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Blagoja Milevski: "Deutschland ist unter Hansi Flick besser"

9. Oktober 2021

Nordmazedonien sorgt für Schlagzeilen, als die Nationalmannschaft im WM-Qualifikationsspiel Deutschland mit 2:1 schlägt. Schaffen sie das noch einmal? Warum nicht, sagt Nationaltrainer Blagoja Milevski im DW-Interview.

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Blagoja Milevski
Blagoja Milevski sieht deutsche Nationalmannschaft in höchster QualitätBild: Petr Stojanovski/DW

DW: Herr Milevski, wenn Sie an die deutsche Nationalmannschaft und an den deutschen Fußball im Allgemeinen denken, womit verbinden Sie beides?

Blagoja Milevski: Tradition, Professionalität, Disziplin.

Wenn Sie sich die deutsche Nationalmannschaft anschauen, welchen Spieler würden Sie gerne im Trikot der mazedonischen Nationalmannschaft sehen und warum?

Das wäre eine undankbare Aufgabe, jemanden herauszupicken, denn die deutsche Nationalmannschaft besteht aus Topspielern. Ich denke, dass jeder, der in diesem Trikot spielt, von höchster Qualität sein sollte und es auch ist. Deutschland hat einen Top-Kader, eine Top-Auswahl an Spielern. Deshalb könnte ich niemanden herausheben. Sie spielen alle auf höchstmöglichem Niveau.

Der deutsche Nationaltrainer Hansi Flick ist in einer ähnlichen Position wie Sie jetzt, da seine Amtszeit nach der Europameisterschaft begonnen hat. Worin besteht Ihrer Meinung nach der Unterschied zwischen ihm und seinem Vorgänger Joachim Löw?

Die letzten Spiele der deutschen Mannschaft haben deutlich gezeigt, dass der Stil und die Art, wie die Mannschaft auf dem Feld arbeitet, ganz anders ist als früher: viel aggressiver, viel mehr Laufarbeit und Disziplin im Spiel.

Fußball Länderspiel Deutschland Armenien | Hansi Flick
"Der Stil und die Philosophie des neuen Trainers Flick sind anders als früher mit Löw"Bild: Alexander Hassenstein/Getty Images

Die Spieler sind mehr oder weniger dieselben, aber der Stil und die Philosophie des neuen Trainers sind anders als früher. Und das bringt ihnen sowohl Erfolge als auch Sympathien ein. Die Art und Weise, wie sie jetzt zusammen funktionieren, ist auf einem viel höheren Niveau als zuvor.

Glauben Sie, dass das jetzt eine bessere Mannschaft ist?

Nun, auf dem Spielfeld sehen sie jedenfalls viel besser aus.

Als Trainer der mazedonischen Fußballnationalmannschaft sind Sie der Nachfolger von Igor Angelovski, der die deutsche Nationalmannschaft bereits im März dieses Jahres besiegt hat. Macht das dieses bevorstehende Rückspiel schwieriger?

Es ist überhaupt keine Belastung für uns. Wir erwarten jetzt einen ganz anderen Gegner und ein anderes Spiel.

Wir sind auch dabei, unsere Nationalmannschaft aufzufrischen, vor allem nach dem Weggang einiger Spieler, darunter Goran Pandev. Wir befinden uns in einem Umbruch mit vielen jungen Spielern. Wir haben bereits sechs Spieler, die nach der letzten U21-Qualifikation zu uns gestoßen sind. Unser Hauptziel ist es, eine wettbewerbsfähige Mannschaft für die nächsten Qualifikationsturniere für die Europameisterschaft 2024 zusammenzustellen.

Fussball | WM-Qualifikation I Deutschland - Nord Mazedonien
Goran Pandev (r.) trifft beim "Wunder von Duisburg" zum 1:0 für NordmazedonienBild: ULMER Pressebildagentur/imago images

Die aktuellen Qualifikationsspiele für Katar dienen als Test und als Maßstab für unsere zukünftige Spielerauswahl. Wir müssen entscheiden, wie das Team für die künftigen Herausforderungen aussehen soll.

