Berlins Polizeipräsident muss gehen
26. Februar 201814 Monate nach dem Anschlag am Breitscheidplatz muss der Berliner Polizeipräsident Klaus Kandt seinen Posten räumen. Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte, er habe Kandt in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. "Ich muss die Behörde von den Debatten der Vergangenheit befreien".
Die Aufarbeitung des Terrorverbrechens brachte zahlreiche Pannen im Umgang mit dem späteren Attentäter Anis Amri ans Licht. "Keiner dieser Punkte hat allein dazu geführt, dass ich diese Entscheidung treffe", sagte Geisel mit Blick auf das Attentat und andere Probleme der Berliner Polizei.
"Meine Behörde ist gut aufgestellt"
Michael Krömer, bisher Chef der Polizeidirektion 5, wird ab März das Präsidium kommissarisch leiten. Geisel sagte, er hoffe bis Mitte April einen offiziellen Nachfolger berufen zu können. Kandts Stellvertreterin Margarete Koppers soll ebenfalls ab März die Behörde verlassen - und Berlins Generalstaatsanwältin werden. Dann sei der Weg frei für eine neue Doppelspitze, so der Innensenator.
"Das ist ein brutaler Angriff auf die Unabhängigkeit der Polizei", kritisierte der CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Florian Graf, Kandts Abgang. Er vermutete "politische Gründe" hinter der Entscheidung. "Klaus Kandt passte vielen in der rot-rot-grünen Koalition schon lange nicht in den Kram." Allerdings hatte auch die Berliner FDP wegen der Pannen im Fall Amri Kandts Rücktritt gefordert.
Kandt selbst übte ebenfalls Kritik an Geisels Entscheidung. „Mich hat das sehr überrascht - meine Behörde ist gut aufgestellt, wir stehen finanziell gut da", sagte der 57-Jährige der Tageszeitung "Die Welt". Der abgelöste Polizeichef war Ende 2012 von der Hauptstadtdirektion der Bundespolizei gekommen.
Der tunesische Attentäter Amri war im Dezember 2016 mit einem gekaperten Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gerast. Bei dem bislang schwersten islamistischen Anschlag auf deutschem Boden wurden zwölf Menschen getötet.
In den Landesparlamenten von Berlin und Nordrhein-Westfalen gehen Untersuchungsausschüsse der Frage nach, warum der als islamistischer Gefährder bekannte Amri nicht rechtzeitig festgenommen und abgeschoben wurde. Auch der Bundestag steht vor der Einsetzung eines solchen Ausschusses.
Affäre um marode Polizei-Schießstände
Die Versäumnisse im Fall Amri waren aber nicht der einzige Grund für Kritik an Kandt. Gegen den Polizeipräsidenten wurden auch Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet. Hintergrund ist eine Affäre um marode Polizei-Schießstände. Mehrere Beamte sollen durch Schadstoffrückstände an den Ständen zum Teil schwer erkrankt sein.
Überdies musste sich Kandt wegen Vorgängen an der Polizeiakademie erklären, wo sich Ausbilder über Disziplinlosigkeit von Polizeianwärtern und kriminelle Bewerber beschwert hatten. Und schließlich machten Berliner Polizisten bundesweit Schlagzeilen, als für den G20-Gipfel nach Hamburg beorderte Einsatzhundertschaften wegen Fehlverhaltens wieder nach Hause geschickt wurden.
jj/sti (dpa, afp)