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Berlin: Speed-Dating für afrikanische Start-ups

Daniel Pelz
27. Oktober 2017

Der Bund will afrikanische Jungunternehmer stärker fördern. So sollen Arbeitsplätze für junge Afrikaner entstehen. Bei der Start-up-Night Afrika im Wirtschaftsministerium warben acht Unternehmer um Investoren.

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Startup Night Afrika Berlin
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries bei der Eröffnung der Startup-Night

Als Brenda Katwesigye vor einigen Jahren eine neue Brille brauchte, kam der Schock: 180 US-Dollar sollte sie kosten. "Obwohl ich damals krankenversichert war, musste ich noch zuzahlen. Ich habe mich gefragt, wie sich Menschen eine Brille leisten sollen, die nicht so gut verdienen wie ich", erzählt die Jungunternehmerin aus Uganda.

Aus dem Schock entwickelte sie eine Geschäftsidee: WaziVision. Per App können potenzielle Kunden ihre Sehstärke messen und die Daten an WaziVision schicken. Dann bekommen sie eine Brille - fast 80 Prozent billiger als im Laden, verspricht Brenda Katwesigye. Im vergangenen November begann die Produktion. 500 Brillen hat WaziVision nach eigenen Angaben bisher verkauft.

Drei Minuten, um zu überzeugen

"Wir brauchen Partner, die uns helfen, zu wachsen. Hier ist Deutschland, alles ist möglich", sagt die Firmenchefin lachend. Sie hofft vor allem auf technische Unterstützung. Denn die App soll die Sehstärke mit einer Genauigkeit von 90 Prozent messen. Daran hapert es aber noch. Wie viel Gewinn ihr Unternehmen macht und wie ein deutscher Partner finanziell von einem Engagement profitieren könnte - bei diesen Fragen bleibt Brenda Katwesigye allerdings ausweichend: "Das kommt darauf an, wie viel Geld der deutsche Partner will. So etwas müssen wir konkret aushandeln", sagt sie.

Startup Night Afrika Berlin
Die ugandische Jungunternehmerin Brenda Katwesigye stellt ihr Startup "WaziVision" vor

Bei der Start-up-Night Afrika im Wirtschaftsministerium hat sie genau drei Minuten Zeit für die Partnersuche. So lange kann Katwesigye ihr Start-up auf der Bühne vorstellen - genau wie sieben andere Start-up-Vertreter aus Afrika. Rund 400 Gäste sind gekommen, im Publikum dominieren dunkle Anzüge und Businesskostüme. Neben Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries sitzen dort auch Vertreter großer Firmen wie Siemens, Merck und Airbus. Der Applaus für die afrikanischen Start-up-Vertreter ist freundlich. Doch Fragen an sie gibt es fast keine.

Start-ups sollen dringend benötigte Jobs schaffen

Zypries' Ministerium hat einen Finanzierungsfonds für die Förderung afrikanischer Start-ups aufgelegt. "Ich glaube, dass in den Start-ups eine richtige Chance für den Kontinent liegt. Daher wollen wir sie fördern", sagt Zypries im DW-Interview. "Es sind die jungen Leute, die im hohen Maße arbeitslos sind. Sie bekommen über die Selbständigkeit eine Chance, einen Job zu finden." Die Rechnung ist simpel: 440 Millionen junge Afrikaner werden bis 2030 auf den Arbeitsmarkt drängen. Start-ups sind eine Möglichkeit, um Perspektiven für sie zu schaffen. Nun hofft die Ministerin, dass die anwesenden Jungunternehmer auch ihren Traumpartner aus Deutschland finden.

Startups aus Afrika erobern die Welt

Bei Brenda Katwesigye hat das möglicherweise schon geklappt. Mit der Investmentfirma GreenTec aus Frankfurt hatte sie schon vor der Start-up-Night eine Zusammenarbeit vereinbart. Firmenchef Eric Yong findet das Geschäftsmodell prima: "Der Markt für Brillen in Afrika ist riesig. Wenn man günstige Brillen verkauft, kann man trotz der geringen Gewinnmargen viel Geld verdienen", sagt er. Mit fünf Start-ups in elf Ländern arbeitet GreenTec bereits zusammen. Ihr nächstes Ziel: Ein Investmentfonds, mit dem deutsche Anleger in afrikanische Start-ups investieren können. Bald würden auch große Private-Equity-Firmen anfangen, in afrikanische Start-ups zu investieren, prophezeit Yong. Vor allem zwei Dinge suchten die afrikanischen Firmengründer in Europa: Kapital und technische Hilfe.

Viele Hoffnungen, wenig greifbare Ergebnisse

Auch internationale Großunternehmen haben ein Auge auf Afrikas Start-ups geworfen. Siemens arbeite bereits mit zwei jungen Firmen in Südafrika und Äthiopien zusammen, erzählt Rita Nkuhlu, die Afrika-Chefin des Unternehmens. "Wir installieren sehr viel Technik, die in Afrika bleiben soll. Die Zusammenarbeit mit den Start-ups ist wichtig, zum Beispiel um einen hochwertigen After-Sales-Service gewährleisten zu können."

Uganda Start Ups
In Ländern wie Uganda gibt es sogar eigene Startup-Messen - für Krisenländer wie den benachbarten Südsudan im Moment undenkbarBild: DW/S. Schlindwein

Trotz der großen Hoffnungen und freundlichen Worte: Ein Selbstläufer sind die afrikanischen Start-ups nicht. Brenda Katwesigye von WaziVision hat das bereits erfahren. Sie hatte schon einmal eine Firma gegründet, die aber keinen Erfolg hatte. Ob die Firmen die vielen erhofften Arbeitsplätze schaffen werden, kann noch niemand mit Sicherheit sagen. WaziVision beschäftigt derzeit fünf Vollzeit- und acht Teilzeitkräfte.

Zudem gibt es in vielen afrikanischen Ländern kaum Möglichkeiten für Start-ups, richtig Geld zu verdienen: Die afrikanischen Unternehmensvertreter bei der Start-up-Night kommen aus Nigeria, Südafrika, Uganda und Ghana. Hier gibt es eine zahlungskräftige Mittelschicht. Dass ihre Geschäftsmodelle in bettelarmen Krisenstaaten wie dem Südsudan oder der Zentralafrikanischen Republik funktionieren, ist dagegen unwahrscheinlich.