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Politik

Bringt die Corona-Krise die Einheitsregierung?

12. April 2020

Anfang März erhielt Israels Parlamentspräsident Gantz den Auftrag zur Regierungsbildung. Nun hat er Präsident Rivlin um 14 Tage mehr Zeit für Gespräche mit Regierungschef Netanjahu gebeten. Kommt ein Notstandskabinett?

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Bildkombo Benny Gantz und Benjamin Netanjahu  Israel
Benny Gantz (links) ist nun doch bereit, mit Benjamin Netanjahu (rechts) eine Koalition einzugehen

Ausgerechnet die Coronavirus-Pandemie könnte helfen, den wochenlangen erbitterten Machtkampf in Israel zu beenden. Wie es aussieht, rücken die beiden wichtigsten Parteien nach langwierigen Verhandlungen nun doch enger zusammen und peilen eine Notstandsregierung an. Ex-Armeechef Benny Gantz, Anführer des sozialliberalen Blau-Weiß-Bündnisses und Hauptrivale von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, lenkte in dem Streit ein und sagte, er sei angesichts der Krise zu einem Bündnis mit dem konservativen Likud bereit.

"Die politische, gesundheitliche und soziale Krise haben mich zu dem Entschluss gebracht, dass ich auch zu einem hohen politischen und persönlichen Preis alles dafür tun werde, um eine Regierung mit dem Likud zu bilden", schrieb Gantz in einem Brief an Staatspräsident Reuven Rivlin und bat darum, die Frist für die Koalitionsverhandlungen um 14 Tage zu verlängern. Gantz äußerte sich überzeugt, dass Blau-Weiß und Netanjahus Likud kurz vor der Einigung stehen und diese mit einem Zeitaufschub erreicht werden könne.

In einer Mitteilung von Blau-Weiß hieß es weiter: "Eine nationale Notstandsregierung ist die einzige Lösung, um das Coronavirus effektiv zu bekämpfen und gleichzeitig Israels Demokratie zu schützen. Netanjahu muss entscheiden: zum bereits geschlossenen Abkommen zurückkehren oder Israel eine vierte Wahl aufbürden." Israelischen Medienberichten zufolge soll Netanjahu in dem angestrebten Bündnis für 18 Monate den Posten des Ministerpräsidenten innehaben, danach soll Gantz ihn ablösen.

Israel Hohe Beteiligung bei Parlamentswahl trotz Coronavirus | Reuven Rivlin
Staatspräsident Reuven Rivlin muss nun entscheidenBild: Imago-Images/Xinhua/Shang Hao

Frist läuft bald aus

Rivlin hatte Gantz Mitte März beauftragt, eine neue Regierung zu bilden. Die Frist dafür läuft am Montag um Mitternacht aus. Gewährt der Staatspräsident Gantz keine Fristverlängerung, könnte Netanjahu ein weiteres Mal mit der Regierungsbildung beauftragt werden.

Gantz hatte lange Zeit eine Zusammenarbeit mit Netanjahu ausgeschlossen und dies damit begründet, dass gegen den Ministerpräsidenten Korruptionsverfahren laufen. Netanjahu weist die Vorwürfe zurück.

Nach Angaben der Partei Blau-Weiß von Gantz hatten sich beide Parteien bereits am Montagabend umfassend geeinigt. Doch dann habe es Streit um die Ernennung von Richtern gegeben, weshalb die Koalitionsgespräche abgebrochen worden waren. Medien berichteten zudem, die Annexion von Teilen des besetzten Westjordanlands sei ebenfalls ein Streitpunkt gewesen. Netanjahu will demnach umgehend diesen Teil des Nahost-Planes von US-Präsident Donald Trump umsetzen. Gantz hingegen soll gefordert haben, damit mehrere Monate zu warten und zunächst die Corona-Krise zu überstehen.

Israel Jerusalem Coronavirus
Wegen der Corona-Pandemie gelten in Israel strenge AusgangssperrenBild: picture-lliance/dpa/I. Yefimovich

Corona-Pandemie macht Druck

Israel wird seit Ende 2018 von einer Übergangsregierung unter Netanjahu verwaltet. Am 2. März hatten die Bürger zum dritten Mal innerhalb eines Jahres ein neues Parlament gewählt. Dabei gab es erneut keinen klaren Sieger. Die sich verschlimmernde Corona-Krise hat aber den Druck erhöht, endlich eine Lösung für die unklare politische Lage zu finden. Kürzlich warf etwa der Historiker und Bestsellerautor Yuval Noah Harari dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu vor, die "erste Coronavirus-Diktatur" aufbauen zu wollen. In Israel würden "Notdekrete von jemandem erlassen, der kein Mandat vom Volk hat".

Derzeit gibt es in Israel mehr als 10.000 Coronavirus-Infektionen und 101 Tote. Es wurden strenge Ausgangsbeschränkungen erlassen. Viele Firmen mussten schließen, die Arbeitslosenquote stieg auf etwa 25 Prozent.

kle/as (rtr, afp, dpa)