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Bieterschlacht um Air Berlin

Klaus Ulrich
29. August 2017

Die schiere Anzahl der Bieter könnte das Ringen um die Zukunft der Pleite-Airline um Monate verzögern. Eigentlich sollte eine Entscheidung bereits Mitte September fallen.

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Deutschland Air Berlin
Bild: Reuters/F. Bensch

Immer mehr deutet darauf hin, dass sich der Verkauf der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin wesentlich länger hinziehen könnte als gedacht. Interessenten könnten bis 13. September Gebote abgeben und ihre Konzepte vorstellen, sagten zwei Insider der Nachrichtenagentur Reuters am Montag. Bereits am 15. September solle der Gläubigerausschuss darüber beraten und womöglich entscheiden. Ein Air-Berlin-Sprecher hielt Medienberichten zufolge prompt dagegen und sagte, Kaufangebote würden auch noch bis zum 15. September angenommen.

Bis dahin wird auch über das Eilverfahren entschieden sein, das heute die Fluggesellschaft Germania angestrengt hat. Die Fluglinie geht damit juristisch gegen die geplante Staatshilfe für Air Berlin vor. Die Bundesregierung hatte der Air Berlin 150 Millionen Euro als Überbrückungskredit zugesagt, damit der Flugbetrieb der insolventen Airline weitergehen kann. Germania wirft dem Bund vor, die Lufthansa einseitig zu bevorzugen und so deren marktbeherrschende Stellung zu verstärken.

Die Zeitungen "Bild" und "B.Z." hatten berichtet, am 15. September würden nach Erwartung von Verhandlungskreisen den Gläubigervertretern entscheidungsreife Kaufangebote vorliegen. Ein dritter Insider gab laut Reuters allerdings zu bedenken, der Terminplan sei "extrem stramm" und es könne zu Verschiebungen kommen. "In Anbetracht der stetig wachsenden Liste von Kaufinteressenten kann das Ganze länger dauern", erklärte ein weiterer Branchenkenner.

Immer mehr Kaufbewerber

Auch die "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) schreibt am Dienstag, ein schneller Verkauf von Teilen der in Turbulenzen geratenen Airline werde immer unwahrscheinlicher. Mittlerweile gebe es eine Reihe von Interessenten neben den bisherigen Favoriten Deutsche Lufthansa, der Thomas-Cook-Fluggesellschaft Condor und dem britischen Billiganbieter Easyjet.

Mit im Rennen seien auch die umstrittene irische Ryanair und Norwegian. Der Nürnberger Luftfahrtinvestor Hans Rudolf Wöhrl und der Österreicher Niki Lauda, der einst den Air-Berlin-Urlaubsflugableger Niki gegründet hat, kämen in dieser Woche zu ersten Sondierungsgesprächen nach Berlin. Dies könnte folgen für die Dauer der Verhandlungen bis zur Entscheidungsreife haben. "Je höher die Zahl der Kaufinteressenten, desto komplexer und Länger der Ausleseprozess", zitiert die FAZ Gerd Pontius, den Gründer und Chef der Beratungsgesellschaft Prologis.

Unterschiedlich Angebote erwartet

Dabei könnte es auch eine Rolle spielen, dass die Angebote der Kaufinteressenten sich stark voneinander unterscheiden. Nach Informationen aus Unternehmens- und Branchenkreisen will die Lufthansa den größten Teil mit bis zu 90 der 140 Maschinen von Air Berlin samt Crews einschließlich des Ferienfliegers Niki übernehmen. Easyjet soll nach Medienberichten für bis zu 40 Flugzeuge bieten. Condor ist an einer zweistelligen Zahl von Maschinen interessiert. Dass die Lufthansa ihre starke Stellung so noch ausbauen könnte, kritisierten Ryanair-Chef Michael O'Leary, Hans Rudolf Wöhrl und Niki Lauda. O'Leary und Wöhrl kündigten Offerten an, Air Berlin komplett zu kaufen, was Ryanair später aber wieder dementierte. Lauda sagte mehreren Zeitungen, er sei am Rückkauf von Niki interessiert.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat sich klar gegen eine Übernehme durch Ryanair ausgesprochen. "Ryanair ist ein arbeitnehmerfeindliches Unternehmen. Das Geschäftsmodell ist frühkapitalistisch", sagte Müller dem "Tagesspiegel".

Wirtschaft_plus: provokant. persönlich.

Staatskredit noch nicht abgerufen

Dieselbe Zeitung berichtet auch, dass der Kredit von 150 Millionen Euro, mit dem die Staatsbank KfW Air Berlin über die nächsten Wochen helfen sollte, bis heute nicht unterschrieben ist. Es würden noch Details ausgehandelt. Wann das Geld tatsächlich fließe, sei noch unklar. Alles laufe planmäßig, man sei in der technischen Umsetzung, wird das Wirtschaftsministerium zitiert. Der Kredit sei ein sogenannter "Massekredit": Sobald Air Berlin Geld durch den Verkauf von Unternehmensanteilen bekomme, werde das Darlehen zurückgezahlt und das Risiko für den Steuerzahler minimiert.

Dass Air Berlin vorerst auch ohne KfW-Geld weitemachen kann, liege daran, dass die Kasse nicht völlig leer war, als am 15. August der Insolvenzantrag gestellt wurde. Nach Tagesspiegel-Informationen verfügte Air Berlin Mitte August noch über einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Hinzu kämen aktuell die Einnahmen aus Ticketverkäufen. Bei kurzfristigen Reisen sei der Ticketverkauf um sechs bis sieben Prozent gesunken, hatte Chefsanierer Frank Kebekus in der vergangenen Woche gesagt, bei langfristigen Buchungen sähe die Lage allerding deutlich schlechter aus. Der Tagesspiegel zitiert Zahlen des Flugrechteportals "Flightright", wonach die Flugausfälle bei Air Berlin nach Anmeldung der Insolvenz "eklatant" gestiegen seien.

Air-Berlin-Langstreckenflüge bald durch Lufthansa?

Dazu passt auch eine Meldung der "Bild", nach der Air Berlin alle Langstrecken-Flüge ab Berlin streiche. Flüge nach Abu Dhabi, Los Angeles, Chicago und San Francisco sowie die Verbindung Düsseldorf-Boston würden nur noch bis Ende September durchgeführt. Das gehe aus einer internen Aufstellung hervor. Passagiere, die bereits ein Ticket für diese Verbindungen gekauft haben, sollen danach kurzfristig umgebucht werden - sofern es Platz gibt. Zurückgreifen wolle Air Berlin dabei auf Angebote anderer Airlines, wie die der Lufthansa.

Dass die Kranich-Airline Langstreckenflüge von Air Berlin übernehmen will, bestätigt auch die Nachrichteagentur Reuters unter Berufung auf Informationen aus Unternehmenskreisen. Geplant sei, Verbindungen von Berlin und von Düsseldorf aus weiter zu bedienen, sagte eine mit den Plänen vertraute Person gegenüber der Agentur am Dienstag. Insgesamt wolle die Lufthansa für ihre Billigtochter Eurowings etwa ein Dutzend der 17 Langstreckenmaschinen der insolventen Konkurrentin übernehmen. "Die Planungen sehen vor, dass zwei der Flugzeuge in Berlin und bis zu zehn in Düsseldorf stationiert werden", ergänzte der Insider. Von der Hauptstadt solle eine Verbindung zur US-Ostküste angeboten werden. "Die Ziele New York und Washington stehen ganz oben auf der Liste der potenziellen Ziele."