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Berlusconis Weltwunder

16. Januar 2003

Die Römer träumten davon und die Italiener nennen es das achte Weltwunder: Ein gigantisches Brückenbauprojekt soll zukünftig das italienische Festland mit Sizilien verbinden.

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So soll die Brücke aussehen - wenn sie denn gebaut wirdBild: AP

Schon 251 vor Christus träumte der römische Konsul Gaius Lucius Cecilius von einer Verbindung über die Straße von Messina. Eine Brücke aus Fässern und Flößen wollte er bauen, um die von den nordafrikanischen Karthagern zurückgelassenen Elefanten von Sizilien nach Rom zu holen. Ein Sturm zerschlug die Pläne des Feldherrn.

Jetzt versucht sich ein sturmerprobter Politiker an dem Projekt: "Die Brücke nach Sizilien wird gebaut", verkündet Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Seit 18 Jahren verpulverte die halbstaatliche Betreibergesellschaft "Stretto die Messina Spa" 100 Millionen Euro an Planungskosten, im nächsten Jahr sollen die Arbeiten nun beginnen.

Der große Coup

Das Megaprojekt zwischen Kalabrien und Sizilien, seit Jahrzehnten diskutiert und doch nie wirklich angepackt, soll zum ganz großen Coup, zum Denkmal Berlusconis werden. Es ist Kernstück seiner "grandi opere", seiner großen Bauvorhaben, die er den Wählern versprochen hat. "Die notwendigen Geldquellen sind ausgemacht", verspricht Berlusconi, der seinen Kritikern immer wieder mit der Bemerkung entgegen tritt, diesmal sei das ganze Vorhaben wirklich ernst gemeint - in Kürze werde das Kabinett formell zustimmen.

Längste Brücke der Welt

Italien plant Brücke nach Sizilien Computerbild
Eine Computersimulation der Brücke

Die Ausmaße des Projekts sind gigantisch: 3300 Meter lang soll die "ponte sullo stretto", die Brücke über die Wasserstraße von Messina, werden - fast drei Mal so lang wie die Golden-Gate-Brücke in San Francisco. Selbst die bisher längste Hängebrücke der Welt, die Akashi-Kaikyo-Brücke in Japan, macht sich im Vergleich mit 1990 Metern Spannweite bescheiden aus. In luftigen 60 Metern über dem Meeresspiegel sollen sechs Fahrbahnen und zwei Eisenbahnspuren verlaufen.

Am Dienstag (13.1.2003) konferierten erneut Geldgeber und Investoren. Nach Berichten des italienischen Fernsehens liegt den Verantwortlichen jetzt eine "verschlankte" und kostengünstigere Version zur Entscheidung vor: Die Brücke soll auf der sizilianischen Seite elf Meter tiefer als zuvor geplant aufliegen. Umfangreiche Bauten bei der Zufahrt würden dadurch vermieden, die Kosten somit um 15 Prozent gesenkt. So koste das Projekt "nur noch" rund 4,8 Milliarden Euro. Im Jahr 2011 könnten die Arbeiten abgeschlossen sein.

Skeptische Bankiers

Die Kosten sollen vor allem Banken, Finanzierungsgesellschaften und die künftigen Betreiber aufbringen - der Staat wird sich nach Wunsch Berlusconis eher zurückhalten. Auf die Betreiber wartet nach eigenen Berechnungen ein beachtliches Geschäft: 140.000 Autos sollen täglich rollen und Mautgebühren einbringen. Erwartungen, die laut der Mailänder Zeitung "Corriere della sera" bei vielen Bankiers Verwunderung ausgelöst haben soll: Sie sehen die Refinanzierungsmöglichkeiten weitaus skeptischer.

"Kathedrale in der Wüste"

Nur noch gut drei Minuten soll es mit der Brücke dauern, mit dem Auto vom Festland nach Sizilien zu fahren. Derzeit müssen Lastwagen, Pendler und Touristen mitunter Stunden warten, um auf die Fähre zu kommen. "Sizilien wäre dann keine Insel mehr, Messina und Reggio Calabria würden zu einer einzigen Stadt zusammenwachsen", schwärmen die Befürworter. "Bevor man so solch ein Prestigevorhaben angeht, sollten alle Menschen auf Sizilien Wasserleitungen bekommen", schimpft jedoch der grüne Spitzenpolitiker Alfonso Pecoraro Scanio. "Sizilien braucht echte Infrastruktur, keine Kathedralen in der Wüste." Investitionen in das Verkehrsnetz auf Sizilien seien weit dringlicher als das gigantische Brückenprojekt.

Problem Erdbeben

Die erheblichen sicherheitstechnischen Bedenken seien gelöst, behaupten Techniker der Betreibergesellschaft. Vor allem die häufigen Erdbeben in der Region bereiteten den Planern lange Kopfzerbrechen. Die Ingenieure versichern, die Brücke und ihre 380 Meter hohen Pfeiler, die 55 Meter tief in die Erde reichen, könnten Erdbeben von der Stärke 7,1 auf der Richterskala aushalten. Doch in Kalabrien gab es schon Beben mit einer Stärke von 7,9. Die bisher längste Hängebrücke im japanischen Kobe wurde 1995, noch bevor sie fertig war, von einem Beben der Stärke 7,2 erschüttert. Die Fundamente der Pfeiler wurden damals um 80 Zentimeter verschoben - die Brücke blieb aber stehen.