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Bischof Kukah

Asumpta Lattus/ Greta Hamann15. Mai 2012

Bischof Kukah ist katholischer Bischof im nigerianischen Sokoto. Mit der Deutschen Welle sprach er über den Terror, über die Korruption im Land und mögliche Wege aus der Krise.

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Bischof Matthew Hassan Kukah im DW-Studio (Foto: DW)
Bischof Kukah im Studio der DWBild: DW

In Sokoto im überwiegend muslimischen Norden Nigerias treffen die Religionen aufeinander. Der Sultan, das geistliche Oberhaupt der Muslime, und auch der katholische Bischof Matthew Hassan Kukah haben dort ihren Sitz. Der 58-jährige Kukah vermittelte bei zahlreichen Konflikten im Land. Er war Teil der Untersuchungskommission, die Menschenrechtsverletzungen des früheren Militärregimes in Nigeria aufarbeitet.

Deutsche Welle: Bischof Kukah, Sie sind Bischof von Sokoto. Ist das nicht der härteste Job der Welt?

Bischof Kukah: Das wäre er wahrscheinlich, wenn es nicht die vielen tollen Menschen in Sokoto gäbe, mit denen ich dort glücklicherweise zusammen leben darf. Der Regierung in Sokoto ist es gemeinsam mit dem Sultan gelungen, ein Klima zu schaffen, in dem niemand diskriminiert wird. Natürlich gibt es auch in Sokoto Probleme, die noch zu lösen sind, so wie überall. Der größte Teil des nordwestlichen Nigeria ist aber, Gott sei dank, frei von dem Klima der Gewalt, das Boko Haram verbreitet.

Viele Leute sagen, dass Boko Haram im Norden Nigerias für einen islamischen Staat kämpft. Was sagen Sie dazu?

Bischof Kukah: Das ergibt für mich keinen Sinn, denn Boko Haram scheint kein einheitliches Ziel zu haben. Die Aussagen Boko Harams und ihre Taten deuten meiner Meinung nach nicht darauf hin, dass sie einen islamischen Staat wollen. Man kann keinen islamischen Staat gründen, ohne ein bestimmtes Grundwissen und Disziplin zu haben und ohne wirklich zu sagen, woran man glaubt. Genau das hat Boko Haram aber nicht.

Inwiefern tragen Nigerias politische und wirtschaftliche Probleme dazu bei, dass Boko Haram weiter an Kraft gewinnt?

Die wirtschaftliche Lage Nigerias hat sich seit der letzten Wahl nicht verändert. Eine Sache, die uns hier in Nigeria besonders beschäftigt, ist die Korruption. Boko Haram ist das Symptom, es ist nicht die Krankheit. Die wirkliche Krankheit ist der unglaubliche und beschämend hohe Grad an Korruption in der nigerianischen Bürokratie, im öffentlichen Dienst und in der politischen Elite.

Wenn Sie Präsident von Nigeria wären, wie würden Sie Boko Haram bekämpfen?

Zum Glück bin ich nicht der Präsident - und ich habe keine Eile, Präsident zu werden, bis ich wirklich verstanden habe, was Nigerias Probleme sind. Ich glaube, ich würde mich erst einmal darum kümmern, den Nigerianern das Gefühl zu geben, dass sie eine Nation sind. Sie wurden benutzt, sie mussten leiden und sie wurden gedemütigt. Sie mussten mit ansehen, wie ihre Ressourcen verschwendet wurden und wie sich ihre Lebenserwartung konstant verringerte. Ich würde mich darum kümmern, dass Nigerias Ressourcen gerecht verteilt würden.

Wenn du in Nigeria Minister bist oder irgendein Regierender oder gar Präsident, dann musst du das Geld nicht einmal stehlen. Die Position an sich bringt schon viele Vorteile mit sich. Deshalb frage ich mich auch, wie es sein kann, dass Nigerias politische Elite trotzdem so rücksichtslos korrupt geworden ist. Wenn der durchschnittliche nigerianische Beamte glaubt, er braucht ein Haus in Abuja, ein weiteres in Kaduna, eins in London und noch eins in New York – dann läuft etwas ganz falsch.

Die Nigerianer verachten die politische Elite. Keiner glaubt, dass sie das Wohl des Landes im Herzen trägt, sondern nur ihr eigenes. Wir sehen, wie die Lebensqualität in Nigeria sinkt. Obwohl tausende Dollar geflossen sind, steht uns weniger Energie zur Verfügung als noch vor einigen Jahren. Die Straßen sind noch immer kaputt, die Lebensqualität hat sich mit Ausnahme von wirklich ganz kleinen Schritten hier und da so gut wie gar nicht verbessert.

Glauben Sie, dass man Nigerias Krise bekämpfen kann, indem man die Infrastruktur verbessert?

Ja. In der Sprache der Haussa sagen wir immer: "Wenn du keine Risse in deiner Hauswand hast, dann kommt auch kein Ungeziefer hinein." Es sind diese Risse, die der nigerianische Staat nicht ausgebessert hat, die Boko Haram nutzt. Dem nigerianischen Staat war es viel zu lange egal, unter welchen sozialen Bedingungen die Menschen leben. Das rächt sich jetzt in Form der Gewalt von Boko Haram. Die Menschen werden immer ungeduldiger, wenn sie mit anschauen, wie ihre eigene Lebensqualität immer weiter in den Keller sackt und die Lebensumstände derjenigen, die an der Macht sind, mit astronomischer Geschwindigkeit genau in die andere Richtung gehen. Genau das bringt uns diese Krise, vor der wir im Moment stehen.

Goodluck Jonathan und drei uniformierte Männer (Foto: picture-alliance/dpa)
Nigerias Präsident Goodluck Jonathan bei der AmtseinführungBild: picture-alliance/dpa
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