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PolitikBelarus

Belarus: Lukaschenko begnadigt politische Häftlinge

4. September 2024

Rund vier Jahre nach der Niederschlagung von Massenprotesten gegen seine umstrittene Wiederwahl hat der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko 30 Menschen begnadigt, die nach den Protesten verurteilt worden waren.

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Der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko
Der belarussische Staatschef Alexander LukaschenkoBild: Sergei Savostyanov/AFP/Getty Images

Wie das Büro des Staatschefs von Belarus mitteilte, wurde sieben Frauen und 23 Männern ihre Strafe erlassen. Der Schritt sei eine "humane Geste gegenüber diesen Menschen". Die meisten von ihnen sind demnach Eltern von minderjährigen Kindern.

Die Begnadigten hätten "einen Antrag auf Begnadigung gestellt, ihre Schuld eingestanden, aufrichtig Buße getan und versprochen, ein gesetzestreues Leben zu führen", hieß es vom Präsidialamt in Minsk weiter. "Sie haben die Chance erhalten, zum normalen Leben, zu ihren Familien und zur Arbeit zurückzukehren", zitierte die Nachrichtenagentur Belta den Langzeit-Präsidenten.

Alexander Lukaschenko, der das Land seit 1994 mit harter Hand regiert, hatte bereits Mitte August 30 Gefangene begnadigt, die nach offiziellen Angaben an "schweren Krankheiten" oder Altersgebrechen litten und die ebenfalls wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen verurteilt worden waren. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Wjasna wurden zudem im Juli 20 weitere Menschen nach Verbüßung ihrer Haftstrafen freigelassen und 18 weitere "begnadigt oder ausgetauscht". Zu den bisher Freigelassenen gehören kranke und ältere Menschen, von denen sich einige ohnehin dem Ende ihrer Haftstrafe näherten.

Aktivisten sehen keinen Kurswechsel

Im Exil lebende Regierungsgegner begrüßten die jüngsten Freilassungen, erklärten aber auch, dies signalisiere keinen Kurswechsel. Wjasna wies darauf hin, dass die Zahl der Strafverfolgungen steige und nicht sinke. Im Juli seien mindestens 170 Personen wegen politisch motivierter Taten verurteilt worden. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten sind in Belarus etwa 1400 Menschen im Gefängnis, weil sie sich gegen den seit 30 Jahren amtierenden Präsidenten ausgesprochen hatten. Tausende Bürger haben zudem das Land verlassen.

Nachdem Lukaschenko nach der letzten Präsidentenwahl im Jahr 2020 den Sieg für sich beansprucht hatte, brachen Massenproteste aus. Danach verschärfte der 70-Jährige seine Gangart gegen Demonstranten und Regierungsgegner. Nach Angaben der Opposition und von westlichen Regierungen waren die Wahlen manipuliert.

Wachsende Sorge um Kolesnikowa

Erst Ende August hatte die belarussische Opposition wegen des Gesundheitszustands der schwer kranken inhaftierten Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa Alarm geschlagen. "Die Informationen, die wir über Maria Kolesnikowa von ihren Mitgefangenen erhalten, sind alarmierend", erklärte die im Exil lebende Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja im Onlinedienst X. Der Gefängnisverwaltung warf sie "mittelalterliche Grausamkeiten" und einen "Mord auf Raten" vor.

Swetlana Tichanowskaja (rechts) und Tatsiana Khomich mit einem Foto ihrer inhaftierten Schwester Maria Kolesnikowa bei der Verleihung des Karlspreises in Aachen 2022
Bei der Verleihung des Karlspreises in Aachen 2022: Swetlana Tichanowskaja (r.) mit Tatsiana Khomich, die ein Foto ihrer inhaftierten Schwester Maria Kolesnikowa hältBild: Bernd Thissen/dpa/picture alliance

Tichanowskaja zufolge hat sich Kolesnikowas Gesundheitszustand rapide verschlechtert. Die 42-Jährige wiege nur noch 45 Kilogramm. Die Oppositionspolitikerin werde "ausgehungert" und "unter schrecklichen Bedingungen in ständiger Isolation gehalten", schrieb Tichanowskaja weiter. Ihr zufolge befinden sich mehr als 200 politische Gefangene in Belarus "in einem lebensbedrohlichen Gesundheitszustand".

Prominente Regierungskritikerin

Kolesnikowa gehört zu den bekanntesten Gesichtern der Opposition in Belarus. Sie hatte an der Seite von Tichanowskaja die Massenproteste gegen Lukaschenko im Jahr 2020 angeführt. Als eine der wenigen führenden belarussischen Oppositionellen entschied sich Kolesnikowa gegen die Flucht ins Exil. 2021 wurde sie zu elf Jahren Haft verurteilt. Ihr wurde unter anderem "Verschwörung zur Machtergreifung" vorgeworfen.

Nach Angaben ihrer Unterstützer leidet die Aktivistin unter schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen. Im November 2022 wurde sie nach Angaben von Wjasna notoperiert. Anderen Inhaftierten ist jeder Kontakt mit Kolesnikowa verboten. Seit mehr als einem Jahr hat sie auch keinen Kontakt mehr zur Außenwelt: Anrufe, Briefe oder Besuche sind ihr untersagt.

kle/wa (afp, rtr)