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Bolivianer stärken Staatseinfluss bei Erdgasförderung

19. Juli 2004

Knapp ein Jahr nach blutigen Zusammenstößen mit mehr als 50 Toten wegen der Erdgaspolitik haben die Bolivianer für einen stärkeren staatlichen Einfluss gestimmt. Das Ergebnis ist ein Erfolg für die Regierung.

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Applaus vom Präsidenten über den VolksentscheidBild: AP


Nach ersten Ergebnissen am Montag (19.7.2004) bejahte bei einer Volksabstimmung die Mehrzahl der Wahlberechtigten die insgesamt fünf Fragen, die zur Abstimmung standen. Die staatliche Energiegesellschaft YPFB soll demzufolge wieder eine aktivere Rolle bei der Erdgasförderung und -vermarktung spielen. Die ausländischen Gesellschaften sollen künftig höhere Steuern zahlen. Das Ergebnis des Referendums gilt als Erfolg für Präsident Carlos Mesa.

Geringe Beteiligung

Die außerparlamentarische Opposition um den Gewerkschaftsdachverband und den Bauernführer Felipe Quispe, die zum Boykott des Referendums aufgerufen hatte, sprach allerdings von einer niedrigen Beteiligung. "Über die Hälfte der Bevölkerung stimmte nicht ab, weil sie verstand, dass die Fragen im Interesse der Konzerne gestellt waren", sagte Quispe. Nach Schätzungen lokaler Radiosender beteiligten sich rund 50 Prozent der 4,4 Millionen abstimmungsberechtigten Bolivianer nicht an der Volksabstimmung.

Präsident Mesa, der nach eigenen Angaben die Rolle des Staates in der Erdgaspolitik stärken will, wertete das Referendum als "Fest der Demokratie". Der Frieden habe die Gewalt besiegt, sagte er zum reibungslosen Ablauf der Abstimmung. Nun gelte es, den Willen des bolivianischen Volkes durch ein Gesetz über fossile Brennstoffe umzusetzen. Die Beteiligung sei höher gewesen als bei den meisten anderen Volksabstimmungen in Lateinamerika.


Auftrag an den Staat

Der sozialistische Oppositionsführer Evo Morales wertete das vorläufige Ergebnis als Auftrag an den Staat, die Kontrolle über seine Rohstoffe zurückzugewinnen. Im Gegensatz zum parteilosen Staatschef forderte Morales, bestehende Verträge über die Erdgasförderung mit den multinationalen Erdölkonzernen neu zu verhandeln. "Wir wollen eine Verstaatlichung ohne Entschädigung", sagte Morales.

Die Erdgasfrage ist in Bolivien, das nach Venezuela über die größten Reserven Südamerikas verfügt, ein politisch sensibles Thema. Im vorigen Jahr war Mesas Vorgänger Gonzalo Sánchez de Lozada wegen geplanter Exporte von Erdgas über chilenische Häfen nach blutigen Protesten gestürzt worden. Bolivien fordert von Chile einen eigenen Zugang zum Pazifik, den es im Salpeterkrieg vor 125 Jahren verloren hatte. Die Regierung Mesa soll jetzt das Erdgas als Druckmittel gegen Chile einsetzen, das unter einer Energiekrise leidet. (ali)