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Biopolis Singapur

Ingun Arnold30. Oktober 2002

Nach der Bruchlandung der Elektronik- und Kommunikationsbranche versucht Singapur, sich als Mekka für Biotechnologie zu etablieren. Milliardeninvestitionen und Wissenschaftler aus aller Welt sollen dabei helfen.

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Der Stadtstaat lockt und die Weltelite der Biotechnologie soll folgenBild: AP

Der Stadtstaat Singapur hat keinerlei natürliche Ressourcen – außer der Intelligenz seiner Menschen. Von daher ist "The Pursuit of Excellence" – den Nachbarn immer eine (geistige) Nasenlänge voraus zu sein – Staatsdoktrin. Was liegt unter diesen Voraussetzungen näher, als in ebenso forschungsintensive wie gewinnbringende Branchen zu investieren?

"Singapurs Wirtschaft ist leider immer noch ziemlich abhängig von der Elektronikbranche. Wir brauchen ein weiteres Standbein", konstatiert Than Swee Ho, Unternehmensberater bei Ernst & Young im Gespräch mit DW-WORLD.

Jetzt setzt Singapur auf "Life Sciences": Pharmazie, Biotechnologie, Medizintechnik. Doch damit ist der Stadtstaat nicht allein in Asien.

Aufspringen auf den fahrenden Zug

Auch China, Indien, Südkorea und Taiwan haben die Biotechnologie als Wachstumsmarkt entdeckt. In dieser Konkurrenz zu bestehen, ist nicht einfach. Singapur hat – geographisch bedingt – nur einen extrem kleinen Binnen-Markt. Zudem fehlt es an Erfahrung mit den so genannten angewandten Wissenschaften, deren Forschungsergebnisse sich in industriell verwertbare Produkte und damit in klingende Münze umwandeln lassen.

Doch dies soll nicht so bleiben. Folgerichtig wird seit Dezember 2001 auf einem 200-Hektar-Gelände mitten in der Stadt Biopolis errichtet – ein Projekt des Ministeriums für Wirtschaftsentwicklung (Economic Development Board), das sowohl Wissenschaftler als auch Investoren ins Land locken soll. "Die Regierung hat ein Zwei-Milliarden-Dollar-Programm aufgelegt, um die Wirtschaftslandschaft umzukrempeln. Und das ist nur der finanzielle Grundstock. Weitere Investitionen sollen folgen", berichtet Than Swee Ho.

Auf dem Gelände entstehen Institute für Bioinformatik, Bioingenierwesen, Molekularbiologie und Genforschung. Hinzu kommen eine Gewebebank für Krebskranke und eine Gendatenbank. Biopolis hat nach Meinung ihrer Erbauer alles, was Wissenschaftler-Herzen höher schlagen lässt: ein Netzwerk aus Laboratorien auf dem allerneuesten technischen Stand, dazu Wohnungen und Geschäfte. Damit geht Singapur auf Brautschau in der restlichen Welt: Fachmagazine wie "Science" und "New Scientist" sind voll mit Stellenanzeigen.

Genomprojekt und Stammzellen

Biopolis kann sich inzwischen mit einigen hochkarätigen Forschern schmücken. Am Institut für Molekularbiologie arbeitet Sydney Brenner, Nobelpreisträger für Medizin des Jahres 2002. Bekannt geworden ist das Institut durch die Mitarbeit bei der Entschlüsselung des Erbguts des Kugelfischs, einem Meilenstein auf dem Weg zur Dechiffrierung des menschlichen Genoms. Direktor des Singapore Genome Institute ist der Amerikaner Edison Liu, einer der Top-Krebsforscher der Welt und ehemaliger Leiter des US-amerikanischen National Cancer Institute. Als ihm dort die verwaltungstechnischen Aufgaben mehr und mehr im Weg standen, ergriff er die Chance zur Flucht nach vorn.

Es ist aber auch die von ethischen Bedenken recht unbeleckte Gesetzgebung des Stadtstaates, die Forscher anzieht. So zählt Singapur zu den wenigen Ländern, in denen therapeutisches Klonen erlaubt ist. Auch Alan Coleman, der "Vater" des Klonschafes Dolly, forscht inzwischen nicht mehr im schottischen Edinburgh, sondern in Singapur. Dort und in Israel wurden seinerzeit die ersten überzähligen Embryonen aus der Fortpflanzungsmedizin der Stammzellenforschung zur Verfügung gestellt – Auftakt für ein überaus umstrittenes Forschungsprojekt, das weltweit für kontroverse Debatten unter Wissenschaftlern, Ethikern, Ökonomen und Politikern sorgt.