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Umwelt

26. Februar 2012

Der Widerstand gegen den Handel mit Emissionsrechten im Luftverkehr ist groß. Trotzdem will EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard in Brasilien für dieses System werben, sagt sie.

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Connie Hedegaard
Bild: picture-alliance/dpa

Im Kampf gegen die Erderwärmung will die EU auch die dynamischen BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) mit ins Boot holen. Zu diesem Zweck reist EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard am Montag (27.2.2012) nach Brasilien. Auf ihrem Programm stehen Treffen mit der brasilianischen Umweltministerin Izabella Teixeira und dem Außenminister Antonio Patriota. Im Gespräch mit der Deutschen Welle lobt die Dänin die brasilianischen Initiativen für den Umweltschutz und erklärt, was Europa von der Umwelt-Konferenz Rio +20 erwartet.

Deutsche Welle: Wie bewerten Sie die Rolle Brasiliens und anderer Schwellenländer bei der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft?

Connie Hedegaard: Ich weiß, dass Brasilien schon viel getan hat, besonders nach der Klimakonferenz in Kopenhagen vor zwei Jahren. Es war sehr wichtig, dass die brasilianische Regierung ein Ziel zur Reduzierung der Emissionen um 36 bis 38 Prozent bis 2020 zugesagt hat. Mehr als ein Drittel weniger CO2-Emissionen im Vergleich zu dem Wert, der erreicht würde, wenn das Land nichts unternehmen würde: Das war ein bedeutsames Signal.

Als große Wirtschaftsmacht hat Brasilien sicherlich eine Schlüsselrolle. Und nicht nur das: Das Land trägt auch eine große Verantwortung. In der letzten Woche der Verhandlungen bei der Klimakonferenz in Durban war Brasilien der erste von vier BRICS-Staaten, der einem verpflichtenden Ziel zur Reduzierung der Emissionen in einem nächsten Klimaabkommen zugestimmt hat (Russland weigerte sich, die Red.). Auch unter diesem Gesichtspunkt glaube ich, dass Brasilien eine wichtige politische Rolle spielt.

Die UN-Klimakonferenz Rio +20 hat auch das Ziel, diese Diskussion weiter voranzutreiben. Was wäre aus europäischer Sicht eine erfolgreiche Konferenz?

Wir hoffen, dass Rio +20 einen Paradigmenwechsel in der globalen Diskussion über Entwicklung markieren wird. Die Weltwirtschaft muss in den nächsten Jahren stark wachsen, denn auf der Erde leben immer mehr Menschen, immer mehr Bürger gehören der Mittelschicht an. Das ist gut, aber das alles führt auch zu einer großen Belastung unserer natürlichen Ressourcen.

Wir haben die Hoffnung, dass die Konferenz uns auf den Weg einer grüneren Wirtschaft bringt. Eine erfolgreiche Konferenz wäre es, wenn sich die Teilnehmer darauf einigen würden, auf eine nachhaltige Entwicklung hinzuarbeiten. Ein Erfolg wäre es auch, wenn bei Rio +20 greifbare Ziele definiert würden, die dazu führen würden, dass die Welt gleich am nächsten Tag etwas anders macht. Ein Beispiel wäre der weltweite Zugang zu nachhaltiger Energie. Wir können als Ziel den Zugang zu solcher Energie bis 2030 festlegen, zusätzlich den Zuwachs erneuerbarer Energien, der Energieeffizienz. Das würde zu unmittelbaren Initiativen gleich im Anschluss an Rio +20 führen.

Flugzeug Kondensstreifen im Himmer über Frankfurt am Main
Flugzeug Kondensstreifen im Himmer über Frankfurt am MainBild: picture-alliance/dpa

Einige praktische Maßnahmen in Richtung dieser grünen Wirtschaft werden bereits in aller Welt umgesetzt. Der europäische Emissionshandel im Luftverkehr ist eine davon. Fluggesellschaften, die in Europa aktiv sind, müssen neuerdings Emissionszertifikate kaufen. Haben Sie erwartet, dass diese Maßnahme so viel Feindseligkeit hervorrufen würde?

Diese Feindseligkeit überrascht uns nicht. Es ist klar, dass einige Länder das europäische System des Emissionshandels im Flugverkehr nicht mögen. Sie sagen, dass sie ein globales System bevorzugen würden. Und wer hat seit 1997 heftig für ein globales System gekämpft? Die Europäische Union!

Und erst nachdem wir mehr als zehn Jahre für ein globales System gekämpft hatten, haben wir die Strategie geändert: Wenn die Länder nichts für ein globales System tun wollen, erschaffen wir eben ein regionales. Und jetzt sagen viele Länder: "Eigentlich arbeiten wir daran, ein globales System zu implementieren." Niemand wäre darüber glücklicher als die EU. Es wäre einfacher, wenn sie nicht gegen unser System wären und wenn alle Länder unter dem Dach der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) sich die Hände reichen und ein globales System schaffen würden.

Die EU hat angedeutet, dass die Regeln geändert werden könnten, wenn es Anzeichen dafür gebe, dass ICAO tatsächlich ein globales System einführt.

Die offizielle Position der EU ist: An dem Tag, an dem ein globales Regelwerk in Kraft tritt, ist klar, dass das europäische System nicht mehr relevant ist. Aber wir werden nicht unser System ändern, weil einige Länder gerne einen globalen Weg "diskutieren" würden. Das ist der Grund, warum ich diese Länder herausfordere, die sich gegen das europäische System verschworen haben.

Wir wissen, dass sie unser System nicht gut finden. Aber was hätten sie denn gern? Welche Einigung könnten wir im Rahmen der ICAO finden? Können diese Länder einen Vorschlag für ein globales System unterbreiten, wie sie es gerne hätten? Wir werden sehen.

Ich bin sicher, dass einige der Passagiere, die mit mir von München nach Brasília fliegen sind, es gerecht finden, zwei oder drei Euro mehr für die Verschmutzung durch einen Langstreckenflug zu zahlen. Wir sprechen von einer Summe, für die ich in München am Flughafen nicht mal einen Kaffee bekomme.

Sie sind dafür, dass Umweltsünder für die Verschmutzung zahlen, die sie verursachen. Wäre das ihrer Meinung nach auch die effizienteste Methode, Regierungen und Privatpersonen dazu zu bringen, an die Umwelt zu denken? Indem sie die Auswirkungen in ihrem Geldbeutel spüren?

Solange es nichts kostet, die Luft zu verschmutzen oder Chemikalien ins Wasser zu entsorgen und so Flüsse zu zerstören, wird der Mensch eine Tendenz dazu haben, es zu machen. Wenn es aber eine Steuer für diejenigen gibt, die die Umwelt verschmutzen, dann werden Unternehmen, Bürger und Regierungen beginnen, umzudenken. Es wird dann lohnenswerter, die Natur nicht zu zerstören, nicht zu verschmutzen und keine Energie zu verschwenden.

Wenn es notwendig ist, dass die Welt die Marschroute ändert, etwas innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums anders macht, dann ist es meines Erachtens wichtig, diese Frage des Bezahlens auf korrekte Weise zu betrachten. Wenn man effizient ist, ist der Kosten-Nutzen-Faktor positiv. Wenn man ineffizient ist, wird es teuer. So gibt es einen Anreiz, die Dinge zu ändern und das ist es, was wir brauchen.

Umweltbewusstsein allein zählt nicht, entscheidend ist zügiges Handeln.

Interview: Nádia Pontes/Übersetzung: Julia Maas
Redaktion: Andreas Noll