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Mehr Geld für die ZAR

Andrea Rönsberg26. Mai 2015

Mehr Geld zur Lösung des Konflikts in der Zentralafrikanischen Republik - das verspricht die Europäischen Union auf einer Geberkonferenz. Doch der Weg zu den Wahlen ist ambitioniert. Andrea Rönsberg aus Brüssel.

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Catherine Samba-Panza (M.), Neven Mimica (r.) und Christos Stylianides (l.) (Foto: AFP)
Bild: Getty Images/AFP/E. Dunand

"Resilience" - zu deutsch Belastbarkeit oder Widerstandsfähigkeit - das ist der Begriff, der am Dienstag in Brüssel immer wieder fällt. Schließlich trägt die Geberkonferenz für die Zentralafrikanische Republik (ZAR) den Titel "Von der humanitären Hilfe zur Belastbarkeit". Das Thema: Wie dem Land geholfen werden kann, die seit über zwei Jahren andauernde Krise zu überwinden. Es gehe darum, eine Situation herzustellen, "in der die Regierung normal funktioniert und die Bürger in Sicherheit leben", sagt Neven Mimica (Artikelbild rechts), der in der EU-Kommission für Entwicklungszusammenarbeit zuständig ist.

Doch Catherine Samba-Panza, die Übergangspräsidentin der Zentralafrikanischen Republik, macht deutlich, dass ihr Land von Normalität noch weit entfernt ist. "Wir haben sehr viele Binnenflüchtlinge und sehr viele, die sich in die Nachbarländer geflüchtet haben", sagt sie. "Diese Menschen wollen zurückkehren, aber wir können ihnen nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen, damit sie sich wieder in ihrer Heimat niederlassen können. Wir haben kein Geld, damit sie ihre zerstörten Häuser wieder aufbauen können, und wir können ihnen nicht einmal das absolute Minimum geben, damit sie eine würdige Existenz führen können."

EU sagt weitere Hilfsgelder zu

Die EU, die die Zentralafrikanische Republik in den vergangenen beiden Jahren bereits mit 377 Millionen Euro unterstützt hat, hat deshalb nun weitere Mittel in Höhe von 72 Millionen Euro zugesagt. Davon sind zehn Millionen für humanitäre Hilfe vorgesehen und weitere 40 Millionen zur Unterstützung des Haushalts der Regierung.

In einen Treuhandfonds, den sie im vergangenen Jahr gemeinsam mit Frankreich, Deutschland und den Niederlanden eingerichtet hat, will die EU 22 Millionen einzahlen. Hierfür sagte Deutschland weitere fünf Millionen Euro zu, Italien eine Million. Als erstes Nicht-EU-Land will die Schweiz den Fonds mit einer Million Schweizer Franken unterstützen. Der Fonds trägt den Namen "Bêkou", was auf Sango, der Hauptsprache der ZAR, "Hoffnung" bedeutet. Er hat zum Ziel, neben humanitärer Hilfe auch den Wiederaufbau und mittelfristige Entwicklungsprojekte zu finanzieren.

Nicht ausreichend Geld für Wahlen

Dennoch fehlt der Übergangsregierung von Catherine Samba-Panza das Geld für einen weiteren Schritt in Richtung Normalität: für die Durchführung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Ursprünglich hatten diese Anfang des Jahres stattfinden sollen, dann waren sie auf den Sommer verschoben worden. Nun, so heißt es, sollen die Wahlen vor Jahresende abgehalten werden. "Die Wahlen können nicht im August stattfinden, weil uns noch viel Geld fehlt", erklärt Samba-Panza im Gespräch mit der DW. Ihre Wirtschaftsministerin Florence Limbio führt aus: "Wir haben uns mit der internationalen Gemeinschaft auf ein Programm geeinigt, wie die Wahlen durchzuführen sind. Da geht es um die Erfassung und Registrierung von Wählern, die Ausstellung von Wahlscheinen, die Aufstellung von Wahlurnen."

