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Breuer: "Nicht vor Sport abschrecken!"

Stefan Nestler31. Oktober 2013

Die Diskussion um ein Anti-Doping-Gesetz hat wieder Fahrt aufgenommen. Wie stehen die Sportler dazu? Antworten gibt der frühere Eisschnellläufer Christian Breuer, der Athletensprecher des DOSB.

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DOSB-Athletensprecher Christian Breuer. Foto: DW/Stefan Nestler
Bild: DW/S. Nestler

DW: Herr Breuer, es wird im Augenblick wieder viel über ein Anti-Doping-Gesetz geredet. Haben Sie das Gefühl, dass die Diskussion ein bisschen am Athleten vorbeiläuft?

Christian Breuer: Jein. Es ist völlig richtig, dass man die letztlich Betroffenen nicht zu 100 Prozent einbezieht. Ich würde auch nicht den klassischen Betrüger einbeziehen, wenn ich die Gesetze dazu schreibe. Das wäre Lobbyismus im Strafrecht, den keiner nachvollziehen könnte. Auf der anderen Seite ist aber der Rat des Athleten oder zumindest der Athleten-Vertretung durchaus notwendig, um die Feinheiten des Sports zu verstehen. Im Wettkampf trifft der beruflich orientierte Sportler auch schon einmal auf den völligen Amateur, auf den Studenten, der eigentlich nicht genügend Geld hat, um den Sport zu treiben. Diese Feinheiten muss auch die juristische Ebene verstehen, um überhaupt einen vernünftigen Vorschlag für ein Gesetz zu machen.

Die verschiedenen Gesetzentwürfe zielen auf den Berufssportler, der zur Verantwortung gezogen werden soll. Ist am Ende doch wieder der Athlet der Buhmann, und die Hintermänner werden nicht belangt?

Ich glaube, so ein Gesetz und die Formulierungen dürfen nicht populistisch sein. Man darf nicht nur den sehen, der vorne im Rampenlicht steht, und versuchen, ihn zu attackieren. Deshalb ist für mich der Begriff Berufssportler noch ein bisschen fragwürdig, weil wir im Sport eben alle Facetten abdecken, auch Sportler, die keinen Gewinn erzielen und keine Gewinnabsichten haben. Das ist im olympischen Sport die ganz, ganz große Mehrheit. Wir müssen an die Hintermänner herankommen, weil sie es letzten Endes sind, die den Sport in ihrer Struktur missbrauchen und bedrohen.

Hat der Athlet wirklich ein Interesse daran, dass ein Doper strafrechtlich belangt wird? Darauf zielt ja ein Anti-Doping-Gesetz ab.

Der Athlet hat Interesse daran, dass jene Person sofort aus seinem Sportsystem entfernt wird, die im Endeffekt den Wettbewerb verzerrt und zu einem Schaden führt, den man nicht kontrollieren kann.

Dafür gibt es doch die Sportgerichtsbarkeit.

Ja, aber man darf auch nicht vergessen, dass schon jetzt mit Hilfe des Arzneimittelgesetzes Personen strafrechtlich belangt werden können. Ich habe jugendliche Sportler, die irgendwann einmal auch die großen Wettkämpfe bestreiten wollen. Und dann habe ich, wie es z.B. im Radsport belegt ist, ein Doping-Netzwerk dahinter, das damit Geld macht, Personen, die mit dem Sport nichts zu tun haben. Das will auch der Sportler nicht. Ich will auch meinen Kindern irgendwann raten können, Sport zu treiben, ohne im Hinterkopf zu haben, dass es dort Kartelle oder Händler gibt, die die Gesundheit meiner Kinder mit Dopingmitteln bedrohen können.

Als Spitzenathlet stecken Sie schon jetzt in einem Überwachungssystem. Sie müssen quartalsweise nachweisen, wo Sie morgens, mittags, abends, nachts sind. Jetzt droht auch noch die Keule eines Anti-Doping-Gesetzes. Das klingt nach Overkill. Ist das für den Athleten einfach nur Alltag, weil es sein muss, oder sagt er: Mensch, Leute, ich will doch nur Sport treiben?

Der Sportler erduldet sehr, sehr viel, was ihm auferlegt wird, obwohl er davon keinen finanziellen Mehrwert hat. Aber wir machen das alles mit, weil wir dadurch den sauberen Sport oder die Reputation des Sports fördern. Ich würde zwar nicht von einer Keule sprechen, aber zumindest käme demnächst noch die Möglichkeit strafrechtlicher Sanktionen durch ein Gesetz dazu. Man muss in der Diskussion aufpassen, dass man nicht irgendwann vor Sport abschreckt. Es darf nicht passieren, dass sich ein Jugendlicher nicht mehr für Sport entscheidet, weil er Angst hat, im Gefängnis zu landen, bloß weil er das falsche Nasenspray nimmt. Diese Message darf nicht herüberkommen. Die Botschaft von Gesetzesvorschlägen muss lauten: Sanktioniert wird jemand, der aus dem Doping einen Profit zieht, der über das normale Maß der Lebenserhaltung deutlich hinausgeht, der also wirklich große Gewinne erzielt. Sonst würden es die Sportler nicht verstehen.

Christian Breuer war als Eisschnellläufer 15 Mal deutscher Meister und nahm an mehreren Olympischen Spielen teil. 2006 hängte er die Schlittschuhe an den Nagel. Der 36 Jahre alte Bundespolizist ist Athletensprecher des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Das Interview führte Stefan Nestler.