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Bornavirus auch beim Menschen

Gudrun Heise
28. März 2018

Normalerweise befällt das Bornavirus nur Tiere. Doch nachdem in Deutschland nun erstmals drei Menschen nach einer Infektion gestorben sind, stellt sich die Frage: Wie gefährlich ist der Krankheitserreger für uns?

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Borna-Virus Forscher Hanns Ludwig
Bild: picture-alliance/dpa/T. Maesla
Waldspitzmaus Wald Spitzmaus Sorex araneus
Die Spitzmaus ist Reservoir des Bornaviruses Bild: Imago/blickwinkel

Zur Infektion mit dem Bornavirus kam es bei den jetzt entdeckten Fällen unter anderem durch eine Organtransplantation. Die Betroffenen erlitten eine Gehirnentzündung, die höchstwahrscheinlich durch das klassische Bornavirus (BoDV1) ausgelöst wurde. "Aus den jetzigen Fällen kann man folgern, dass es in der Tat schwerwiegende Verläufe mit einer Entzündung des Gehirns durch das Bornavirus geben kann", sagt der Freiburger Virologe Hartmut Hengel. "Aber sie sind offensichtlich sehr selten. Kompliziert wird die Sache dadurch, dass ein Teil der Infektionen im Rahmen einer Organtransplantation passiert sind. Wie sich der - zum Zeitpunkt der Organentnahme  nicht erkrankte - Organspender infiziert hat, wissen wir bisher noch nicht", so der Präsident der Gesellschaft für Virologie weiter.

Übertragung durch Tiere

Nach heutigem Wissensstand beschränkt sich das Vorkommen des Bornavirus' auf Teile Ost- und Süddeutschlands, Österreichs, der Schweiz und Lichtensteins. Alle Patienten sowie der Organspender stammen aus einem dieser Verbreitungsgebiete. Eine Übertragung von einem Menschen auf einen anderen findet nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht statt.

Als Reservoir des Bornvirus' gilt die Spitzmaus. "Die Spitzmaus wird vom Bornavirus infiziert, scheidet dieses Virus auch über den Urin aus, erkrankt selbst aber nicht. Generell gibt es häufig chronische Virus-Infektionen, bei denen der Wirt gut an das Virus angepasst ist und umgekehrt. Es kommt dann  zu keinen schwerwiegenden Krankheitserscheinungen", so Hengel.

Anders ist es, wenn das Bornavirus auf ein Schaf oder auf ein Pferd übertragen wird. Beide Tierarten sind sogenannte Fehlwirte. Sie werden durch die Infektion krank. Und auch Katzen können sich infizieren. 

"Wir denken, dass der Menschen in diesem Zusammenhang  auch ein solcher Fehlwirt ist und erkrankt. Aber alles in allem passiert dies extrem selten. Das gilt sowohl für den Menschen wie auch für Pferde und Schafe." Eine Übertragung des Virus von infizierten Pferden oder Schafen auf andere Säugetiere wurde bisher nicht nachgewiesen.

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Eine lange bekannte Infektionserkrankung

Der Name geht auf die Stadt Borna in Sachsen zurück. Dort tauchte die Infektion vor etwa 100 Jahren auf und führte innerhalb kürzester Zeit zu seuchenartigen Krankheitsfällen bei Pferden, die an der Infektion starben. 

Das Borna-Virus war in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand sehr kontroverser Debatten unter Medizinern. Einige Wissenschaftler sind der Überzeugung, dass das Bornavirus weltweit verbreitet sei und beim Menschen relativ häufig vorkomme, mit Prävalenzen von über 20 Prozent. Andere, wie Hengel, meinen, es werde überschätzt. Er betont, dass zuverlässige Nachweisverfahren fehlen. Die Infektionen beim Menschen seien wahrscheinlich eher selten. 

Am Robert Koch Institut hatten Wissenschaftler Anfang der 1990er Jahre zum Bornavirus geforscht. Sie konnten damals keine Hinweise darauf finden, dass das Virus eine Gefahr für den Menschen bedeuten könne. Die Forschungsarbeit wurde 2005 eingestellt.

Depressionen und Schizophrenie 

Bei Tieren ist schon länger bekannt, dass das Virus das zentrale Nervensystem befällt. Es kommt zu neurologischen oder psychischen Störungen und Verhaltensänderungen. Das limbische System ist häufig betroffen. Es steuert Gefühle und Emotionen.

3D Darstellung von Gehirnzellen - Nervenzellen
Bei einer Infektion mit dem Borna-Virus ist das zentrale Nervensystem betroffen Bild: Imago/imagebroker/O. Maksymenko

Einige Wissenschaftler vermuten daher, dass das Bornavirus auch beim Menschen zu Depressionen oder Schizophrenie führen kann. Virologe Hengel hält entsprechende Studien für nicht aussagekräftig. "Es gibt bisher keine wirklichen 'State of the Art' evaluierten Testverfahren für Infektionen mit dem Bornavirus bei Menschen ohne Hirnentzündung" sagt er. "Die in diesen Studien eingesetzten Verfahren haben nicht die Zuverlässigkeit, die sonst in der humanvirologischen Diagnostik gilt. Deswegen gibt es in der virologischen Fachwelt erhebliche Kritik an den Ergebnissen." 

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Neue Tests

'Alles Schlechte hat auch immer etwas Gutes' – im Fall der Infektionen mit dem Borna-Virus könnte das unter anderem bedeuten, dass neue Tests entwickelt werden. Bei Gehirnentzündungen, deren Ursache nicht eindeutig geklärt ist, soll demnächst auch auf Bornaviren getestet werden. "Deshalb müssen extrem zuverlässige diagnostische Werkzeuge entwickelt werden. Aber das wird noch eine ganze Zeitlang dauern", sagt der Virologe. "Bei medizinischen Testverfahren kann es immer wieder zu falsch-positiven Resultaten kommen, wenn die Tests nicht sehr spezifisch sind." 

Für Hartmut Hengel und etliche andere Wissenschaftler kam die Nachricht über die Infektionen mit dem Bornavirus überraschend. Und es stellt einige von ihnen vor neue Herausforderungen. "Aus den bisherigen Fällen können wir lernen, dass das Bornavirus uns Virologen den Nachweis recht schwer macht. Es kommt zum Beispiel nicht in höheren Konzentrationen im Blut vor. Es ist daher nicht leicht, das Bornavirus nachzuweisen," sagt der Mediziner

Mit den molekularen und serologischen Untersuchungsmethoden, die den Wissenschaftlern heute zur Verfügung stehen, können sie die Infektion mit großer Sicherheit nachweisen. Das gilt auch für die jetzt bekannt gewordenen Fälle. Bei den Patienten wurden hohe Konzentrationen von Antikörpern im Blut festgestellt, die für das Bornavirus spezifisch sind. Eine zugelassene antivirale Therapie gegen Bornavirus-Infektionen beim Menschen gibt es zurzeit noch nicht.