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Reise

Bezauberndes Bali

Marc von Lüpke-Schwarz6. November 2013

Die Schönheit der Inselwelt hatte den deutschen Tausendsassa Walter Spies in den Bann geschlagen. An den Mann, der 1942 einen tragischen Tod fand, erinnert bis heute ein typisch balinesischer Tanz.

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Berge auf der Insel Bali (Foto: Dudarev Mikhail, Fotoalia)
Bild: Dudarev Mikhail - Fotolia.com

Eine zauberhafte Welt öffnete sich für Walter Spies. Die Tore des Palastes des Sultans von Yogyakarta öffneten sich für ihn. Auf der Insel Java trat der deutsche Künstler 1923 seine neue Aufgabe an: Spies übernahm die Leitung des europäischen Orchesters des Sultans. Die Residenz des Herrschers war eine Stadt für sich. Tausende Menschen lebten und arbeiteten hier, es gab eine Oper, ein Theater und verschiedene Orchester.

Walter Spies fand auf Bali sein Zuhause (Foto: CC BY-SA 3.0)
Walter Spies fand auf Bali sein ZuhauseBild: CC BY-SA 3.0

Im Banne Balis wurde Spies der europäischen Musik bald untreu: Er entdeckte die traditionelle Gamelan-Musik der Inseln Java und Bali und erforschte sie voller Begeisterung. Mit Klangplatten, Trommeln und Gongs, bisweilen auch Flöte und anderen Instrumenten erzeugten die Musiker ihre unverwechselbare Musik. Spies, der sich daran gar nicht satthören konnte, sorgte bald für eine Revolution. Bislang gaben die Musiker ihre Stücke allein über das Gehör an ihre Schüler weiter. Spies entwickelte für sie nun eine eigene Notenschrift – eine ungeheure Erleichterung für die Musiker.

Als Matrose nach Java

Geboren wurde das Wunderkind Walter Spies 1895 in Moskau als Sprössling einer deutschen Kaufmannsfamilie. Die Musik und die Malerei wurden seine Leidenschaften. 1918, in den Wirren des russischen Revolution, verließ seine Familie das Land und ging nach Deutschland. Hier machte der begabte Spies zahlreiche Bekanntschaften mit Künstlern. Über den verehrten Maler Oskar Kokoschka klagte Spies, dass dieser "zu meinem größten Kummer und Ärgernis meine Malerei niemals recht ernst nehmen wollte!" Als Maler, Musiker und Bühnenbildner verdiente sich Spies seinen Lebensunterhalt. Er wirkte auch beim Film mit, darunter auch beim Horrorklassiker "Nosferatu".

Blick von Der Höhe (A View from the Heights) by Walter Spies, 1934. Oil on canvas, 100.5 x 82.5 cm. Datum 1934 Quelle Sotheby's Urheber Walter Spies (1895 – 1942)
"Blick von der Höhe": Das Gemälde von Walter Spies zeigt Indonesien

Doch irgendwann wurde Spies der Metropole Berlin überdrüssig – die weite Welt lockte ihn. Der Künstler heuerte als Matrose auf einem Frachter an und fuhr in die Welt hinaus. Bis er 1923 auf Java ankam, wo er sich niederließ. Lange jedoch hielt es ihn dort nicht, schon 1927 zog Spies weiter auf die Insel Bali. Unter anderem deshalb, weil hier die niederländischen Kolonialherren die einheimische Kultur noch nicht so stark verändert hatten wie auf Java. Er errichtete sich ein verwunschenes Heim inmitten der Natur ein. "Ich richte mir jetzt mein Bambushäuschen ein im lieben, einsamen Ubud [eine Kleinstadt auf Bali, Anm. d. Red.] und bin bald für die Welt verloren", meinte Spies. Der lokale Herrscher, froh ihn hergelockt zu haben, förderte ihn.

Eine Künstlerkolonie

Er malte mit seinem unverwechselbaren Stil die Landschaft und Menschen Balis. Viele Bilder entstanden indessen in all der Zeit nicht. Der Künstler malte nicht mehr als fünf Gemälde pro Jahr, denn seine anderen Interessen ließen ihm wenig Zeit. Spies widmete sich der traditionellen Musik, den balinesischen Tänzen und der dortigen Kultur. Einsam war es in seinem Haus selten – balinesische Künstler, Maler, Tänzer und Musiker suchten Spies‘ Gesellschaft und Rat. So lernten die Balinesen von dem Deutschen und umgekehrt.

FILE - In this 1931 film image originally released by United Artists, actor Charlie Chaplin is seen in the silent film "City Lights." A new musical "Chaplin," depicting the life of film icon Charlie Chaplin, will open on Broadway on Monday, Sept. 10, 2012 at the Barrymore Theatre in New York. (AP Photo, file)
Bildergalerie Linkshänder Charlie ChaplinBild: AP

Die Einwohner schätzten an dem Deutschen, dass er nicht wie viele Europäer auf ihre Kultur herabblickte, sondern wirklich an einem Austausch interessiert war. Bald war Walter Spies auch international bekannt: Zu seinem Anwesen pilgerten Prominente, Künstler und Schauspieler. Charlie Chaplin bewirtete Spies ebenso wie die Schriftstellerin Vicky Baum, den amerikanischen Komponisten Cole Porter oder den belgischen König. Seine Gemälde waren begehrt.

"Insel der Dämonen"

1931 weilte ein deutsches Filmteam auf Bali. Gedreht wurde der Streifen "Insel der Dämonen" und Walter Spies wurde um Hilfe gebeten. Durch seine Hilfe gelang es diesem Film, die balinesische Kultur authentisch abzubilden – zumal die Balinesen sich selbst spielen durften. Eigens für dieses Werk entwickelte Spies den alten Tanz "Kecak" weiter. Seine Interpretation erfreute sich unter den Balinesen großer Beliebtheit und wird auch heute noch – unter anderem für unzählige Touristen – vor Ort aufgeführt.

Männer tanzen den Kecak (Foto: Sonny Tumbelaka/AFP/Getty Images)
Den traditionellen Tanz Kecak interpretierte Spies weiterBild: Sonny Tumbelaka/AFP/Getty Images

1937 wurde Spies der Rummel um seine Person zu viel. Er zog sich weiter zurück. Wegen seiner Homosexualität war er ins Visier der niederländischen Kolonialbehörden geraten und wurde 1939 deswegen zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Aus der Haft entlassen konnte der Künstler seine Freiheit nur kurz genießen. Als die deutsche Wehrmacht im 1940 die Niederlande überfiel, wurden alle Deutschen in der niederländischen Kolonie interniert.

Das verlorene Paradies

Fast zwei Jahre wurde Walter Spies festgehalten, bis er zusammen mit hunderten anderen Deutschen auf dem Schiff "Van Imhoff" nach Ceylon gebracht werden sollte. Vor der Insel Nias, nicht weit von Sumatra, griff ein japanischer Flieger die "Van Imhoff" an. Die holländische Besatzung rettete sich in die Boote – und ließ die eingesperrten Deutschen zurück. Walter Spies ertrank mit über 400 anderen Gefangenen. Neben seinen Gemälden und dem Tanz "Kecak" hinterließ er noch ein anderes Erbe – seinen geliebten Bungalow, der heute von Touristen als Unterkunft gemietet werden kann.