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BGH bestätigt Gröning-Urteil

28. November 2016

Der "Buchhalter von Auschwitz" leistete Beihilfe zu hunderttausenden Morden. Nach der höchstrichterlichen BGH-Entscheidung können auch andere Handlanger des Holocausts noch zur Rechenschaft gezogen werden.

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Deutschland Prozess Oskar Gröning
Bild: Reuters/A. Heimken

Urteil gegen früheren SS-Mann rechtskräftig

Im Fall des früheren SS-Manns Oskar Gröning hat der Bundesgerichtshof (BGH) erstmals eine Verurteilung wegen Beihilfe zum massenhaften Mord in einem NS-Vernichtungs- und Konzentrationslager höchstrichterlich bestätigt. Der 95-Jährige habe als junger Mann "durch seine allgemeine Dienstausübung in Auschwitz bereits den Führungspersonen in Staat und SS Hilfe geleistet", heißt es in der Entscheidung der Karlsruher Richter. Nebenkläger begrüßten dies als "wichtige Korrektur der früheren Rechtsprechung".

Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen

Gröning war im Juli 2015 in einem der letzten großen Auschwitz-Prozesse vom Landgericht Lüneburg zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte eingeräumt, das Geld verschleppter Juden verwaltet und die Ankunft der Deportationen in das Lager mit beaufsichtigt zu haben. Das Gericht wertete das als Beitrag zum Funktionieren der nationalsozialistischen Tötungsmaschinerie. Damit wurde Gröning sieben Jahrzehnte nach dem Holocaust wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen verurteilt, ohne dass er an einzelnen Mordtaten direkt beteiligt war.

Mit dem Karlsruher Beschluss ist das Urteil gegen Gröning rechtskräftig. Damit wäre der Weg frei, auch anderen hochbetagten Handlangern des NS-Regimes den Prozess zu machen. Ob Gröning ins Gefängnis muss, hängt von seiner Gesundheit ab. Er selbst sowie mehrere Nebenkläger legten gegen das Urteil Revision ein.

John Demjanjuk
Das Verfahren gegen John Demjanjuk stellte einen Präzedenzfall für spätere Verfahren gegen NS-Verbrecher darBild: picture-alliance/dpa

Mit dem BGH-Beschluss werde endlich anerkannt, dass auch die "funktionelle Beihilfe" von SS-Leuten Massenmord gewesen sei, erklärten die drei Nebenklägervertreter Thomas Walther, Cornelius Nestler und Manuel Mayer. Das sei 1965 in den Frankfurter Auschwitzprozessen noch entschieden verneint worden.

Anderen NS-Handlangern könnte nun Prozess drohen

Jahrzehntelang wurden am Holocaust Beteiligte nicht zur Verantwortung gezogen, weil sie zwar Rad im Getriebe waren, aber nicht selbst getötet hatten. Eine Wende leitete erst das Münchner Urteil gegen den früheren Sobibor-Aufseher John Demjanjuk von 2011 ein. Aber dessen Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord an 28.000 Juden wurde nie rechtskräftig, weil Demjanjuk vorher in einem Pflegeheim starb.

Der Leiter des Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, Efraim Zuroff, forderte Deutschland nun auf, weitere NS-Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen. "Die Zeit verringert nicht die Schuld dieser Mörder", sagte Zuroff. Bundesjustizminister Heiko Maas erklärte, für Gerechtigkeit sei es nie zu spät. Der SPD-Politiker betonte: "Auch bei der juristischen Aufarbeitung von Auschwitz darf es keinen Schlussstrich geben.“

Ohne Amt und Robe

Unterdessen wurde der Prozess gegen einen mutmaßlichen Holocaust-Leugner ausgesetzt. Am Amtsgericht Verden musste sich ein Mitarbeiter der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck vor den Richtern verantworten. Nachdem ein Befangenheitsantrag gescheitert war, legte der Pflichtverteidiger sein Amt - und seine Robe nieder. In einer vielsagenden Geste zog der Anwalt seine Amtskleidung aus und verließ mit seinem 81-jährigen Mandanten den Saal. Nun muss das Gericht einen neuen Pflichtverteidiger bestimmen. Das werde vermutlich nicht mehr in diesem Jahr geschehen, teilte eine Sprecherin des Gerichts mit. 

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, als Mitverantwortlicher der Zeitschrift "Stimme des Reiches" antisemitische und volksverhetzende Artikel veröffentlicht zu haben. Der Arzt aus Verden soll die Texte gemeinsam mit Ursula Haverbeck geschrieben und verbreitet haben. Die 88-jährige Haverbeck wurde jüngst wegen Volksverhetzung zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. 

mar/qu/nin (dpa, epd)