Das schweißt uns zusammen. Es war ein unglaublicher Abend." Im Hinspiel hatten sich beide Teams in Italien mit 2:2 getrennt.
In einem hoch dramatischen Spiel sorgten ausgerechnet die erst spät eingewechselten Spieler Thiago Alcantara und Kingsley Coman mit einem Doppelschlag in der 108. und 110. Minute für die viel umjubelte Entscheidung. Thomas Müller hatte den FCB mit seinem Treffer in der Nachspielzeit der regulären Spielzeit in die Verlängerung geschossen. "Großes Kompliment. Gegen eine italienische Mannschaft nach 0:2-Rückstand noch vier Tore zu schießen, das ist unglaublich", freute sich Trainer Pep Guardiola.
Katastrophenstart in München
Guardiola hatte eigentlich das beste Personal zur Verfügung, einzig Arjen Robben musste wegen muskulärer Probleme passen. Für ihn kam Franck Ribéry ins Spiel. Auf der Bank schmorte dagegen der zuletzt überragende Thiago. Bei Juve fehlten dagegen einige Stammspieler, darunter Torjäger Paulo Dybala. Dennoch kam es, wie sie es in München unbedingt verhindern wollten: Juve machte das frühe Tor. David Alaba konnte den Ball, den Sami Khedira scharf in den Strafraum passte, nicht kontrollieren. Stephan Lichtsteiner, der genau auf solch einen Fehler gewartet hatte, bediente Paul Pogba und der schob ins leere Tor ein (6. Minute). Manuel Neuer war zuvor aus dem Kasten gestürmt. Ein Schock, den der deutsche Rekordmeister nicht zu verkraften schien: Fortan bekam man den Eindruck, dass auch die Bayern Nerven haben. Sogar Weltmeister, Routinier und FCB-Kapitän Philipp Lahm griff zu ungewohnt rabiaten Mitteln und leistete sich mehrere Fouls.
Neuer unterliefen ebenfalls Patzer: Einen Rückpass klärte der Welttorhüter genau auf Sami Khedira, der den Ball gleich auf Alvaro Morata weiterpasste. Der hob den Ball über Neuer ins Tor, doch Schiedsrichter Jonas Eriksson entschied auf als Abseits - eine zumindest zweifelhafte Entscheidung. Morata ließ sich davon aber nicht beirren, legte wenig später ein spektakuläres Dribbling aufs Parkett, sah und bediente dann den mitgelaufenen und völlig frei stehenden Juan Cuadrado. Der ließ ganz besonnen den nächsten Bayern-Spieler (Lahm) aussteigen und schob den Ball an Neuer vorbei zum 2:0 ins Tor (28.). "Es war natürlich nicht alles perfekt, wir haben dem Gegner Geschenke gemacht", räumte Neuer ein. "Wir haben uns dann in die Verlängerung gerettet und gezeigt, dass wir in der Lage sind, Fußball zu spielen." Wie die Bayern im Hinspiel dominierten die Italiener scheinbar uneinholbar die Partie. Die erste Szene, die ahnen ließ, dass der Abend doch noch nicht entschieden war, ereignete sich in der 42. Minute: Eine Doppelchance durch Thomas Müller und Robert Lewandowski, die das Publikum wieder zu Anfeuerungsrufen anstachelte. Nur eine Minute später wahrte Neuer die Chance auf das Weiterkommen mit einer Glanzparade.
Juve presst, Bayern trifft
Nach dem Seitenwechsel das gleiche Bild: Juve stellte sich keineswegs hinten rein, sondern versuchte es weiter mit der offensiven Taktik und aggressiven Pressing. Das Spiel wurde ruppiger, es gab viele kleine Fouls, Lewandowski ließ sich auf einige Diskussionen mit dem Schiedsrichter ein. Die größeren Chancen hatte Juve: Morata nutzte einen weiteren Fehler von Alaba in der 56. Minute, brachte dann aber nur ein Schüsschen zustande. Bei den Bayern fehlte die Präzision, die Spritzigkeit und auch die Robustheit in den Zweikämpfen - die Defensive bot zudem eine verheerende Leistung. Morata dribbelte sich ein ums andere Mal an seinen Gegenspielern vorbei, die das nicht einmal durch ein (taktisches) Foul unterbanden.
Dennoch kam nun der Gastgeber zum Torerfolg: Die gefühlt 100. Flanke von Douglas Costa fand endlich den Kopf Lewandowskis, der zum 1:2 einnickte (78.). Plötzlich war die Partie wieder offen. Bayern mit einer veränderten Körpersprache war plötzlich wieder da, kam zu Torchancen - auch, weil Guardiola zehn Minuten vorher den Offensivmann Kingsley Comam eingewechselt hatte. Der Joker stach dann auch als Vorbereiter in der Nachspielzeit: Seine Flanke verwandelte Müller ebenfalls per Kopf zum so wichtigen 2:2, das zur Verlängerung führte.
FC Barcelona mühelos weiter
Im Parallelspiel demontierte der FC Barcelona den FC Arsenal mit einem 3:1 (1:0)-Heimsieg. Die Treffer für den Titelverteidiger steuerte das Trio infernale um Neymar (18.), Luis Suárez (65.) und Lionel Messi (88.) bei. Das Hinspiel hatten die Katalanen bereits mit 2:0 gewonnen. Barça steht nun zum neunten Mal in Folge in der Runde der letzten Acht und darf weiter vom Triple träumen.
Der FC Bayern und der FC Barcelona folgen damit den anderen sechs Viertelfinalisten in die nächste Runde. Im Lostopf am Freitag sind dann außerdem noch Manchester City, Real Madrid, Atlético Madrid, Paris Saint Germain, Benfica Lissabon und der VfL Wolfsburg. Die Auslosung erfolgt ohne Beschränkungen. Das heißt, dass auch der FC Bayern und der VfL Wolfsburg aufeinander treffen könnten.
Den Liveticker des Bayernspiels gegen Juve zum Nachlesen gibt es hier. Alle Ergebnisse der Champions League im Überblick finden Sie hier.