Blauer Himmel für Ulan Bator
29. Januar 2010Rund zwei Stunden dauert der Flug von Peking in die mongolische Hauptstadt Ulan Bator. Die meiste Zeit fliegt man über endlos erscheinende Bergketten, Wüstengebiete und fast menschenleere Steppenlandschaften. Dann kündigt sich schon von weitem die Hauptstadt Ulan Bator an. Mit einer dichten Dunstglocke, die in scharfem Kontrast steht zu dem sonst strahlend blauen Himmel. Den kann man in Ulan Batorloft nur ahnen – über der dicken Smogschicht, in die sich die Stadt vor allem im Winter hüllt. Dann fallen monatelang die Temperaturen auf minus 30 Grad, die Heizkraftwerke für die Plattenbauten laufen mit Volllast und in den rund 150.000 Jurten am Stadtrand wird alles in den Öfen verfeuert, was irgendwie brennt.
Öko-Musterhaus in Ulan Bator
Könnte man die Heizenergie reduzieren, würde das nicht nur Geld sparen. Es würde auch einen wesentlichen Beitrag zur Luftreinhaltung in der kältesten Hauptstadt der Welt leisten. Am südwestlichen Stadtrand, nahe des Flughafens, zeigt die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), wie das gehen könnte. Hier entsteht auf einem 72 Hektar großen Grundstück die 'Mongolian-German Eco-City'. Geplant sind 2.200 Wohnungen, Schulen, Grünflächen, Einkaufsmöglichkeiten. Noch stehen die zwei Musterhäuser etwas verloren auf dem riesigen Gelände herum. Die schmucken, zweigeschossigen Gebäude mit ihren bunten gelb-orangenen Anstrichen könnten so ähnlich auch in einem deutschen Neubaugebiet stehen.
Ruth Erlbeck ist bei der GTZ für das Programm zur integrierten Stadtentwicklung in Ulan Bator verantwortlich. Stolz steht sie vor den Häusern und weist auf die in der Sonne glitzernden Solarzellen auf den Dächern. "Das ist für die Heizung und für die Warmwasserbereitung," erklärt die schlanke Frau. "Ulan Bator hat zunehmend Energieengpässe. Die Heizkraftwerke sind kaum noch in der Lage, die Versorgung zu gewährleisten."
Abwasseraufbereitung für die grüne Lunge
Dabei bietet sich im sonnigen Ulan Bator die Solarenergie geradezu an. Hier scheint im Jahr an durchschnittlich 2.800 Stunden die Sonne - in Deutschland gibt es im Schnitt nur 900 Sonnenstunden. Die zweite, herausragend ökologische Eigenschaft der Häuser ist für Ruth Erlbeck die Wiederverwertung von Schmutzwasser. Im chronisch trockenen Ulan Bator soll die Ökostadt zu einer grünen Lunge werden. "Wir werden das Schwarzwasser recyceln und als Grauwasser dann einer Wiedernutzung zuführen - um Toiletten zu spülen, für die Waschmaschine und um die geplanten Grünanlagen zu begrünen und grün zu halten." Die Räume der Musterhäuser sind hell und freundlich, die Holzböden angenehm warm. Auch der mongolische Bauunternehmer hat die Annehmlichkeiten der Ökohäuser schätzen gelernt: Er will selbst eines kaufen. Die Häuser sind nach Süden ausgerichtet und dick gegen die Winterkälte isoliert.
Das lässt sich von den gut 500 Plattenbauten aus der sozialistischen Ära nicht sagen. Sie prägen das Stadtbild Ulan Bators, 250 000 Leute wohnen in ihnen. Gebaut wurden sie nach sowjetischem Vorbild – und sind heute oft in einem miserablen Zustand: Wärmedämmung gibt es nicht, die Fenster schließen nur schlecht, und es gibt kein System zur Messung des individuellen Energie- und Wasserverbrauchs.
Plattenbausanierung wie in Deutschland
Dass das nicht so bleiben muss, demonstriert ein Plattenbau aus dem Jahr 1982 mit knapp 30 Wohnungen. Das fünfstöckige Haus im Westen Ulan Bators wurde im Jahr 2007 von der GTZ saniert. Organisation und Logistik waren schwierig, dennoch konnte man die Sanierung in nur drei Monaten durchziehen. Die Wohnungen wurden Wärme gedämmt, das Dach repariert, Wasser –und Heizungsrohre neu verlegt, die Elektroinstallation erneuert. Hendrik Becker von der GTZ bilanziert stolz: "Wir haben das fast eins zu eins umgesetzt, was auch in Deutschland gemacht wurde." Nach der Sanierung sank der Energieverbrauch um fast 70 Prozent – bei einem deutlich angenehmeren Wohnklima. Nach GTZ-Berechnungen könnte bei einer Sanierung aller Plattenbauten eines der drei Heizkraftwerke von Ulan Bator komplett abgeschaltet werden. Pro Quadratmeter Wohnfläche fielen Kosten von rund 100 an.
Autor: Mathias von Hein
Redaktion: Silke Ballweg