Borissow-Partei gewinnt Parlamentswahl
3. Oktober 2022In Bulgarien hat die prowestliche bürgerliche GERB die vorgezogene Parlamentswahl gewonnen. Die Oppositionspartei von Ex-Regierungschef Bojko Borissow erhielt 25,4 Prozent der Stimmen, wie aus dem amtlichen Zwischenergebnis nach Auszählung von 99 Prozent der Wahlzettel hervorgeht.
Die zuletzt regierende liberale PP (Wir führen den Wandel fort) von Ex-Regierungschef Kiril Petkow kam mit 20,2 Prozent auf Platz zwei. Endergebnisse werden erst im Laufe der Woche erwartet. Vorerst sieben Parteien haben den Angaben zufolge die Vier-Prozent-Hürde überwunden.
Unter ihnen ist wieder die prorussische und nationalistische Wasraschdane (Wiedergeburt). Die im vorigen Parlament kleinste Partei dürfte jetzt mit 10,2 Prozent auf Platz vier aufsteigen - sie läge noch vor den bisher mitregierenden Sozialisten (9,3 Prozent). Das vormals ebenso mitregierende konservativ-liberal-grüne Bündnis Demokratisches Bulgarien (DB) kommt den Angaben zufolge auf 7,5 Prozent. Ins Parlament in Sofia zieht mit 4,6 Prozent auch die neue Partei Bulgarischer Aufschwung (BW) von Ex-Verteidigungsminister Stefan Janew ein.
Schwierige Regierungsbildung
Angesichts der unklaren Mehrheitsverhältnisse dürfte die Bildung einer neuen Regierung schwierig werden. Ex-Regierungschef Kiril Petkow, der seine Niederlage einräumte, schloss in der Wahlnacht eine große Koalition mit der GERB erneut aus. Borissow hatte sich dagegen offen gezeigt für Gespräche mit "allen Parteien".
Die Bulgaren hatten am Sonntag zum vierten Mal binnen 18 Monaten ein neues Parlament bestimmt. Im Juni war die Regierung von Petkow nach nur sieben Monaten im Amt durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. Ein Übergangskabinett aus Technokraten führt seither die Amtsgeschäfte.
Die Wahlbeteiligung hatte dem Meinungsforschungsinstitut Gallup International Balkan zufolge kurz vor Schließung der Wahllokale bei nur gut 35 Prozent gelegen.
Der Wahlkampf im ärmsten EU-Mitgliedstaat wurde vom Ukraine-Krieg und den unsicheren Gas-Lieferungen dominiert. Bulgarien ist historisch und kulturell eng mit Moskau verbunden. Der Einmarsch in die Ukraine hat in dem Land mit 6,5 Millionen Einwohnern tiefe Spaltungen verursacht. Während Borissow versucht, die Beziehungen sowohl zur EU als auch zu Russland und der Türkei nicht zu gefährden, nahm Petkow im Wahlkampf eine klare pro-europäische Haltung ein.
jj/kle/fab (dpa, afp, rtr)