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BioNTech mit Milliardengewinn und Asien-Plänen

Mischa Ehrhardt
11. Mai 2021

Das Mainzer Biotech-Unternehmen hat in den ersten drei Monaten mehr als eine Milliarde Euro verdient. Jetzt treibt es die Expansion voran und will nun auch Produktionsstätten in Singapur hochziehen.

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BioNTech COVID-19 Impfstoff
Bild: Douglas R. Clifford/Tampa Bay Times/ZUMA/picture alliance

BioNTech ist zweifelsohne eine Ausnahmefirma. Die Mainzer haben ihre Umsätze im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres um mehr als das 70-Fache in die Höhe geschraubt – auf gut 2 Milliarden Euro. Der Gewinn unter dem Strich hat sich im Vergleich zum vorherigen Quartal verdreifacht – auf 1,1 Milliarden Euro. Das alles ist natürlich Resultat der Auslieferung von Impfstoffen – bisher sind es rund 450 Millionen Dosen, die von den Mainzern in alle Welt gingen. "Hinsichtlich unseres Impfstoffes bin ich hocherfreut über die außergewöhnliche Exzellenz unseres Teams und die Zusammenarbeit mit unserem Partner Pfizer. Bis heute haben wir über 450 Millionen Dosen in 91 Länder weltweit geliefert", sagte BioNTech-Chef und Mitgründer Ugur Sahin am Montag in einer Online-Konferenz.

Im ersten Quartal des vergangenen Jahres hatte BioNTech statt eines Milliardengewinns noch einen Verlust in Höhe von rund 50 Millionen Euro geschrieben; das lag an hohen Forschungs- und Entwicklungskosten. Derzeit arbeitet das Unternehmen vor allem daran, die Produktion hochzufahren um den weltweiten Impfstoffbedarf möglichst schnell decken zu können. Das Unternehmen spricht von einer Transformation zu einem global agierenden Biotechkonzern, spezialisiert auf Impfstoffe für die Bekämpfung von Infektionen und Krebstherapien.

Deutschland I Biontech-Gründer Türeci und Sahin erhalten Bundesverdienstkreuz
Biontech Gründerpaar Ugur Sahin (links) and Ozlem Tureci (rechts)Bild: Abdulhamid Hosbas/AA/picture alliance

Niederlassung in Singapur

In Sachen Impfstoffen jedenfalls plant BioNTech nun, einen Hauptsitz für die Region Südostasien hochzuziehen. In Singapur sollen in einer neuen Produktionsstätte dann jährlich bis zu einer Milliarde Impfdosen produziert werden können. Die neue Fabrik in Singapur ist nicht nur für die aktuelle Pandemie gedacht. "Wir gehen weit über Covid-19 hinaus. Wir hoffen, dass wir hier sowohl eine regionale wie möglicherweise globale Versorgung für eine Reihe verschiedener Impfstoffe und Therapien begründen können", zitierte die FAZ am Dienstag BioNTech-Gründer Sahin. Gemeint sind offenbar Impfstoffe und Arzneimittel, die auf der neuen mRNA-Technologie basieren und unter anderem gegen Krebs zum Einsatz kommen sollen.

Nach Angaben des BioNTech-Gründers liegt die Investitionssumme in Singapur bei "Hunderten von Millionen amerikanischer Dollar". Medienberichten zufolge erhielt BioNTech umfangreiche Unterstützung durch den Stadtstaat. Das dortige Werk soll 2023 seine Produktion aufnehmen

Mit der Zentrale in Singapur geht BioNTech nun den zweiten großen Schritt in Richtung weltweiter Expansion. Im vergangenen Jahr hatten die Mainzer ihren US-Hauptsitz in Cambridge US-Bundesstaat Massachusetts eröffnet.

Singapur Merlion Park & Business district
Singapur - Neuer Standort für BiontechBild: Yeen Ling Chong/AP Photo/picture-alliance

Bislang hatte BioNTech vor allem die Fühler nach China ausgestreckt. Dort hat das Unternehmen eine Zusammenarbeit mit dem chinesischen Pharmakonzern Fosun etabliert. Fosun hatte erst am Wochenende angekündigt, eine Produktionsanlage bauen zu wollen, in der jährlich ebenfalls bis zu eine Milliarde Dosen an Impfstoffen vom Band laufen können. Die Zulassung ihres Vakzins in China erwarten BioNTech/Fosun bis spätestens Juli.

BioNTech hat mit der Europäischen Union gerade einen Vertrag zur Lieferung von weiteren 900 Millionen Dosen ab Dezember dieses Jahres bis 2023 geschlossen. Daneben besteht die Option auf noch einmal 900 Millionen Impfdosen, sollten sie darüber hinaus nötig sein. Allein für das laufende Jahr 2021 hat BioNTech vertraglich vereinbarte Bestellungen von insgesamt 1,8 Milliarden Impfstoffdosen vorliegen.

EU-Klage gegen AstraZeneca

Auf der anderen Seite lässt die Europäische Union offen, ob sie sich über Juni hinaus noch mit dem Impfstoff des britisch-schwedischen Impfstoffherstellers AstraZeneca beliefern lassen will. Bei diesem Vakzin hatte es Verzögerungen bei der Lieferung gegeben. Verärgert zeigte sich die EU deswegen, weil zur gleichen Zeit die Lieferungen an Großbritannien offenbar nicht eingeschränkt wurden. Deshalb hat sie vor einem belgischen Gericht geklagt.

In Zukunft sind in Deutschland vermehrt auch Impfungen mit anderen Vakzinen wie etwa dem der Firma Johnson und Johnson möglich. Regelhaft allerdings nur bei Menschen über 60, weil es auch hier in seltenen Fällen zu Hirnvenentrombosen gekommen ist. Deswegen sind vor der Entscheidung für eine Johnson-&-Johnson-Impfung bei unter 60-Jährigen ärztliche Beratung und Risikoanalyse vorgeschrieben. Die Impfpriorisierung ist für diesen Impfstoff künftig aufgehoben.

Weiter Diskussion um Patentschutz

Während hierzulande also Aussicht auf mehr und mehr Impfstoffe besteht, sieht die Lage in ärmeren Ländern weitaus düsterer aus. In diesem Zusammenhang hatte US-Präsident Joe Biden die Möglichkeit eines Aussetzens von Patenten der Impfstoffhersteller vorgeschlagen, damit Firmen in den betroffenen Ländern die Impfstoffe selbst produzieren könnten. BioNTech-Vorstand Ugur Sahin hält das für keine zielführende Idee. Denn der Aufbau funktionsfähiger Produktionsanlagen würde mindestens ein Jahr – seiner Vermutung nach sogar länger dauern. Mit neuen Produktionsanlagen wie in Singapur und China sehe er dagegen die Chance, dass in 9 bis 12 Monaten BioNTech und andere Impfstoffhersteller mehr als ausreichend Impfstoff für den Bedarf weltweit produzieren könnten.

Das sieht Branchenexperte Thomas Schiessle aus dem Analystenhaus Equi.ts ähnlich. "Das mag moralisch hochstehend klingen. Doch es ist ein sehr komplexer Prozess solche Vakzine herzustellen. Es dauert eine Weile, um so einen Prozess stabil und mit hoher Qualität ins Laufen zu kriegen. Es wäre eine bessere Perspektive die Produktion der Unternehmen entsprechend hochfahren zu können."