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BRICS-Staaten: Partner oder Konkurrenten?

Zhang Danhong25. März 2013

Vertreter von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika treffen sich in Durban zu ihrem fünften Gipfeltreffen. Dort wollen die aufstrebenden Schwellenländer Einheit demonstrieren, doch sie haben Wachstumsprobleme.

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BRICS Logo vom kommenden Gipfel in Durban Südafrika März 2013 ***Achtung: grenzwertige Bildqualität! Nicht als Artikel- oder Karusselbild verwenden!***
Das fünfte Gipfeltreffen findet in Durban statt

Fast ein Jahrzehnt lang haben die BRICS-Staaten einen beeindruckenden Aufstieg hingelegt: Zwischen 2003 und 2008 wuchsen die Wirtschaftsleistungen in Brasilien, Russland, China, Indien und Südafrika durchschnittlich um rund acht Prozent jährlich. Als die Finanzkrise aus den westlichen Ländern auf die ganze Welt überzuschwappen drohte, waren es vor allem die BRICS-Staaten, die den Karren aus dem Dreck zogen und die Weltwirtschaft vor einer tiefen Depression bewahrten.

BRICS bleiben Wachstumsmotor

Doch nun geht ihnen die Puste aus, meinen viele Beobachter vor dem fünften Gipfeltreffen in Durban. Fallen die einst so gefeierten Schwellenländer künftig als Wachstumsmotor aus? Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE), kann das nicht erkennen. Er glaubt zwar, dass für das Wirtschaftswunderland China die Zeiten des zweistelligen Wachstums vorbei sind, aber das sei auch nicht verwunderlich: "Wir haben in der Weltwirtschaft keine Ökonomien, die über vier, fünf Dekaden auf einem Niveau von zehn Prozent gewachsen wären. China kommt jetzt also in eine Normalisierungsphase bei sechs, sieben, acht Prozent Wachstum, das ist weiterhin sehr dynamisch", sagt Messner gegenüber der DW.

Prof. Dr. Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) (Foto: DIE)
Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE)Bild: Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), 2009

Auch Jürgen Matthes vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) geht davon aus, dass der Wachstumsmotor der BRICS-Staaten weiter brummen wird: "Dazu ist das Aufholpotenzial gegenüber den Industrieländern doch noch relativ groß", so Matthes zur DW.

Jürgen Matthes vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) (Foto: IW)
Jürgen Matthes vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW)Bild: Institut der deutschen Wirtschaft Köln

Unterschiedliche Entwicklungen

Allerdings fällt das Urteil der Wirtschaftsexperten über die einzelnen Länder sehr unterschiedlich aus. "In Brasilien sind die Aussichten außerordentlich günstig, weil das Land die Kombination aufzuweisen hat zwischen einer starken industriellen Entwicklung auf der einen Seite und einer enormen Ressourcenbasierung auf der anderen Seite", sagt DIE-Direktor Messner. Indien sieht er ebenfalls auf einem positiven Weg. Im Falle Russlands ist er eher skeptisch, denn das Land baue keine wirtschaftliche Stärke auf, sondern sei ausschließlich auf Ressourcenausbeutung ausgerichtet. Zudem leide Moskau im Vergleich zu den anderen vier im Bund am meisten unter der Eurokrise, da das Geschäft mit Gas und Öl stark vom Appetit der EU abhängt.

Und was ist mit dem Schwergewicht aus Afrika? "Südafrika ist in einer schwierigen Situation, weil das regionale Umfeld insgesamt kompliziert und instabil ist. Insofern kann man Südafrika eigentlich kaum mit China und Indien vergleichen", meint der Experte aus Bonn.

Unterschiedliche Interessen

Eine bunt gemischte Truppe also, deren Mitglieder sich auch mal gegenseitig im Wege stehen. So ärgert sich China, dass es von den anderen BRICS-Partnern wegen Dumpings verklagt wird. Russland sorgt wegen Importbeschränkungen für Agrarprodukte bei den Brasilianern für Unmut. Die Russen wollen gar selber zum wichtigen Agrarexporteur werden und treten damit in direkte Konkurrenz zu Brasilien.

Eine Mitarbeiterin in einem chinesischen Solarunternehmen (Foto: Xu Ruiping/Imaginechina
Dumpingvorwürfe bekommt China nicht nur aus Europa zu hörenBild: picture-alliance/dpa

Dass sich die BRICS-Staaten mit einer engeren Zusammenarbeit schwertun, liege daran, dass sich die Ökonomien nicht unbedingt ergänzen und daher auch nicht wechselseitig stärken können, meint Messner: "Die wesentlichen Märkte für chinesische Güter sind in Asien angesiedelt. Und was die industrielle Orientierung Brasiliens angeht, ist die lateinamerikanische Region herausragend relevant."

Unterschiedliche politische Systeme

Mit anderen Worten: Für die großen Schwellenländer steht die regionale Kooperation im Vordergrund. Dass sie unterschiedliche politische Systeme haben, erschwert eine echte Blockbildung zusätzlich. Kein Wunder, dass die bisherigen Gipfeltreffen herrlich wenig eingebracht haben. Sie haben eigentlich nur gezeigt, "dass die Weltwirtschaft nicht mehr nur aus den westlichen Industriegesellschaften, den OECD-Ländern, besteht". Das sei wahrscheinlich die einzig wichtige politische Wirkung dieser Konferenzen gewesen, sagt Messner. Darüber hinaus könne er keine durchbrechende Allianzbildung sehen.

Das Gipfeltreffen in Indien im vergangenen Jahr (Foto: Reuters)
Das letzte Gipfeltreffen fand in Indien stattBild: Reuters

Für den IW-Experten Jürgen Matthes ist genau das die spannende Frage: "Wird das Interesse an einer gemeinsamen Machtballung groß genug sein, um die an manchen Stellen divergierenden Interessen zu übertünchen? Oder sind die divergierenden Interessen möglicherweise doch zu groß, so dass am Ende das alles nur eine Show-Veranstaltung sein wird?"