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Unzensierte Berichterstattung

28. Januar 2007

Im Internet kann jeder veröffentlichen – unzensiert und ohne redaktionelle Vorauswahl. Dabei setzen die Online-Autoren in ihren Blogs oft dort an, wo die Information in vielen Medien aufhört: direkt bei den Betroffenen.

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Screenshot 'The truth laid bear'

Es sind grausame Bilder, die so nicht in den Medien zu sehen sind: Von Bomben verbrannte Leichen, abgerissene Gliedmaßen, weinende und schwer verletzte Kinder - Auswirkungen eines Militärschlags der israelischen Armee im Libanon. Ein User hat diese im Fotoportal "Flickr" eingestellt. "Eine furchtbare Zusammenstellung - aber auch unheimlich wichtig und wirksam“, lautet einer der Kommentare dazu.

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Screenshot 'Lens on Lebanon'

Seit einigen Jahren hat sich das Internet als neues Medium für jedermann entwickelt. Besonders in Online-Tagebüchern, den so genannten Blogs sammeln Nutzer Informationen wie beispielsweise auf der Plattform "Lens on Lebanon“. Die Online-Autoren stellten dort während der Militäroffensive von Israel 2006 Berichte aus dem Libanon zusammen, interviewten Menschen, die ihre Angehörigen verloren hatten, veröffentlichten Dossiers - sie gaben dem Krieg ein Gesicht. Auch nach der Offensive pflegten die Betreiber die Seite weiter, veröffentlichten dort Dokumentarfilme und berichteten über Zerstörung und menschliche Schicksale.

Andere Plattformen versuchten während des Konflikts zu vermitteln: TruthLaidBear brachte auf einer virtuellen Landkarte Blogger aus Israel, Palästina und dem Libanon zusammen. Diese konnten sich so austauschen, der Leser fand immer die neuesten Beiträge übersichtlich dargestellt.

"Blogger können sicherlich neue Quellen werden, wenn sie in solchen Kriegsschauplätzen vor Ort sind", meint Gerd Stodiek. Der Gründer eines Blog-Verlags in Berlin hat sich im Rahmen einer Studie intensiv mit dem Thema beschäftigt. "Ihnen fehlen zwar oftmals die Werkzeuge für einen detaillierten Kontext, aber schnelle Reportage und Interview vor Ort sind ihre Stärke. Und das Dementieren von Berichten der großen Medien, die oftmals nur eine Quelle aus einer Region haben."

Dass sich diese durchaus auch für die Online-Autoren interessieren, zeigt der Fall von Salam Pax, der während der Invasion der Amerikaner im Irak in seinem Weblog aus Bagdad berichtete. Seine Beiträge erreichten eine so hohe Aufmerksamkeit, dass der britische "Guardian" den damals 29-jährigen als Kolumnenschreiber anstellte. Nach dem Krieg veröffentlichte Pax eine Sammlung seiner Webeinträge als Buch. Es trug den Titel "Let's get bombed - Schöne Grüße aus Bagdad".

Florian Surek, Studiengang Online-Journalismus, Hochschule Darmstadt