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Politik

"Es wird ein langer, zäher Kampf"

Rahel Klein
20. Dezember 2016

Auch wenn noch viele Fragen ungeklärt sind, scheint klar: Der Angriff auf den Berliner Weihnachtsmarkt war ein Terroranschlag. Im Interview sagt CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach: Absolute Sicherheit wird es nie geben.

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Wolfgang Bosbach
Bild: Imago/Viadata

DW: Herr Bosbach, auch der Generalbundesanwalt hat inzwischen bestätigt, dass man von einem Anschlag mit terroristischem Hintergrund ausgeht. Muss Deutschland sich endgültig daran gewöhnen, im Fadenkreuz des Terrors zu stehen?

Bosbach: Wir müssen davon ausgehen, dass wir einen langen, zähen Kampf gegen den internationalen Terrorismus führen müssen. Es hat in den letzten Jahren mehrere Drohbotschaften gegeben, in denen Deutschland ganz ausdrücklich als potentielles Anschlagsziel genannt worden ist. Und wir müssen uns mit dem Gedanken vertraut machen, dass die Gefahr eben nicht nur von großen Terrororganisationen ausgeht, wie dem "IS" oder Al-Kaida, sondern auch von kleinen Gruppen radikalisierter Einzeltäter.

Kann man solche Anschläge verhindern?

Es gibt keine Maßnahme, die man ergreifen und anschließend verkünden kann: Jetzt kann nichts mehr passieren. Gäbe es ein solches Mittel, hätten wir es ja längst eingesetzt. Eine offene Gesellschaft, so wie wir es sind, wird leider immer auch Angriffsflächen für den Terror bieten. Das wiederum ändert nichts daran, dass wir uns immer überlegen müssen: Wie können wir insbesondere Großveranstaltungen besser schützen?

Was müsste ihrer Ansicht nach getan werden? Brauchen wir eine Verschärfung der Anti-Terror-Gesetze?

Wir haben in den letzten Jahren eine ganze Fülle von organisatorischen und gesetzgeberischen Maßnahmen ergriffen. Immer mit der Begleitmusik, jetzt auf dem Weg in den Polizei- oder Überwachungsstaat zu sein oder dass die Terrorgefahr hochgespielt würde, um neue Gesetze durchsetzen zu können. Das habe ich alles 100 Mal gehört und es war 100 Mal falsch.

Im Moment denke ich nicht an neue Gesetze, sondern eher an die angemessene Ausstattung unserer Sicherheitsbehörden mit Personal und Technik und an eine bessere internationale Zusammenarbeit. Denn den internationalen Terror werden wir nur mit grenzüberschreitender Zusammenarbeit erfolgreich bekämpfen können.

Kanzlerin Angela Merkel, Innenminister Thomas de Maizière und viele weitere Politiker haben gesagt: Wir kämpfen für unsere Freiheit, wir dürfen nicht vor Terroristen zurückweichen. Wie schaffen wir es, uns unsere Freiheit nicht nehmen zu lassen?

Wenn wir erst einmal beginnen, unser Leben zu ändern, wie wir es gerne leben, dann haben die Terroristen gewonnen. Das unterscheidet ja auch den Terror von der "normalen Kriminalität". Das Ziel des Terrors ist es, Staat und Gesellschaft in den Grundfesten zu erschüttern, so dass wir unser Leben aus Angst vor dem Terror ändern. Und genau das sollten wir nicht tun. Dann haben die Terroristen schon mal ein wichtiges Ziel erreicht. Und diesen Triumph sollten wir ihnen nicht gönnen.

Die AfD und rechte Gruppen suchten bereits kurz nach dem Anschlag nach Schuldigen, nannten Angela Merkel und die Flüchtlingspolitik und sprechen davon, dass Deutschland nicht mehr sicher ist. Wird die CDU ihren Kurs ändern müssen?

Wir haben unseren Kurs doch schon seit Monaten geändert, aber nicht als Reaktion auf die dumpfen Parolen der AfD, sondern weil das in der Sache richtig war. Die Asylpakete I und II, die Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten oder das Integrationskonzept. Das sind doch alles richtige, wichtige Kurskorrekturen. Aber dafür brauchen wir nicht die Sprüche von AfD und Anderen.

Wolfgang Bosbach (CDU) ist Mitglied des Deutschen Bundestages und war von 2009 bis 2015 Vorsitzender des parlamentarischen Innenausschusses.

Das Gespräch führte Rahel Klein.