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Belgien

2. Dezember 2011

Mehrere zehntausend Menschen haben in Brüssel gegen die angekündigten Reformpläne der neuen belgischen Regierung protestiert. Nach Meinung der Protestierenden gehen die Sparpläne vor allem zu Lasten der Geringverdiener.

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Zehntausende legten Teile der Brüsseler Innenstadt lahm. Foto: picture alliance/dpa
Zehntausende legten Teile der Brüsseler Innenstadt lahmBild: picture-alliance/dpa

In Belgien sind am Freitag (02.12.2011) zehntausende Bürger aus Protest gegen die angekündigten Sparmaßnahmen der kommenden Regierung auf die Straße gegangen. In der Brüsseler Innenstadt kam der öffentliche Nahverkehr in weiten Teilen zum Erliegen. Nach unterschiedlichen Angaben gingen zwischen 40.000 und 80.000 Demonstranten auf die Straßen. "Es ist proppenvoll", sagte eine Sprecherin der Gewerkschaft FGTB, welche gemeinsam mit weiteren Gewerkschaften zur "nationalen Demonstration" aufgerufen hatte.

Das vereinbarte Sparpaket sei undurchdacht und ungerecht, erklärte die Gewerkschaft CGLSB. Anne Delemenne, Generalsekretärin der FGTB, präzisierte, dass die Kürzungen zu Lasten der sozial Schwächeren gingen: "Wir haben genug für die Fehler der Banker bezahlt. Anstatt Arbeitslosenhilfe zu verringern, müssten die Boni der Händler und die Dividenden der Aktionäre reduziert werden." Ihrer Meinung nach sei Belgien "ein Paradies für die Vermögenden geworden, und eine finanzielle Hölle für diejenigen, die früh aufstehen."

Der Vorsitzende des belgischen Arbeitgeberverbandes FEB, Rudi Thomaes, sieht die Proteste dagegen kritisch. Der von der kommenden Regierung vereinbarte Haushalt sei "ausgeglichen" und enthalte "wirklich harte Maßnahmen für alle". Die Kaufkraft der Arbeitnehmer sei von den Beschlüssen nicht berührt, führte er im Radiosender RTBF an.

Regierung will ein Zehntel des Haushalts kürzen

Belgiens neuer Regierungschef Elio Di Rupo. Foto: AP
Belgiens neuer Regierungschef Elio Di RupoBild: AP

Die neue belgische Regierung unter Leitung des Sozialisten Elio di Rupo will bis Ende 2012 insgesamt 11,3 Milliarden Euro einsparen, das ist rund ein Zehntel des belgischen Haushalts. Dadurch soll das Staatsdefizit unter die in den EU-Verträgen vorgeschrieben drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedrückt werden. Die designierte Regierungskoalition aus Sozialisten, Christdemokraten und Liberalen plant unter anderem Arbeitsmarkt- und Rentenreformen. Auf die Bürger kommen dadurch Kürzungen bei den Leistungen für Arbeitslose sowie Beschränkungen bei Vorruhestandsregelungen zu. Das "umfassende Abkommen" sieht jedoch auch Abgaben auf Aktiengeschäfte sowie Extrasteuern für höhere Einkommen vor.

Die zerstrittenen politischen Lager hatten sich erst Mitte der Woche auf eine Regierungskoalition einigen können, nachdem das Land seit den Wahlen 2010 für 535 Tage unter kommissarischer Verwaltung gestanden hatte. Der Durchbruch gelang Beobachtern zur Folge vor allem, weil die Ratingagentur Standard & Poor's mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Landes den Druck auf die Politiker erhöht hatte. Belgien ist unter dem Strich zwar immer noch ein reiches Land mit viel Privatvermögen. Doch die Zinsen für langfristige Staatsanleihen stiegen in den vergangenen Monaten erheblich - auch wegen der chaotischen politischen Lage.

Ob mit der neuen Regierung wieder etwas Ruhe auf dem belgischen Finanzmarkt einkehrt, bleibt abzuwarten. Die Staatsverschuldung hat fast hundert Prozent der Wirtschaftsleistung erreicht, erlaubt sind in Europa höchstens sechzig Prozent. Um das Defizit in absehbarer Zeit abbauen zu können, werden die von den Protestlern beklagten einseitigen Sparmaßnahmen wohl nicht ausreichen.

Autor: Florian Meyer (rtr, dapd, dpa, afp)
Redaktion: Martin Schrader