Catherine Samba-Panza (Foto: AFP)
Verspricht demokratische Wahlen bis Jahresende: Catherine Samba-PanzaBild: Getty Images/AFP/E. Dunand

Die Organisation und Durchführung der Wahlen stelle die ZAR vor eine enorme logistische Herausforderung, die ohne die Unterstützung von Geberländern unmöglich zu bewältigen sei, sagt Valérie Arnould. Die Politikwissenschaftlerin verfolgt beim Brüsseler Thinktank "Egmont Institute" die Lage in der ZAR. Carla Montesi, die in der EU-Generaldirektion für Entwicklungszusammenarbeit für Zentralafrika zuständig ist, sieht in der Verschiebung des Urnengangs kein Problem. Priorität müsse eine gute Organisation haben. "Wir brauchen ja keine Wahlen um jeden Preis, sondern wir brauchen glaubwürdige Wahlen, auf denen dann die Zukunft des Landes aufgebaut werden kann", so Montesi im DW-Gespräch.

Keine Wahlen ohne Sicherheit

Doch die Logistik ist nur eine Hürde für die Wahlen, die die Übergangsregierung mit Hilfe von außen überwinden möchte. Eine weitere ist die Sicherheit. Zwar haben sich die kontrahierenden Rebellenbündnisse verpflichtet, ihre Waffen niederzulegen: Vertreter der muslimischen Séléka sowie der christlichen Anti-Balaka und weiterer Milizen unterzeichneten vor zwei Wochen ein entsprechendes Dokument. "Allerdings sind sowohl die Séléka als auch die Anti-Balaka intern teilweise gespalten", sagt Valérie Arnould. "Niemand kann garantieren, dass jede Untergruppe dem zustimmt, was da unterschrieben worden ist." Überall im Land gebe es Gebiete, die weiter sehr unsicher seien.

Auch diesen Zustand bemüht sich die EU zu verbessern. Bis März 2015 trugen zusätzlich zu einer UN-Mission auch EU-Truppen dazu bei, die Sicherheit in der Hauptstadt Bangui wiederherzustellen. Mittlerweile aber ist die EU ausschließlich mit Militärberatern vor Ort. Diese sollen helfen, die Streitkräfte der ZAR in eine "professionelle und demokratisch kontrollierte" Truppe zu verwandeln. Diese militärische Unterstützung ist allerdings zu langfristig angelegt, als dass sie geeignet wäre, ein sicheres Umfeld für die bevorstehenden Wahlen zu garantieren, schätzen Beobachter. "Es ist natürlich nicht möglich, eine gesamte Armee innerhalb einiger Monate komplett zu reformieren", sagt Valérie Arnould. Um sichere Wahlen zu gewährleisten, müssten deshalb wahrscheinlich die Truppen der UN aufgestockt werden.

UN-Truppen in Bangui
UN-Truppen gewährleisten Sicherheit in der Zentralafrikanischen Republik - zumindest in der Hauptstadt BanguiBild: picture-alliance/AA/Stringer

Ambitioniert, aber notwendig

Angesichts der vorherrschenden Sicherheitslage zeigt sich Arnould skeptisch, ob es überhaupt möglich sei, "wirklich im gesamten Staatsgebiet Wahlen abzuhalten". Den Zeitplan hält sie für ambitioniert. Um den einzuhalten, müsse umgehend mit der Entwaffnung der Rebellen begonnen werden und die versprochenen Hilfsgelder ausgeschüttet werden. Wenn die Wahlen erneut verschoben würden, bestehe aber die Gefahr, dass einige Akteure darüber so verärgert seien, dass sich die Sicherheitslage erneut verschlimmere.

Für die Übergangspräsidentin der ZAR gibt es an dem Wahltermin kein Rütteln: "Es wird glaubwürdige und demokratische Wahlen geben", verspricht Catherine Samba-Panza in Brüssel, "und sie werden auf jeden Fall stattfinden vor Jahresfrist". Eines beteuert Samba-Panza außerdem: "Ich habe immer gesagt, dass ich nicht kandidieren werde. Die Regeln besagen, dass ich als Übergangspräsidentin nicht bei den Wahlen kandidieren kann." Sie wolle der internationalen Gemeinschaft und vor allem ihrem Volk zeigen, dass sie Wort halte.