Glauben Sie, dass sich dieses "Wunder von Duisburg" wiederholen lässt? Kann Nordmazedonien Deutschland wieder schlagen oder zumindest einen Punkt in Skopje holen?

Jedes Spiel ist eine andere Geschichte. Der Fußball wäre nicht das, was er ist, wenn immer der Favorit auf dem Papier gewinnen würde. Ich wüsste nicht, warum wir nicht alles daran setzen sollten, ein positives Ergebnis zu erzielen.

Was sind Ihre Ziele mit der Nationalmannschaft?

Gemeinsam mit dem Fußballverband haben wir eine klare Strategie: Wir wollen eine Mannschaft formen, die sich auf Teamplay stützt, auf menschliche und fußballerische Werte. Das zusammen wird den Erfolg ausmachen. Unser Ziel ist eine wettbewerbsfähige Mannschaft in den kommenden Jahren zu haben.

Halten Sie die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Katar noch für realistisch, insbesondere nach den Ergebnissen (drei Unentschieden) im September?

Im Moment ist in unserer Gruppe alles offen und jeder kann jeden schlagen. Ich zähle Liechtenstein dazu, die in den letzten Spielen gezeigt haben, dass sie eine ernstzunehmende Mannschaft sind. Gegen Deutschland und Armenien haben sie gezeigt, dass sie konkurrenzfähig sind. Ich denke, dass der zweite Platz bis zum letzten Tag umkämpft sein wird.

Blagoja Milevski
Das mazedonische Nationalteam mit Milevski auf dem Weg nach Katar?Bild: Petr Stojanovski/DW

Goran Pandev hat die Nationalmannschaft nach der Europameisterschaft verlassen. Er ist der Spieler mit den meisten Einsätzen in der Geschichte des Landes und noch dazu Rekordtorschütze. Kann dieser Verlust in der Mannschaft kompensiert werden, wenn man bedenkt, dass in den letzten drei Spielen eindeutig Tore gefehlt haben?

Es wird Zeit brauchen, sich an Gorans Fehlen zu gewöhnen. Er ist eine Fußballlegende, die dem mazedonischen Fußball einen tiefen Stempel aufgedrückt hat. Aber das Leben geht weiter, und wir werden alle härter arbeiten müssen, um sein Fehlen zu kompensieren. Ich denke, dass wir vor allem mit Milan Ristovski und Bojan Miovski das Potenzial haben, diese Position in Zukunft auszufüllen.

Natürlich ist da auch ein Adis Jahovic mit all seiner Erfahrung. Er kann viel dazu beitragen, dass wir noch besser werden.

Die Nationalmannschaft setzt sich aus Spielern verschiedener Nationalitäten zusammen: Mazedonier, Albaner, Bosnier, Türken, usw. Kann das ein verbindender Faktor für eine ethnisch geteilte Gesellschaft wie die in Nordmazedonien sein?

Das Grundprinzip, um in einer Nationalmannschaft zusammenzuarbeiten, ist der gegenseitige Respekt - dem Menschen gegenüber und dann gegenüber dem Fußballer. Wenn dieser Respekt in der Mannschaft da ist, dann stimmt auch die "Chemie" zwischen den Spielern, unabhängig von ihrer Nationalität.

Blagoja "Bobi" Milevski startete seine Fußballkarriere 1986 bei Roter Stern Belgrad. Damals war er 14 Jahre alt und galt als großes Talent im früheren Jugoslawien. Beeindruckt von Matthias Sammer und dem Westfalenstadion erinnert sich Milevski besonders gern an ein Spiel im UEFA Cup mit dem slowenischen NK Maribor gegen Borussia Dortmund 1993. Heute ist der 50-jährige der Nationaltrainer Nordmazedoniens und Nachfolger von Igor Angelovski. 

Das Interview führte Boris Georgievski.

Porträt eines Mannes mit grau-schwarz meliertem Bart
Boris Georgievski Boris Georgievski leitet die mazedonische Redaktion von Deutsche Welle.